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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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mit blanken Waffen auf die dort hängenden Seeleute los; sie schlugen ihnen ganz einfach die Hände ab – Äxte verschiedener Art waren die Hauptwaffe der Seeleute dieser Zeit. Mehrere schwedische Krieger verschwanden im Wasser oder taumelten zurück auf das Deck der
Kattan
, während das Blut aus ihren Armstümpfen spritzte. Als ein dänisches Schiff sich drohend näherte, um der
Nelleblad
zu Hilfe zu kommen, brach Speck die Enterung ab.
    Als die Dunkelheit hereinbrach und es nicht mehr möglich war zu sehen, wer Freund oder Feind war, ebbte das Feuer langsam ab, um allmählich ganz zu verstummen. Beide Seiten hatten zusammen 300 Mann, Tote und Verwundete, zu beklagen. Keine Seite hatte ein Schiff der Gegenseite erobert, keine ein Schiff der Gegenseite versenkt, keine Seite hatte Gefangene gemacht. Beide Seiten sahen sich als Sieger, zumindest offiziell. In Wahrheit war Fleming außer sich vor Wut über die Ungeschicklichkeit und Unentschlossenheit seiner Untergebenen. Einer der Kapitäne wurde angeklagt, «wie ein altes Weib» gekämpft zu haben, und wer sich noch einmal so verhielt, sollte laut Fleming «ohne Gnade gehängt werden». Tatsächlich war es nur der akute Mangel an schwedischen Seeoffizieren, der den rasenden Admiral daran hinderte, seine Drohung umgehend wahrzumachen. (Vielleicht hätte es Fleming getröstet, wenn er gewusst hätte, dass der bandagierte König Christian ungefähr zur gleichen Zeit mit aller Kraft
seinen
Befehlshabern die Leviten las, die ebenfalls lahm und tollpatschig agiert und sogar im Pulverdampf die eigenen Schiffe beschossen hatten.)
    Kochend vor Zorn gab Fleming der Flotte den Befehl, in die Kieler Förde zurückzusegeln. Die Entscheidung war ein Fehler, der Fleming selbst das Leben kosten sollte und um ein Haar zum Untergang der schwedischen Flotte geführt hätte.
    Dass es den schwedischen Seestreitkräften bei drei Gelegenheiten nicht gelungen war, in die Gewässer um die dänischen Inseln einzudringen und sich dort die Vorherrschaft zu sichern, war an und für sich schlimm genug. Dies machte es unmöglich, den schwedischen Kriegsplan auszuführen und Fünen und Seeland zu besetzen. Außerdem bedeutete es, dass die großen Landgewinne, die Gustav Horns Armee jenseits des Sunds gemacht hatte, nur Schrift im Wasser zu sein schienen. Während des Krieges in Deutschland hatte unter anderem Johan Banér lernen müssen, dass man, um ein Gebiet zu beherrschen, auch dessen Festungen beherrschen musste; tat man dies nicht, konnte man möglicherweise ein Land ruinieren, es aber niemals besitzen. Anfang Juli 1644 war praktisch ganz Schonen, Blekinge und Halland in der Gewalt der Schweden, mit einer großen Ausnahme: Malmö. Und solange schwedische Truppen nicht auf den Mauern dieser Stadt standen, waren alle ihre Landgewinne höchst unsicher. Malmö war die zweitgrößte Stadt Dänemarks und galt als eine der größten und schönsten Städte des Nordens überhaupt. Sie hatte zwar seit ihrer Blütezeit im 16 . Jahrhundert – als sie das Zentrum der dänischen Reformation gewesen war – etwas an Bedeutung verloren, war aber noch immer eine wichtige Handelsstadt, die davon lebte, Getreide und Vieh aus dem wohlhabenden Schonen zu verkaufen, und die unter anderem direkte Kontakte nach Ostindien unterhielt und eine solche Vielfalt großer, schöner Häuser aufwies, dass manche meinten, ihr Glanz überstrahle sogar Kopenhagen. Die Stadt war gut befestigt, geschützt durch umgebendes Sumpfland, eine dicke Mauer mit breitem Wallgraben, und sie stand in dem Ruf, uneinnehmbar zu sein. (Die Verteidigungsbauten hatte man vor dem Krieg in Malmö ebenso sorglos verfallen lassen wie in einigen anderen dänischen Städten – unter anderem drohten die Mauern an einigen Stellen einzustürzen, und die Tore waren so beschädigt, dass sie nicht einmal zu schließen waren –, doch jetzt waren sie wieder instand gesetzt.) Über den Hafen konnte die Stadt regelmäßig von draußen mit Proviant und Verstärkungen versorgt werden. Gustav Horn wusste, dass sich – wenn er die Stadt nicht einnähme, sondern auf irgendeine mirakulöse Art und Weise nach Seeland hinübergelangte – über kurz oder lang die Tore Malmös öffnen würden und ein in größter Heimlichkeit hinübertransportiertes dänisches Heer herausströmen und in seinem Rücken binnen kurzem alles, was er gewonnen hatte, zurückerobern würde. Doch wie sollte er die Stadt einnehmen, wenn nicht die schwedische Flotte kam und ihre Verbindungen

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