Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
über den Delaware war mit Hilfe eines einzigen Schiffs zu erringen, und nun kam es so, dass dieses Schiff die holländische Flagge trug. Am 8 . Mai ankerte nämlich ein holländisches Schiff fünf Kilometer unterhalb von Fort Christina. Nachdem Printz mit seiner kleinen bewaffneten Jacht eine überraschend mutige Demonstration ausgeführt hatte, gelang es den Schweden, das Schiff zu vertreiben, ohne dass ein Schuss fiel, doch sein Rivale Stuyvesant ließ sich nicht so leicht abschrecken. Im folgenden Monat tauchte er selbst an der Spitze einer Truppe von 120 holländischen Soldaten bei Fort Nassau auf – sie waren von Neu Amsterdam auf dem Landweg gekommen. Gleichzeitig liefen nicht weniger als elf niederländische Schiffe in den Delaware ein und segelten den Fluss auf und ab, während ihre Besatzungen auf Trommeln schlugen und mit den Kanonen schossen. Printz konnte mit seiner kleinen Jacht und deren Besatzung von 30 Mann wenig ausrichten. Bald gingen die Holländer auf dem westlichen Ufer des Flusses an Land, über das die Schweden seit 1638 in einsamer Majestät geherrscht hatten, und begannen dort, neun Kilometer südlich von Fort Christina, ein neues Fort zu bauen. Die neue Festung war ein massives, rechteckiges Ding, mit gedeckten Holzpalisaden und zwölf Geschützen bestückt, die unmittelbar am Ufer lagen und den Flusslauf beherrschten. Niemand konnte mehr ohne Erlaubnis der Holländer den Delaware hinaufsegeln. Das alte Fort Nassau wurde abgerissen und die ganze Besatzung in die neue Festung verlegt, die den Namen Fort Casimir erhielt. Die Schweden waren nicht mehr die Herren des Flusses, sondern seine Gefangenen. Stuyvesant ließ alle schwedischen Grenzpfähle niederreißen.
Printz und die schwedische Kolonie brauchten Verstärkung, und die brauchten sie schnell. Das Problem war nur, dass die Machthabenden zu Hause in Schweden erneut an etwas anderes zu denken hatten. Das Reich wurde nämlich von einer schweren inneren Krise erschüttert. Manche glaubten sogar, dass eine Revolution bevorstehe.
2 . Aufruhr und Zorn sind worden so groß
Hungerkrawalle und Hungerkrisen – Die kleine Eiszeit – Eine Welle von Revolten – Der Adel verdoppelt seinen Landbesitz – Euphorie, Bauwut und Luxus – Ist die Freiheit des Bauern bedroht? – Der Reichstag 1650 wird eröffnet – Kritik an der Kriegspolitik – Ein politisches Dreiecksdrama – ‹Die Hunde liegen auf den Bänken und furzen› – Wer wirft den ersten Stein? – Christina wechselt das Standbein – Karl Gustav wird Erbfürst – Das politische System – Der Morgenstern-Aufruhr
In einer Agrarkultur wie der europäischen um die Mitte des 17 . Jahrhunderts waren wenige Dinge wichtiger als die Ernte. Die Bevölkerungsmehrheit lebte in so knappen Verhältnissen, dass häufig eine Missernte ausreichte, um eine Hungersnot auszulösen, und mehrere Missernten konnten die gesamte Gesellschaft aus dem Gleichgewicht bringen und schwere politische Erschütterungen verursachen. Hungerkrawalle waren in Europa in dieser Zeit wie gesagt nichts Ungewöhnliches – allein in den 25 Jahren, die der Fronde voraufgingen, waren in verschiedenen französischen Städten über 100 größere und kleinere Revolten ausgebrochen, und oft war Nahrungsmittelknappheit ein auslösender Faktor gewesen. Die Regierenden in allen Reichen wussten, dass gerade Nahrungsmittelknappheit und anschließende rasche Preissteigerungen leicht Krawalle auslösen konnten. (Das einfache Volk hatte wenig Verständnis für diese Sache mit den sogenannten Marktkräften und einem Preis, der je nach Angebot und Nachfrage stieg und fiel. Ihre wirtschaftliche Grundanschauung war vor allen Dingen moralisch: Preise sollten festgesetzt werden nach dem, was recht und angemessen war, und nichts anderem.) Daher versuchten die Behörden in der Regel, solchen erwarteten Unruhen mit Maßnahmen zur Erhöhung des Lebensmittelangebots zu begegnen. In Venedig gab es seit langem große staatliche Lager mit Brotgetreide, das die Stadtoberen benutzten, um in Notsituationen die Preise niedrig zu halten. Diese Methode wurde auch in anderen Teilen Europas angewandt, zum Beispiel in den Niederlanden. Auch in den Ländern, in denen dieses System nicht eingeführt worden war, wie in Frankreich, verfolgten die Machthaber das Auf und Ab auf dem Getreidemarkt genau und zögerten nicht, im Ausland große Mengen Getreide einzukaufen, um die Preise zu drücken (und zuweilen sogar dafür zu sorgen, dass hochsubventioniertes Brot
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