Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
Kragen am Hals aufgeknöpft. »Schon wieder Demonstranten«, bemerkte er und hob sein eckiges Kinn in Richtung Fenster, wo das Geschrei immer lauter wurde. »Werden immer mehr, je näher der Gipfel rückt.«
Lucan knurrte und nickte knapp. »Bei all ihrem Geschrei sind sie leider nur der Hintergrundlärm für größere Probleme.«
»Die heutigen Treffen sind nicht gut gelaufen?«
»Nicht besser oder schlechter als die anderen in den letzten paar Wochen.« Lucan zeigte auf den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch, dann ging er um den Tisch herum und setzte sich auf seinen eigenen Stuhl. Darion nahm Platz. »Dieser Gipfel wird allmählich zur reinsten Farce. Wie können wir erwarten, die Kluft zwischen den Spezies zu überbrücken, wenn sogar die GN -Mitglieder sich nicht mal über die grundlegendsten Prinzipien einigen können?«
»So schlimm?«, fragte Darion, und seine tiefe Stimme klang so grimmig, wie Lucans Gedanken waren.
»Und wie«, antwortete Lucan. »Die Politiker missbrauchen den Gipfel als persönliche Wahlkampfveranstaltung. Konzerne sehen eine Goldgrube und machen die ganze Veranstaltung zu einem Medien- und Sponsoring-Zirkus. Und nicht zu vergessen die superreichen Clowns wie Reginald Crowe, die jede Bühne und jeden Pavillon mit riesigen Spenden vergolden, nur damit ihr Name auf der ganzen Welt zu sehen ist.« Lucan murmelte einen deftigen Fluch. »Dieser Gipfel hätte überhaupt nicht kommerziell genutzt werden dürfen. Stattdessen verkommt er zu einem verdammten Witz. Zu viel Bestechung und geheime Deals auf beiden Seiten. Zu viele Leute – Menschen und Vampire –, die durch den Gipfel abkassieren oder ihn als Plattform benutzen wollen, auf der sie ihre persönlichen Imperien aufbauen können.«
»Dann sag ihn ab«, antwortete Dare, die dunklen Brauen über seinen ernsten Augen gerunzelt. Er beugte sich vor und stützte die starken Unterarme auf seine gespreizten Oberschenkel. »Zieh den Stöpsel, und sag das ganze verdammte Ding ab. Dann plane den Gipfel noch mal neu, so, dass du alles unter Kontrolle hast. Sollen die anderen GN -Mitglieder sich nach dir richten oder wenigstens deine Arbeit nicht behindern.«
Lucan lächelte amüsiert, hörte eine jüngere Version seiner selbst in Dares entschlossenem, kompromisslosem Vorschlag. »Verlockende Idee, Dare. Da will ich ehrlich zu dir sein. Aber es ist erst knapp zwanzig Jahre her, seit ich dort das letzte Mal auf den Tisch gehauen habe, als es um die Beziehungen der Menschen und des Stammes ging. Es jetzt wieder zu tun, mitten auf der international beachteten Feier unseres sogenannten Friedens und unserer optimistischen Pläne für die Zukunft?« Er schüttelte den Kopf, erwog den Gedanken nicht zum ersten Mal. Er war ein Krieger und war es für den Großteil seines langen Lebens gewesen. Er war daran gewöhnt, eine Waffe in der Hand zu spüren und zu sehen, wie das Blut seiner gefallenen Feinde zu seinen Füßen Pfützen bildete. Er war ein harter Mann, nicht wirklich geeignet für die hohe Diplomatie, die seine neue Rolle ihm abverlangte, und ihm fehlte außerdem jede Toleranz für gewissenlose Narren oder windige Opportunisten. »Den Gipfel abzubrechen, würde all die guten Fortschritte zerstören, die wir bis jetzt gemacht haben – die paar, die es sind. Und noch schlimmer, es gibt genug Leute auf beiden Seiten, die das als Verrat betrachten würden. Sogar als Kriegserklärung durch den Anführer des Ordens.«
Lucan fühlte sich plötzlich eingeengt, er stand auf und begann, hinter seinem Schreibtisch auf und ab zu gehen. »Ich sag dir was, Darion. Allmählich fürchte ich, dass unser Frieden mit den Menschen auf einem Pulverfass gebaut ist. Ein einziger Funke kann genügen, um alle Hoffnung auf ein gemeinsames Leben für immer zu zerschlagen.«
Darion hörte ruhig und nachdenklich zu, während Lucan vor ihm eine Spur in den Teppich lief. Als er zu sprechen begann, klang seine tiefe Stimme ernst. »Wenn jemand diesen Funken liefern will, ob Rebellen oder andere Querulanten, welcher Ort wäre besser geeignet, um einen Krieg zu provozieren als ein globaler Friedensgipfel? Wir müssen vorbereitet sein und selbst auf die kleinste Bedrohung sofort reagieren.«
Lucan antwortete mit einem gezischten Fluch durch die hervortretenden Fänge. Er hatte natürlich dasselbe gedacht. Gideon und er hatten alle Vorkehrungen getroffen, um dafür zu sorgen, dass der Gipfel auf jeder nur erdenklichen Ebene gesichert war. Und wenn er jeden einzelnen
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