Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
Würdenträger beim Eintreten persönlich nach Waffen abtasten musste, würde er es weiß Gott tun.
Er sah zu Darion hinüber und sann darüber nach, wie leicht es ihm fiel, seinen einzigen Sohn als Ebenbürtigen zu betrachten und sich ihm anzuvertrauen. Er respektierte Dare als Mann. Staunte über seinen wachen Intellekt und die Kraft seiner Überzeugungen. Darion, das schreiende, hilflose Baby, aus dem irgendwie, scheinbar über Nacht, ein Mann geworden war – so kam es zumindest Lucan vor, dessen Leben fast tausend Jahre währte.
Lucan hatte gehofft, dass Dare eines Tages neben ihm einen Sitz im Rat der Globalen Nationen einnehmen würde, trotz des außergewöhnlichen Talentes, das der junge Mann in seiner Waffen- und Kampfausbildung gezeigt hatte. Diese Hoffnung starb in diesem Moment ein wenig, als er den intensiven Blick seines Sohnes sah. Der Blick eines Kriegers, obwohl sein Vater das niemals zugeben würde. Als Vater wollte er seinen Sohn in seiner Nähe haben. In Sicherheit.
»Ich kann helfen«, sagte Darion. »Du weißt, dass ich helfen will. Du weißt, dass ich so weit bin.«
Lucan ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen und griff nach dem Dokumentenstapel, der immer noch seine Unterschrift erwartete. »Wünsch dir keinen Krieg, Junge. Du bist zu jung, um dich an die Hölle des Krieges zu erinnern.«
»Ich war sechs, als die Kriege am schlimmsten waren. Ich habe genug darüber gehört. Ich habe ihn im Hauptquartier des Ordens und auf der Universität studiert. Fast mein ganzes Leben lang höre ich dich und die anderen Ältesten des Ordens über Schlachten und Kämpfe reden. Ich verstehe, was Krieg bedeutet und was es bedeutet, ein Krieger zu sein.«
Lucans Puls beschleunigte sich, mehr aus Besorgnis als aus Verärgerung. Vehement kritzelte er seinen Namen auf einen der GN -Beschlüsse und griff nach dem nächsten Dokument. »Über Krieg zu lesen und zu reden macht dich noch nicht zum Krieger. Es bereitet dich nicht darauf vor, die Dinge mit anzusehen oder mitzumachen, die Leute einander im Krieg antun. Als dein Vater hoffe ich, dass du so etwas nie miterleben wirst.«
Darions Wut stand greifbar im Raum, rollte Lucan wie eine Welle über den Schreibtisch entgegen. »Du siehst mich immer noch als Kind, das deinen Schutz braucht.«
Lucan legte seinen Stift hin. »Das stimmt nicht«, antwortete er, jetzt ernüchtert. Voller Bedauern, dass seine Gespräche mit Darion offenbar immer auf dieselbe Weise endeten. Immer in dieser Sackgasse.
Sein Sohn hatte die Zähne zusammengebissen, eine Sehne zuckte in seiner Wange. Er schnaubte verächtlich und hielt Lucans Blick unverwandt stand. »Ich habe bei Tegan trainiert, seit ich zwölf war, weil er – laut deinen eigenen Worten – einer der besten Krieger ist, die du je kennengelernt hast. Warum mich zu den besten Lehrern schicken, wenn du nie vorhattest, mir einen Platz im Orden zu geben?«
Lucan konnte ihm nicht sagen, dass er ihn zu Tegan geschickt hatte, weil durch Tegans hartes, gnadenloses Training die Chance am größten war, Dare zu brechen. Aber Darion war nicht gebrochen. Ganz im Gegenteil. Er hatte Höchstleistungen erzielt und alle Erwartungen weit übertroffen.
»Du hast hier deinen Platz.«
Dare knurrte. »Taktische Strategieanweisungen für Operationen im Feld ausarbeiten, an denen ich nie selbst teilnehmen kann.« Jetzt lehnte er sich lässig zurück, die langen Beine ausgestreckt und einen muskulösen, von Dermaglyphen bedeckten Arm über die Stuhllehne gelegt. Seine Frustration war überdeutlich in den pulsierenden Farben zu sehen, die in die Schnörkel und Bögen seiner Hautmuster gesickert waren. »Wenigstens ein einziges Mal will ich meine Ausbildung auf einer echten Mission erproben, statt sie am Computer zu simulieren oder an die Wände der Kriegszentrale zu kritzeln. Ich könnte mehr tun, wenn du mir nur die Chance geben würdest.«
»Deine Rolle im Orden ist nicht weniger wichtig als jede andere.« Lucan nahm wieder seinen Stift und begann, ruhig die restlichen Dokumente zu unterschreiben, die seinen Schreibtisch übersäten. »Du bist doch nicht um diese Zeit hergekommen, um wieder mit unserem alten Streit anzufangen? Und wenn doch, wird es warten müssen.«
»Nein. Deshalb bin ich nicht hier.« Darion nahm sein Kommunikationsgerät heraus und berührte den Touchscreen. »Ich wollte dich etwas fragen, zu etwas, was ich heute im Archiv des Hauptquartiers gefunden habe.«
Lucan sah auf. Das Archiv war eine Kammer im
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