Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
überfallene Pommern, um diesen daran zu hindern, Verstärkungen zu erhalten. Als man Anfang November die Nachricht erhielt, dass das fragliche kaiserliche Korps sich aus dem Staub gemacht hatte, wurden Andeutungen ausgestreut, das ganze schwedische Heer sei eigentlich auf dem Weg nach Bayern – das Gerücht löste dort nahezu Panik aus, und in aller Eile aufgebotene bayerische Bauern wurden eingesetzt, um alle großen Straßen und Pässe mit Barrikaden zu sperren. Einige Zeit danach, als die langen Kolonnen von Menschen, Wagen und Tieren stattdessen schnell nach Nordwesten abbogen, wurde verlautbart, man beabsichtige, nördlich der Elbe Winterquartiere zu beziehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der verwirrte Gallas es aufgegeben, das schwedische Heer auf seinem unbegreiflichen, aber willkommenen Zug nach Norden zu beschatten, und seine mitgenommenen Truppen bezogen erfreut ihre Winterquartiere.
Währenddessen spielte die Verzögerung in der Kommunikation den Schweden einen Streich nach dem anderen. Mitte Juli hatte der Rat in Stockholm gehört, dass Torstenssons Heer in Mähren erfolgreich war, weshalb sie ihm eine neue, etwas geänderte Order sandten, in der ihm befohlen wurde, in den kaiserlichen Erblanden zu bleiben und erst zum Winter hin nach Norden zu marschieren. Als dieser neue Befehl die Hauptarmee erreichte, hatte sie sich aus diesen Gebieten bereits zurückgezogen und war in vollem Marsch Richtung Dänemark! Die Nervenanspannung in Stockholm wuchs, denn noch Anfang November hatte man nichts von Torstensson gehört. Man wusste nur, dass seine Armee sich aus Schlesien zurückgezogen hatte, aber man hatte keine Ahnung, warum. Befolgte er nur einen Befehl – also den ersten –, oder war er vielleicht geschlagen worden? Die Ungewissheit darüber, wo Torstenssons Armee war und was sie zu tun beabsichtigte, hatte zur Folge, dass Axel Oxenstierna und die anderen im Rat aus Furcht, ihre Pläne zu verraten, zuerst nicht wagten, die Vorbereitungen in Gang zu setzen, die nötig waren, um den zweiten Teil des Plans umzusetzen (also den Einfall von Småland nach Schonen). Der Rat in Stockholm war ratlos. Aufgrund des schlechten Kontakts mit Torstensson wusste man nicht, ob der Krieg im bevorstehenden Winter ausbrechen oder ob er sich bis zum Sommer verzögern würde. Schließlich konnten sie nicht länger warten und leiteten die verspäteten Vorbereitungen in die Wege: Truppen wurden in die südlichen Grenzregionen entsandt, Geldsteuern von den Bauern eingezogen, Beamte der Krone begannen, große Vorräte von Getreide und Heu einzukaufen, und der Reichsforstmeister erhielt den Befehl, gute Schützen für die Verteidigung des Reiches zu sammeln. Aber wo befand sich Torstenssons Armee? War immer noch Zeit für einen koordinierten Angriff?
Am 6 . Dezember erreichte die schwedische Hauptarmee Havelberg, einen Ort in Brandenburg, rund 150 Kilometer von der Küste entfernt. Nun musste Torstensson seinen verwirrten Offizieren reinen Wein einschenken. Bei einem Treffen der höheren Offiziere erklärte er, er beabsichtige, nach Holstein zu marschieren. Das Land war seit der Besetzung durch Wallensteins Heer 1629 vom Krieg nicht berührt worden, sodass sie sich alle auf gute Quartiere und fette Beute freuen konnten. Die Mannschaften waren nach den langen Gewaltmärschen ausgelaugt, die Infanterie war schlecht gekleidet und ohne gute Schuhe, viele Reiter besaßen kein eigenes Pferd, und die Zugtiere der Artillerie waren verbraucht und am Ende ihrer Kräfte. Die Erwartung großer Gewinne lockte jedoch mehr, als der Gedanke an weitere Märsche erschreckte. Auf Aufforderung Torstenssons sortierten die Offiziere unnötiges Gepäck aus, und nachdem eine Anzahl von Wagen verbrannt und der Artillerie 500 neue Pferde übergeben waren, machte sich die Armee in Eilmärschen, mit der Kavallerie an der Spitze, auf den Weg. Um das Tempo noch weiter zu beschleunigen und die Versorgung zu erleichtern, teilte Torstensson seine 16 000 Mann in verschiedene Kolonnen auf, die auf parallel verlaufenden Wegen nach Norden marschierten – eine Ordnung, die später für europäische Militärs zur Selbstverständlichkeit wurde, aber damals noch eine neumodische Seltenheit war.
In Dänemark ahnte man nichts von der heraufziehenden Gefahr. Die schwedische Geheimhaltung des Plans war geglückt, und selbst wenn der dänische Minister in Stockholm, der scharfäugige Peter Vibe, den Geruch einer Lunte wahrzunehmen meinte, die irgendwo im Dunkeln brannte,
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