Verwandte Seelen
die Arme und grinste schelmisch. „Für eine schnelle Jagd habe ich keine Waffen - und für eine Jagd ohne Waffen habe ich keine Zeit.“
Ich lachte. „Na gut, dann sei dir verziehen.“
Er setzte sich und deutete auf den Platz neben sich. Ich küsste ihn auf die Stirn. Dann hockte ich mich neben ihn und lehnte mich bei ihm an.
„Na dann, guten Appetit.“ Jake steckte mir eine Beere in den Mund. Wir reichten uns gegenseitig das Essen, bis nichts mehr übrig war.
„Du hast deine Haare heute zusammengebunden.“ Er begann an meinem provisorischen Haarknoten herumzuspielen.
Mir blieb das Herz stehen. Blitzartig sprang ich auf. „Müssen wir nicht langsam weiter?“
Jake sah mich verwundert und mit zusammengekniffenen Augen an.
„Klar. Wir müssen langsam weiter.“ Er blieb jedoch abwartend sitzen.
„Gut.“ Ich klatschte auffordernd in die Hände. „Worauf warten wir dann noch?“
Jake streckte seine Beine aus und verschränkte die Arme vor der Brust, so als könnte ihn gerade nichts aus der Ruhe bringen. „Keine Ahnung? Vielleicht darauf, dass du mir sagst, was los ist!“
Wie konnte ich auch nur für einen Moment glauben, ich könnte ihm etwas vormachen. Nach einer Ausrede suchend, sah ich nervös auf meine Hände hinunter. Ich fuhr mit dem Daumen über den Leberfleck auf meinem Handrücken, wie ich es als Kind schon immer getan hatte, als ich versuchte, ihn mir wegzuwischen . . . Doch er war nicht mehr da. Zweifelnd hob ich meine Hand vors Gesicht und starrte auf die Stelle, wo mein Leberfleck sein musste. Er war weg.
„Das gibt’s doch nicht.“ Wieder und wieder rieb ich mir mit dem Daumen über die Stelle, so als könnte ich ihn dadurch wieder herbeizaubern.
„Hättest du die Güte und würdest mir endlich sagen, was los ist!“ Jake hatte die Ellenbogen auf seine Beine gestützt und sah mich ungeduldig an.
„Ich . . . weiß nicht . . . keine Ahnung!“, zuckte ich mit den Schultern. „Er ist einfach weg.“
Seufzend kam Jake auf mich zu. „Wovon redest du?“
„Mein kleiner Leberfleck . . .“ Noch bevor ich ausreden konnte, fiel mir etwas ein. Ich ging in die Hocke und begann mein Hosenbein hochzukrempeln. An dem rechten Schienbein hatte ich ein Muttermal, viel größer als der kleine Fleck auf meiner Hand.
Eine Vorahnung ließ mich innehalten. Mit geschlossenen Augen versuchte ich mich zu beruhigen. Langsam krempelte ich mir die Hose weiter bis zum Knie hoch. Ich schlunzte durch meine Wimpern . . . und sah . . . nichts!
Jake hatte mich die ganze Zeit amüsiert beobachtet. Er konnte nicht ahnen, was gerade in mir vorging, welchen inneren Kampf ich gerade durchleben musste. Doch dies änderte sich, als ich völlig verunsichert vor seinen Augen zusammenbrach.
Augenblicklich war er bei mir und hielt mich fest.
Ich kniete auf dem Boden und hatte meine Arme um mich geschlungen, versuchte mich irgendwie zusammenzuhalten. So sehr ich mich auch bemühte, ich konnte das Zittern meiner Glieder einfach nicht unter Kontrolle bringen.
„Sam, du machst mir Angst!“
Wie in Trance schaute ich auf mein makelloses Bein und strich mir vorsichtig mit dem Zeigefinger darüber. Keine Anomalie war auf der glatten, feinporigen Haut zu sehen oder zu fühlen. Nicht einmal ein einziges Haar konnte ich auf meinem Schienbein oder Arm ausmachen.
Der Nähe Jakes durchaus bewusst, löste ich meinen Haarknoten. Ich stand unter seinem besorgten Blick auf. Wieder ließen sich Haarbüschel auskämmen . . . doch jetzt bemerkte ich . . . umso mehr ich sie durchkämmte, desto dichterer wurden sie. Meine alten Haare machten den neuen Platz. Gestern reichten sie mir gerade bis zu den Schulterblättern. Nun fielen sie mir in seidigen Wellen fast bis zur Taille.
Fragend sah ich Jake an und ließ mich wieder neben ihn sinken.
Er wirkte geschockt. Ganz langsam fuhr er mir mit seiner rechten Hand über den Arm. Interessiert betrachtete er meine Haut. Mit seiner linken Hand strich er durch meine kräftigen Haare und wickelte sich eine Strähne um die Finger.
Wir sahen uns überrascht an.
„Ich bin gespannt, was mein Vater und Grimmt dazu sagen werden!“, murmelte Jake fasziniert.
„Und Dexter!“, vervollständigte ich ihn.
„Und deine Freunde, deine Familie und alle anderen, die dich bisher kannten . . .“ Jake grinste mich an.
Er hatte wohl meinen panischen Gesichtsausdruck angesichts dieser bevorstehenden Zusammentreffen richtig gedeutet.
Wie sollte ich den anderen mein Aussehen erklären, wenn ich es
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