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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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von staatlichen Bäckereien gebacken und verkauft wurde). Früher waren die Regionen im Großen und Ganzen abgeschlossene Einheiten gewesen, wo in der einen Gegend eine schwere Hungerkrise herrschte, während eine andere im Überfluss lebte. Ein Ausgleich zwischen verschiedenen Regionen und Ländern von der Art, wie ihn die Regierung in Paris praktizierte, war jetzt möglich, wo Europa sich allmählich zu einem einzigen Wirtschaftssystem zusammenschloss, so dass Roggen aus Estland schnell eine Hungersnot im Languedoc verhindern konnte. Die Kehrseite des Ganzen war, dass nun, da die verschiedenen Märkte und Regionen immer stärker miteinander verknüpft waren, eine wirklich ernste Krise sich über den gesamten Kontinent ausbreiten konnte, wie es in der geschlossenen mittelalterlichen Wirtschaft fast unmöglich gewesen wäre. So wurden die Niederlande, obgleich ihre eigene hochentwickelte Landwirtschaft verschiedene Missgeschicke abwenden konnte, dennoch von den Missernten und kriegerischen Störungen, von denen die Getreideproduzenten in Osteuropa betroffen waren, schwer in Mitleidenschaft gezogen, was allerlei innenpolitische Unruhe zur Folge hatte. Und gegen Ende der vierziger Jahre hatten die Nahrungsmittelpreise in vielen Ländern neue Rekordhöhen erreicht. Ein weiterer einender Faktor war das Wetter. Das Klima war im 17 . Jahrhundert ungewöhnlich rau; man pflegt in diesem Zusammenhang von «der kleinen Eiszeit» zu sprechen: Unter anderem waren die Sommer nasser und kälter als heute, was natürlich die Ernten in ganz Europa minderte. Die Kriege, die ständig wachsende staatliche Steuerlast zusammen mit nachlassenden wirtschaftlichen Konjunkturen und schlechten Ernten führten dazu, dass gewöhnliche Sterbliche, die in diesem Jahrhundert lebten, eine eindeutige Senkung ihres Lebensstandards im Vergleich zu dem des 16 . Jahrhunderts, das recht idyllisch gewesen war, hinnehmen mussten. Kein Wunder, dass das Gefühl von Bedrohung und Ungewissheit so stark war und dass es den Menschen schwerfiel, an Entwicklung und Zukunft zu glauben.
    Der Rat in Stockholm und andere hohe Herren verfolgten die Unruhen in England, Frankreich, den Niederlanden, Neapel, Russland und Polen mit finsteren Mienen. Früher hatte der alte Staatsbankier der Schweden, Johan Adler Salvius, davon gesprochen, dass diese «allerorten [herrschende] Opposition des Volks gegen die Herrschenden» möglicherweise auf einer außerordentlich ungünstigen Planetenkonstellation beruhe, während andere meinten, dass sie von umstürzlerischen Ideen herrühre, die vom Ausland nach Schweden einsickerten. In Wirklichkeit gab es keine große revolutionäre Ideologie, die durch Europa spukte. Die einzige Gedankenrichtung, die möglicherweise dafür in Frage kommen konnte, war das von Endzeitvorstellungen beeinflusste millenaristische Christentum, das bei einigen Volksaufständen eine gewisse Rolle spielte – zu einem nicht unbedeutenden Teil entsprang die Krise der Verwirrung und Unsicherheit, die durch dieses ideologische Vakuum geschaffen wurde. Es waren die in Rekordhöhe gestiegenen Nahrungsmittelpreise und die sich rasch ausbreitenden Hungerkrisen, die den Hintergrund dieser sonderbaren Häufung von Aufständen und Revolutionen bildeten und wie eine Kette von Seriensprengungen ganz Europa in diesen Jahren erschütterten.
    Eine gemeinsame Antriebskraft hinter all diesen Ereignissen waren, wie gesagt, auch die zahlreichen langen Kriege, von denen die meisten auf irgendeine Art und Weise mit dem dreißigjährigen Unfrieden in Deutschland verflochten waren oder sich aus ihm entwickelt hatten. Die bereits überall auf dem Kontinent schwankenden Ökonomien waren durch die Kriegsbewegungen und die Verheerungen noch weiter aus dem Gleichgewicht geraten. Gleichzeitig hatten die beteiligten Staaten und ihre Fürsten Land und Volk mit Steuern völlig überfordert, um ihre wachsenden Armeen im Feld und ihre schwellenden Flotten auf See halten zu können. Die aufgeblähten Staatsapparate hatten außerdem verschiedene mit den Monarchen liierte Schichten in die Lage versetzt, sich auf Kosten der übrigen Bevölkerung immer mehr zu bereichern. Und das Volk hatte begonnen, zurückzuschlagen gegen eine Oberklasse, die es völlig zu Recht als unheilbringend, parasitär und verschwenderisch ansah.
    Vieles davon war auch in Schweden zu beobachten.
    Das Missvergnügen über den Krieg war unter den breiteren Schichten immer groß gewesen. Schon während des Unfriedens hatte die

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