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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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sich allmählich die Rivalität zwischen den beiden Verbündeten. Nun fühlten sich die Holländer von der expansiven schwedischen Kolonie bedrängt, und dies mit allem Recht. Printz hatte eine ausgeklügelte kleine Kette von Siedlungen und Blockhäusern aufgebaut, die den größten Teil des Handels auffingen, wenn die Indianer mit ihren Kanus auf den Nebenflüssen zum Delaware hinabfuhren. Anfang 1647 wurde auf einer Insel im Fluss Schuylkill noch eine schwedische Festung errichtet, Neu Korsholm. Damit war die Handelsstation der Holländer am Delaware, Fort Nassau, praktisch von jedem Handel mit den Indianern abgeschnitten. Wieder ist es interessant zu beobachten, dass die hier praktizierte schwedische Expansion in ihrer Zielsetzung die Politik nachahmte, die Schweden im nordöstlichen Europa verfolgte. Dort waren schwedische Heere umhergestampft, weil die Regierenden in Stockholm Kontrolle über die Handelsströme gewinnen wollten, die über mehrere große und wichtige Flüsse in die Ostsee mündeten:
dominium maris Baltici.
In Nordamerika operierte man auf exakt die gleiche Weise, um Konkurrenten auszuschalten und allein von den Warenströmen zu profitieren, die in den Delawarefluss einmündeten:
dominium fluvii Delawaris.
Aber genau wie in Europa war dies eine Politik, die zu mancherlei Unruhe führte, und ein erfolgreich bestandener Konflikt tendierte oft dazu, in einen neuen einzumünden; denn warum sollten die, die in die Klemme geraten waren, sich mit diesem betrüblichen Zustand abfinden? Was man mit dem Schwert gewonnen hat, kann einem ein anderer mit dem Schwert nehmen. Der Konflikt zwischen Schweden und Holländern in Nordamerika war auch in anderer Hinsicht zukunftsweisend, denn er signalisierte, dass man nun in eine Zeit eingetreten war, in der religiöse und dynastische Gegensätze eine immer geringere Rolle in den Zusammenstößen der Reiche spielten. Der Friede in Westfalen markierte das Ende einer Ära von Religionskriegen und den Beginn einer neuen Zeit, in der krassere, wirtschaftliche Motive an die Oberfläche kamen. Und der Staat wurde immer mehr zu einem Akteur, der als Schutzmacht für die eigenen Handelskapitalisten fungierte.
    Die Anteilseigner der holländischen Kolonie zu Hause in den Niederlanden wurden mit der Zeit immer aufgebrachter über das Verhalten der Schweden und die Schwäche der eigenen Landsleute. Der alte Gouverneur in Neu Amsterdam, Kieft, wurde gefeuert. Für ihn wurde Peter Stuyvesant hinübergeschickt, ein erfahrener Militär mit schielendem Blick, Holzbein, Adlernase und einem kleinen Mund, vom gleichen Schlag wie Printz in Sinnesart und Ehrgeiz, an draufgängerischer Beherztheit diesem aber überlegen. Er hatte Order erhalten, den Schweden nicht länger auszuweichen, sondern ihnen die Stirn zu bieten.
    Die Lage in den Gebieten um den Delaware wurde immer gespannter. Stuyvesant gab Befehl, am Schuylkill, dem Nebenfluss, den die Schweden mit Hilfe eines Blockhauses bei Neu Korsholm abgeriegelt hatten, eine Festung zu bauen, Beversreede. Kaum war sie fertiggestellt, als ein schwedischer Offizier in Begleitung von 24 Soldaten «mit geladenen Büchsen und brennenden Lunten» aus dem umgebenden Wald auftauchte und die von den Holländern außerhalb der Palisaden gepflanzten Obstbäume niederhieb. Ein Haus, das holländische Kolonisten zu bauen begonnen hatten, wurde ebenfalls niedergebrannt. Später bauten die Schweden ein neues Blockhaus genau zwischen Beversreede und dem Wasser, was zur Folge hatte, dass die Holländer dort drinnen in handelstechnischer Hinsicht wie ein Fisch auf dem Trockenen lagen. Der Kommandant auf Neu Korsholm wachte auch genau über die eingeschlossenen Holländer, damit sie nicht bauten oder Grenzpfähle aufzustellen versuchten. Es war ein sehr heißer Kalter Krieg, der sich hier in den Wäldern um den Fluss abspielte. Das Kräfteverhältnis zwischen den Parteien war offenbar so ausgeglichen, dass keine von beiden wagte, sich in handgreiflicherer Form auf die andere zu stürzen. Gleichzeitig war die Anzahl der beteiligten Soldaten so gering, dass es nur einer Kleinigkeit bedurfte, um die Waagschale sinken zu lassen. Beide Seiten wussten das, beide Seiten hatten Verstärkungen angefordert, und beide Seiten spähten unruhig aufs Meer hinaus, um zu sehen, wer diesen Wettlauf gewinnen würde.
    Im Juni 1649 verließ die
Kattan
Schweden und nahm Kurs auf Nordamerika. Das Schiff war schwer beladen mit siebzig ausgesuchten Kolonisten, Soldaten, Kanonen,

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