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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Postordnung des Jahres 1636 . Bestimmte Personen, die an den Hauptstraßen wohnten, übernahmen es gegen Steuerbefreiung, Briefe, die bei ihnen eintrafen, weiterzubefördern. Diese vereidigten «Postbauern» auf dem Land, die 20 bis 30 Kilometer auseinander wohnten, wurden dann mit besonderen Postverwaltern in den Städten verknüpft, die dies meistens als Nebentätigkeit ausübten und das Porto, das an sie bezahlt wurde, als Lohn behalten durften. (Zunächst war das Porto für private Briefe gleich, ungeachtet der Strecke, aber bald wurden gestaffelte Entgelte eingeführt. Ein Brief von Stockholm nach Uppsala kostete in diesen Jahren 1 Öre, nach Torneå im Norden oder nach Hamburg 10 Öre, nach Riga 18 Öre und so weiter.) Alles stand unter der Aufsicht einer zentralen Leitung in Stockholm, oft einer Privatperson, die das Ganze auf der Basis einer Pachtzahlung an den Staat betrieb. Es zeigte sich, dass das System gut funktionierte, und das dünne Netz der Postlinien breitete sich Schritt für Schritt über das Reich und um die Ostsee herum aus. (Gerade angesichts des drohenden Kriegsausbruchs mit Dänemark, als die Regierenden wussten, dass der südliche Weg zum Kontinent demnächst gesperrt würde, sorgte man dafür, dass die Strecke zwischen Piteå und Åbo überbrückt wurde, sodass die Postlinien nun das ganze Reich umspannten.) Aber auch wenn die Bauern sich verpflichteten, die Sendungen mit einer Geschwindigkeit von mindestens fünf Kilometern in der Stunde zu befördern, ging es fast nie nach Plan, und es war häufig schwer vorauszusagen, wie lange ein Brief von einem Ort an einen anderen unterwegs war. Es war nie nur eine Frage der Entfernung. Das Wetter, der Zustand der Wege, die Anzahl der Brücken, Furten und Fährstellen spielten eine Rolle. Oft brauchte eine Postfracht über Land von Stockholm nach Helsingør nur fünf Tage, während man mit bis zu sieben Tagen für eine Sendung zwischen der Hauptstadt und Göteborg rechnete, obwohl die Strecke auf der Landkarte bedeutend kürzer war. Die Verbindungen nach Süden waren auch besser als die nach Norden: Wenn ein Brief nicht liegenblieb, bis eine lohnende Anzahl Sendungen zusammengekommen war, konnte er von der Hauptstadt nach Umeå zehn Tage unterwegs sein, und es konnte bis zu vierundzwanzig Tage dauern, bevor er einen Adressaten in Uleåborg (Finnland) erreichte. (Nicht einmal in den am besten versorgten Orten ging die Post jeden Tag ab.) Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der alte Brauch, seine Briefe einem Reisenden mitzugeben, von dem man wusste, dass er zu einem bestimmten Ort wollte, während der gesamten Epoche weiterbestand.
    Die Unsicherheit des Postverkehrs war also groß, besonders was Sendungen ins Ausland betraf. Es war keineswegs ungewöhnlich, dass Briefe verschwanden oder geöffnet ankamen. (Dies führte dazu, dass auch Leute, die einfache Privatbriefe schrieben, zuweilen in ihren Briefen Codes, Decknamen und Chiffren verwendeten.) Aber im Vergleich mit der Unordnung, die früher geherrscht hatte, war die neue Ordnung verblüffend schnell und effektiv. In den zentralen Teilen Schwedens konnte man damit rechnen, innerhalb einer Woche nach Absenden eines Briefes eine Antwort zu bekommen. Das Problem war lediglich, dass es am schlechtesten funktionierte, wenn es am dringendsten gebraucht wurde, das heißt in Krisen und Notlagen. So hatte es wie gesagt über drei Monate gedauert, bevor der Angriffsbefehl Torstensson erreichte. Es gab mit anderen Worten noch eine erhebliche zeitliche Verzögerung zwischen den verschiedenen Teilen der Kriegsmaschinerie. Der Rat versuchte, einen Krieg auf eine Weise fernzusteuern, die eigentlich nicht möglich war, denn oft wusste man in Stockholm nicht einmal, wo die schwedische Armee sich befand, und noch weniger, was sie tat.
    Kein Wunder also, dass es auf der Stelle Schwierigkeiten gab.
    Als Torstensson Ende September seinen verspäteten Befehl erhielt, brach er ohne ein Wort der Erklärung sogleich sämtliche Operationen ab. Das schwedische Heer wurde nach Norden und zur Küste in Bewegung gesetzt, und weder seine eigenen Soldaten noch seine Gegner verstanden, warum. Der rasche Rückmarsch wurde mit einer Wolke von Gerüchten und gezielten Falschmeldungen umgeben. Der kaiserliche Befehlshaber, zum Glück der Schweden war es der alte «Heerverderber» Gallas, durfte ein Waffenstillstandsangebot von den Schweden entgegennehmen, und Torstensson selbst gab an, man sei auf dem Weg in das von Krockow

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