Vertraute Gefahr
sie an Robert gedacht hatte, fühlte sie sich unbehaglich. Wie schon zuvor an der Straße hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden, aber wahrscheinlich waren das nur ihre Nerven. Sie zuckte mit den Schultern, schob sich den Hut tiefer in die Stirn und stapfte entschlossen weiter.
Ungläubig starrte Autumn am nächsten Morgen auf ihren Dienstplan. Sie hatte tatsächlich am 4. Juli frei. Misstrauisch blickte sie über den Tisch zu Shane, der sie seinerseits beobachtete und ihr vergnügt zublinzelte. Sie zog eine Augenbraue hoch, während ein kleines Lächeln an ihrem Mundwinkel zupfte. Bekam er eigentlich immer, was er wollte? An seiner Entschlossenheit, diesen Tag mit ihr verbringen zu wollen, bestand jedenfalls kein Zweifel.
Sie wandte sich an den neben ihr sitzenden Reed. »Wie hat er dich dazu gebracht, mit mir die Schichten zu tauschen?«
Zu ihrer Überraschung erschien ein roter Schimmer auf den Wangen ihres großen Kollegen. »Nun, äh, mir macht es nichts aus, am 4. Juli zu arbeiten.« Sein Blick schweifte kurz zu Sarah hinüber.
Nach einem erneuten Blick auf den Dienstplan sah sie seinen Grund für den Tausch: Sarah hatte am Feiertag ebenfalls Dienst. Autumn lächelte in sich hinein, beschloss jedoch, das nicht zu kommentieren. Ihr waren die vielen Anspielungen der anderen auf ihr Verhältnis zu Shane unangenehm, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass es Reed und Sarah anders ging.
Nach der Besprechung wartete sie, bis Shane zu ihr aufgeschlossen hatte. »Wie hast du das hinbekommen? Du scheinst über unglaubliche Fähigkeiten zu verfügen.«
Shane lächelte verschmitzt. »Gut, dass du das erkannt hast. Aber eigentlich war es nicht so schwer, Reed zu überzeugen, dass Sarah ohne ihn doch ziemlich einsam wäre.« Plötzlich schaute er sie besorgt an. »Unsere Abmachung steht doch noch, oder?«
»Hättest du mich das nicht früher fragen sollen?« Als sich ein enttäuschter Ausdruck auf seinem Gesicht ausbreitete, lenkte sie ein. »Natürlich gilt unsere Abmachung noch. Das heißt, sofern du wirklich möchtest, dass ich mit zu deiner Familie komme.«
Er lächelte erleichtert. »Mehr als alles andere.« Seine Stimme klang, als meinte er es ernst.
Unter seinem intensiven Blick wurde Autumn warm. Seine Finger strichen über ihre Wange, sein Blick tauchte in ihren. Nach einiger Zeit löste er sich widerstrebend von ihr. Inzwischen war der Raum leer.
Verwirrt blickte Autumn um sich. »Wo sind denn alle geblieben?«
Shane lachte. »Wahrscheinlich gehen sie inzwischen brav ihrer Arbeit nach. Wir sollten wohl auch langsam unsere Plätze einnehmen. Wo bist du heute eingeteilt?«
»Mal wieder im Visitor Center. Heute habe ich mir vorgenommen, die Internetseite des Parks zu aktualisieren. Teilweise stehen da noch die Informationen von letztem Jahr. Wo bist du heute?«
»Erst mache ich Kontrollfahrten und nachmittags bin ich dann wieder im Fiery Furnace zur Führung. Ohne dich wird es mir allerdings nur halb so viel Spaß machen.«
Autumn lächelte. »Versuch nicht, dich einzuschmeicheln. Du hast doch sowieso schon gewonnen.«
»So? Gut zu wissen.«
Während sie langsam hinausgingen, verschränkte Shane seine Finger mit ihren. Autumn blickte auf ihre Hände hinab und lächelte. Es fühlte sich gut an, ihn neben sich zu haben.
Beim Auto angekommen ließ Shane widerwillig ihre Hand los. Er öffnete die Tür und lehnte sich auf den Rahmen. »Sehen wir uns heute Mittag? Wir könnten unseren Ausflug besprechen.«
Autumn überlegte kurz und nickte dann. »Ich bin um eins in der Kantine. Bis später.« Sie lächelte ihm noch einmal zu und machte sich dann zu Fuß auf den Weg zum Visitor Center.
Sie liebte die Stille und die kühlere Luft am Morgen. Der Park war noch nicht für die Besucher geöffnet und so hatte sie ihn ganz für sich alleine. Bei jedem Schritt wirbelte eine puderige Staubwolke vom Boden auf. Die Grillen zirpten am Straßenrand. Sie blickte hinauf in den strahlend blauen Himmel, an dem keine einzige Wolke zu erkennen war. Es würde wieder ein heißer Tag werden, soviel war klar. Die Hitzewelle war im Moment kaum auszuhalten, besonders nicht für jemanden, der bis vor Kurzem im etwas kühleren Osten gelebt hatte. Aber das Visitor Center hatte eine Klimaanlage, daher würde sie es gut aushalten können.
Autumn atmete tief durch und setzte gemächlich einen Fuß vor den anderen. Wenn es im Leben doch immer so ruhig zugehen würde. So friedlich und ohne Gewalt. Wenn sie jemanden wie Shane
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