Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
kaiserliche Reiterei auf, und die Schweden konnten mit einigen Verlusten aus dem chaotischen Durcheinander des Lagers vertrieben werden. Die Gefangenen wurden einige Zeit später vom Kaiser freigelassen, ohne dass man wie sonst üblich ein Lösegeld für sie verlangte – ein seltsamer Beweis für die Hochschätzung eines gefährlichen Feindes; Kühnheit und Mut waren denn auch Eigenschaften, die zu preisen man im 17 . Jahrhundert nie müde wurde, ganz gleich, wer sie bewies. Diese taktischen Pirouetten um die Stadt Eger erregten jedoch wenig Aufmerksamkeit. Dagegen zogen zwei absonderliche Ereignisse im westlichen Deutschland alle Blicke auf sich.
Die geschliffene und smarte französische Diplomatie war am Ende etwas zu geschliffen und eine Spur zu smart geworden, um den Franzosen selbst noch wirklich von Nutzen zu sein. Der Krieg mit Spanien zog sich in die Länge, ohne zu etwas zu führen, das auch nur entfernt einer Entscheidung glich, und die Franzosen hatten in aller Heimlichkeit einen kleinen Tausch vorgeschlagen: Wenn sie das rebellische Katalonien behalten durften, das französische Truppen zurzeit besetzt hielten, konnten die Spanier ihretwegen herzlich gern die Niederlande haben. Ein anderer Plan, den sie mit den Spaniern erörterten, war, die Infantin von Spanien – Philipps IV . Tochter Maria-Theresia, die Thronerbin, nachdem sein ältester Sohn gestorben war – mit dem neunjährigen Louis XIV . zu verheiraten, der seit vier Jahren Herrscher über Frankreich genannt wurde; käme diese Ehe zustande, würde sie die beiden mächtigsten Reiche Europas in einem Bett vereinigen. Die spanischen Diplomaten waren in diesem Fall mindestens ebenso geschliffen und smart wie ihre französischen Kollegen. Sie ließen die Pläne sogleich bei den Holländern durchsickern, die sich daraufhin in fieberhafte diplomatische Aktivitäten stürzten, die damit endeten, dass sie mit ihren Feinden einen unerwarteten Waffenstillstand vereinbarten und die Franzosen in ihrem Krieg mit den Spaniern an der Front in Flandern allein ließen. Dies war einer der Gründe, warum Mazarin schnell einen Separatfrieden mit Bayern zu erreichen suchte. Er brauchte Turennes Armee, um Frankreichs nördliche Grenze zu verteidigen.
Turennes Heer kam jedoch nicht weiter als bis Straßburg, als eine Meuterei unter den Truppen ausbrach. Es waren die notorisch unzuverlässigen Bernhardiner, die wieder einmal Ärger machten. Sie waren sozusagen von Natur aus unzufrieden mit fast allem, aber diesmal war es besonders schlimm. Der Sold war nicht rechtzeitig ausbezahlt worden, sie wollten nicht von Franzosen befehligt werden, und sie waren besonders empört darüber, dass sie nun entgegen früher geschlossenen Verträgen nach Flandern geschickt werden und dort kämpfen sollten. Die Unruhe breitete sich rasch unter ihnen aus, und als Turenne ihren Befehlshaber arrestieren ließ, verschwand die gesamte Truppe von 4000 Mann in Booten über den Rhein und zog fröhlich plündernd und führerlos nach Osten, mit der Absicht, sich der schwedischen Armee anzuschließen. Nur 1660 Mann erreichten Wrangels Heer; der Rest war unterwegs verschwunden oder von den Franzosen geschnappt worden.
Zur gleichen Zeit kam es zu einer weiteren Meuterei, diesmal in Bayern. Dieses Ereignis erschütterte alle hochpolitischen und militärischen Kreise in Deutschland. Nicht alle in Bayern waren froh über den mit Schweden und Frankreich geschlossenen Waffenstillstand. Einer von diesen war der tüchtige Kavallerist Johann de Werth, der Chef der bayerischen Armee. Das Verhältnis zwischen de Werth und Kurfürst Maximilian war schon seit langem schlecht. Der aristokratische Maximilian hatte Schwierigkeiten, seine Verachtung für den Bauernsohn de Werth zu verbergen, der im Krieg groß Karriere gemacht hatte, aber ein Trunkenbold und Grobian war und kaum lesen und schreiben konnte. Der launische de Werth war wie Wrangel ein Karrierist, der alles dabei zu gewinnen hatte, dass der Krieg weiterging, und deshalb hatte Kaiser Ferdinand leichtes Spiel damit, ihn zu kaufen. Anfang Juli 1647 , nachdem de Werth heilige Eide geschworen hatte, nicht zum Kaiser überzulaufen und mit der ganzen bayerischen Armee in seinen Dienst zu treten, ritt er los und tat genau dies. Er sandte Befehle an die Regimenter des Heeres, sich sogleich über die Grenze nach Böhmen zu verfügen und sich dort den Truppen des Kaisers anzuschließen. Aber es lief nicht richtig so, wie de Werth es sich gedacht hatte. Die
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