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Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Titel: Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Märschen, und viele Lafetten gingen zu Bruch. Doch Eile war geboten, denn falls die Kaiserlichen vor ihnen die Donau erreichten, würden Schweden und Franzosen große Probleme haben, über den breiten Fluss zu gelangen. Ein kleiner Trost für die erschöpften Soldaten war es immerhin, dass die Verpflegung besser wurde, je weiter sie nach Süden kamen. Früher hatten sie am Rande des Hungers leben müssen, jetzt öffnete sich ihnen wieder einmal ein Schlaraffenland, wo die Nahrung sich aus geplünderten Vorratshäusern und hastig geöffneten Festungstoren ergoss. Denn um keine Zeit zu verlieren, folgte Wrangel Torstenssons altem Beispiel und ließ alle größeren und wehrhafteren Festungen links liegen, während viele kleinere Städte sozusagen
en passant
eingenommen wurden oder sich aus freien Stücken ergaben, wenn Wrangels und Turennes staubbedeckte Kolonnen sich unter ihren Wällen offenbarten. Viele befestigte Orte konnten auch deswegen kaum Widerstand leisten, weil der kaiserliche Oberbefehlshaber ihnen mehr oder weniger die Besatzungen entzogen hatte, um seine geschwächte Feldarmee aufzufüllen.
    Schwedische Reiterpatrouillen schwärmten zum Horizont aus, um auszukundschaften, was der Gegner vorhatte. Bald war klar, dass die Kaiserlichen sich mit beträchtlicher Schnelligkeit in Richtung Donau bewegten. Ihre erschöpften Soldaten marschierten Tag und Nacht, und um schneller voranzukommen, hatten sie einen Teil ihres Gepäcks zurückgelassen. Dragoner und Musketiere auf Trosspferden hasteten voraus. Aber die schwedischen und französischen Truppen waren doch als Erste am Ziel. In der Nacht auf den 3 . September stampften müde schwedische Bataillone und Schwadronen über die rußgeschwärzte und in aller Hast reparierte Brücke über die Donau bei Donauwörth. Am Tag danach überquerten auch die Franzosen den Fluss. Die Donau, gewissermaßen Bayerns nördlicher Schutzwall, lag hinter ihnen. Nun war nur noch ihr Nebenfluss Lech, Bayerns Wallgraben im Westen, zu erreichen. Schweden und Franzosen benötigten hier am Rand Bayerns einen Stützpunkt, und Augsburg am Lech bot sich als erste Wahl an. Die Stadt war groß und reich, und ein bedeutender Teil ihrer Bürger war protestantisch; als Gustav Adolfs Heer 1632 Bayern besetzt hatte, waren den Schweden ohne einen Schuss die Tore der Stadt geöffnet worden. Wrangels geringe Erfahrung machte sich jedoch wieder einmal bemerkbar, und er war jetzt recht nervös. Er wagte nicht, direkt auf Augsburg zuzugehen, das gewissermaßen der Schlüssel zur Lechlinie war, ohne zuerst Rain bezwungen zu haben, das er für eine ungeheure Bedrohung im Rücken der Schweden hielt. Rain fiel auch nach gewaltigem Schießen und Graben von Schweden und Franzosen – der Kommandant der Stadt gab auf, da er sich auf seine Leute nicht mehr verlassen konnte –, doch da war über eine Woche vertan. Berittene kaiserliche Truppen waren unterdessen in Augsburg eingetroffen – dummerweise hatte Wrangel es unterlassen, die Stadt einzuschließen, um zu verhindern, dass die schwache Besatzung Verstärkung erhielt –, und die Stadt wollte nicht noch einmal die Seiten wechseln. Auch dies war ein Zeichen, dass der religiöse Gegensatz in diesem Krieg keine Rolle mehr spielte; jetzt waren andere Loyalitäten maßgeblich für die geläuterten Protestanten der Stadt.
    Am 18 . September 1646 wurde die Belagerung Augsburgs von drei Seiten her begonnen. Sie war schwer durchzuführen, denn das Terrain war ungünstig und von Wasserläufen durchzogen, und die Besatzung und die Bürger der Stadt setzten sich mit unerwarteter Vehemenz zur Wehr. In knapp zwei Wochen gelang es den Belagerern dennoch, mehrere Teile der Stadtmauer in Schutt und Trümmer zu verwandeln, während sie gleichzeitig ihre Laufgräben so nahe an die Stadt herangeführt hatten, dass sie von der groben Artillerie auf den Wällen nicht mehr beschossen werden konnten. Ein Sturm gegen das Klinker Tor auf der Westseite der Stadt und noch zwei weitere Versuche strandeten sämtlich in dem heftigen Abwehrfeuer. Am 30 . September steckten schwedische und französische Truppen die kleine Stadt Friedberg und alle Dörfer am östlichen Ufer des Lech im Umkreis von 20 Kilometern um Augsburg herum in Brand. An jenem Tag hingen ungeheure Rauchwolken rundum am Horizont, und über allem rollte das dumpfe Dröhnen heftigen Artilleriefeuers. Die Kaiserlichen erschienen, um Augsburg zu entsetzen. Gegen Mittag am 2 . Oktober erreichte ihre Vorhut den Lech.
    Damit

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