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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Katarina und Margareta unterrichtet, und man erkannte sogleich, dass der Junge eine ungewöhnlich gute Auffassungsgabe hatte. Er schreibt selbst, dass er in dieser Zeit «ziemliche Fundamente im Studieren machte, so daß ich wegen meines Alters von allen gelobt wurde». Der Gedanke liegt nahe, dass der kleine Junge hier und späterhin bei seiner Begabung und reichen Schaffenskraft Schutz suchte, dass der Lerneifer und die schulischen Leistungen zu einer Rüstung wurden, die ihm in seiner Verlassenheit fern von der Mutter und den Geschwistern Sicherheit gab und Achtung einbrachte – dass die auf der Schulbank vorgebrachten pfiffigen Bemerkungen ein nagendes Gefühl des Ausgeschlossenseins betäubten.
     
    Im gleichen Jahr, 1632 , heiratete seine Mutter wieder. Eriks Stiefvater war der Leutnant Peder Gråå. Peder entstammte einem Bergmannsgeschlecht aus Dalarna und hatte sich nach Studien in Uppsala am Anfang der zwanziger Jahre für das Västmanland-Regiment anwerben lassen. Dort war er zum Fähnrich avanciert, und zwischen 1627 und 1630 hatte er den zuvor erwähnten Feldzug in Preußen mitgemacht.
    Peder Gråå war bei den schwedischen Truppen gewesen, die im Juni 1626 in Pillau an Land gegangen waren. Er gehörte dem Västmanland-Regiment an, und seine Kompanie bestand aus Männern, die im südlichen Teil von Västmanland, in den Gebieten östlich von Västerås und um den Kolbäcksån, ausgehoben worden waren. «Es sind nur arme schwedische Bauernburschen», hatte der König damals von seinen Männern gesagt, «dürftig anzusehen und schlecht bekleidet, aber sie schlagen sich gut, und ich hoffe, daß sie sich binnen kurzem bessere Kleidung verschaffen.» Peder Gråå war dabei gewesen, als die Schweden kurz nach der Landung das Stadttor von Braunsberg aufbrachen, wonach sie die 50 000 Taler einheimsten, welche die Bürger der Stadt bezahlen mussten, um der Plünderung zu entgehen. Von dieser Summe bekamen die Männer des Västmanland-Regiments 736 Taler, um sie unter sich aufzuteilen, was bedeutet, dass sie rund 20 Öre pro Mann als Dank erhielten. Es ist zweifelhaft, ob diese Summe ausreichte, um eine größere Neueinkleidung zu bezahlen, aber sie dürfte genau für eine Kanne Wein gereicht haben. In größere Kämpfe waren sie nicht verwickelt gewesen, aber die Västmanländer waren dennoch gestorben wie die Fliegen. Wie gewöhnlich hatten Krankheiten die meisten Opfer gefordert. Am Anfang des Feldzugs hatte die Kompaniestärke des Regiments im Schnitt 148 Mann betragen, im Mai 1627 war die Zahl auf 42 Mann gesunken. Und Anfang September waren von den rund 1200 Mann, die um die Mittsommerzeit des Vorjahrs von Stockholm aus losgesegelt waren, nur noch ungefähr 200 Mann übrig. Als Peder Gråå nach dem Waffenstillstand von Altmark 1629 nach Schweden zurückkehrte, hatte er 42 Monate im Feld und in der Garnison hinter sich.
    Es dauerte fast drei Jahre, bis 1635 , bevor die Heirat des Leutnants Gråå mit Dorotea direkte Folgen für Erik bekam. In diesem Jahr kamen die beiden darauf, dass Erik «der größeren Bequemlichkeit halber und mit geringeren Kosten» in Norrköping zur Schule geschickt werden sollte. An diesem Ort wohnte nämlich Peders Mutter, die in zweiter Ehe mit einem begüterten Kaufmann deutscher Herkunft verheiratet war, und Erik sollte bei ihnen wohnen und gleichzeitig die Schule der Stadt besuchen. Deshalb holte Dorotea ihn heim nach Hanevad, und im Januar 1635 reiste er zusammen mit der Mutter und seinem Stiefvater nach Norrköping.
    Zu dieser Zeit war Norrköping ein wichtiges Zentrum für den Handel im Reich, und die Stadt war im Begriff, sich zu einem bedeutenden Mittelpunkt für Schwedens noch nicht sehr zahlreiche Manufakturen zu entwickeln – im gleichen Jahr, in dem Erik hierherkam, wurde das erste Privileg für eine Bekleidungsfabrik erteilt, dem bald weitere folgten. Handel und Handwerk florierten, die reichen Kaufleute wurden immer reicher und immer zahlreicher, und die Bevölkerung wuchs kräftig. (Zehn Jahre später belief sich die Einwohnerzahl auf 5000 Seelen, was viel war für eine schwedische Stadt, und Norrköping wurde bald der Heimathafen einer kleinen Handelsflotte, die unter anderem Spanien anlief.)
    Die wohlhabende Stadt konnte sich folglich eine eigene Schule leisten, die mit einem Rektor und zwei Lehrern ausgestattet war und einen guten Ruf hatte. Erik konnte seinen Schulgang hier fortsetzen, und darüber hinaus erhielt er zusammen mit den zwei Jungen des örtlichen

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