Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
rotschimmerndes Band
verschwindet in Wäldchen, tritt aus Wäldchen heraus:
Jede Biegung des Wegs ein Mysterium
des Eigenlebens von Farben und Licht.
Man konnte auf ihnen gehen und reiten, aber es war fast unmöglich, sie mit Wagen zu befahren. Für gewöhnliche Sterbliche war dies kein so großes Problem, denn die allermeisten gingen zu Fuß, wenn sie irgendwohin wollten. Wollte man etwas transportieren, nahm man es ganz einfach auf den Rücken, in einem Sack oder einem Tragegestell. Wer so glücklich war, ein Pferd zu besitzen, konnte entweder das Pferd bepacken oder seine Fracht auf einer Schleppbahre transportieren, also auf zwei Stangen, die hinter dem Tier auf dem Boden schleiften. Und für viele dieser Fußgänger, die die holperigen Wege bevölkerten, war eine Karrette oder eine Karosse eine Rarität, die man begaffte, während sie wie ein parfümiertes Märchen aus Farben, Luxus und Silberzierrat vorüberzog. (Hatten die Bauern eigene Wagen, waren sie in der Regel klein und grau, von Ochsen, wenn nicht gar von Kühen gezogen und aus irgendeinem Grund meistens von Frauen gefahren.) Dass feine Leute in vielen Ländern es lange Zeit vorzogen, in Sänften zu reisen, lag sicher daran, dass dies bequemer war, als im Wagen zu fahren, zumal die Sänften darüber hinaus an Stellen gebracht werden konnten, die mit einer goldverzierten Karosse nicht erreichbar waren. (Eine Federung in unserem Sinn hatten die Wagen nicht; bei den besten Karretten war die eigentliche Passagierkabine an Lederriemen zwischen den vorderen und hinteren Radpaaren aufgehängt. Das war alles.)
Auch die Landstraßen in Europa, die mit Wagen befahren werden konnten, waren einfach. Sie hatten im Allgemeinen weder einen Schotterbelag noch richtige Begrenzungen und bestanden lediglich aus zwei Radspuren, die durch ein Gelände führten, wo die Bäume und die größten Steine aus dem Weg geräumt waren. Einzelne Wege konnten zwar gerade, breit und eben sein, aber die meisten waren kurvig, schmal und ungeebnet. Besonders in der Nähe großer Städte konnten viel benutzte Wege tief ausgehöhlt sein und sich in grabenähnliche Rinnen verwandeln. Manche waren steinig oder sandig, andere matschig oder so schlammig, dass Reisende zuweilen bis zu den Knien im Schlamm waten mussten. An anderen Stellen versperrten Herden munterer Schweine oder anderes Vieh den Weg, und wenn man endlich in die Städte kam, war das Straßenpflaster nicht selten in so schlechtem Zustand, dass es mehr für Verdruss sorgte, als es von Nutzen war.
Sümpfe und Gewässer konnten fast unüberwindliche Hindernisse für einen Reisenden sein. Auf dem Kontinent gab es hier und da Brücken aus Stein oder Holz, die manchmal eine erhebliche Länge und imponierende Tragfähigkeit hatten. (Diese großen Brücken galten mit Recht als strategische Schlüsselpositionen und wurden gern mit Befestigungen umgeben.) In Schweden waren richtige Brücken allerdings eine Seltenheit. Oft musste sich der Reisende auf schwankenden Stegen vorantasten oder ganz einfach waten. Wo man nicht waten konnte, gab es Fähren, doch sie standen in dem Ruf, unzuverlässige Wasserfahrzeuge zu sein, und manchmal brauchten sie Stunden, um jemanden über einen Fluss zu befördern.
Der Zustand der Wege wurde jedoch in dieser Epoche im Gefolge der Entstehung des modernen Staats verbessert. Nur dieser verfügte über die Mittel und die Autorität, die nötig waren, um ein einheitliches Wegenetz aufzubauen und instand zu halten. Schon während des 16 . Jahrhunderts konnte man in vielen Ländern Europas ein gesteigertes Interesse an Fragen der Wegehaltung feststellen. Deutsche Fürsten übertrugen den Städten oder einzelnen Gemeinden die Verantwortung für die Instandhaltung der nächsten Wege, und manchmal wurden Leute aufgeboten, die alte Verkehrswege wieder herrichten oder neue bauen mussten. Vieles davon wurde durch Wegezölle bezahlt. Die Wegezölle betrafen in erster Linie den Handelsverkehr, und Pilger, Geistliche und in gewissen Grenzen Postboten konnten frei passieren. Das System hatte jedoch mehrere Nachteile. Häufig meinte jede Person und jede Korporation, die am Bau eines Wegs beteiligt gewesen war, sie habe ein Recht auf die Erhebung eines eigenen Zolls, sodass die Verkehrswege mit Schlagbäumen und Gattern nachgerade gespickt waren. Abgesehen davon, dass dies das Reisen unnötig teuer und umständlich machte, führte es auch dazu, dass in manchen Gegenden Europas ein sogenannter Wegzwang eingeführt wurde.
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