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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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Die nächste Patientin betrat das Zimmer. Die Ärztin sah auf die Uhr und bat Frau Kamphausen, noch für einen Moment draußen zu warten.
    Sie sagte zu Lisa: „Ruh dich jetzt aus. Wir wollen Montag weiter sprechen. Ja?“
    Lisa nickte. Sie war erschöpft und müde. Niedergeschlagen verließ sie das Zimmer.
    * Wiebke?“
    „Hallo Harald, Herbert hier.“
    Er war überrascht, doch Herbert sprach gleich weiter. „Ich habe deine Nummer von Katja. Ich wollte dich für Freitag zum Essen einladen. Hast du Zeit?“
    „Ja. Ich komme gerne.“
    „Gut. Wagnerstraße zwölf, neunzehn Uhr.“
    „Geht klar.“
    „Gut. Bis dann.“
    Verblüfft legte Harald den Hörer auf. Herbert schien kein Freund langer Telefonate zu sein.
    Als er am Freitag vor der angegebenen Adresse stand, hatte er ein Gastgeschenk in der Hand. Er hatte einen kleinen Band über Papageitaucher besorgt. Er war ein wenig nervös, was er mit Herbert die ganze Zeit reden sollte. Er klingelte. Herbert Fließ öffnete schwungvoll die Tür. „Pünktlich auf die Minute. So hat man es gern.“ Harald trat ein und überreichte ihm sein kleines Päckchen. Herbert klopfte ihm auf die Schulter. „Nett von dir.“ Er wies mit der Hand in ein Zimmer. „Immer herein in die gute Stube.“
    Harald trat ein und traf auf Angelikas Augen. Sie saß auf der Kante eines Sessels mit einem Buch in der Hand und wirkte ebenso überrascht wie er. Harald sah sich um. Es war sonst niemand da. „Der alte Gauner“, dachte er. Plötzlich klingelte es, und Herbert sagte: „Das wird Katja sein.“ Er verließ das Zimmer.
    Harald ging zu Angelika und gab ihr die Hand. Ihr Blick war ernst. „Ich würde dich gerne mal wieder lachen sehen“, entfuhr es ihm.
    „Du wirkst auch nicht sehr fröhlich“, erwiderte sie. Verlegen drehte er sich um und sagte: „Das ist ja eine ganze Bibliothek hier.“ Das Zimmer war etwa fünfzig Quadratmeter groß, und an sämtlichen Wänden zogen sich Regale entlang, teilweise vom Boden bis zur Decke. Ab und zu hing ein Gemälde dazwischen. Er lief die Regale ab. Alles war säuberlich nach Wissensgebieten sortiert. Philosophie, Geschichte, Geographie, Literaturwissenschaft, Religionswissenschaft, Archäologie, Musik, Medizin, Biologie, Nachschlagewerke und auch Literatur. „Gibt es eigentlich irgendein Gebiet, für das er sich nicht interessiert?“
    „Wenig.“
    „Ts, und ich habe ihm ein Buch über Papageitaucher mitgebracht.“
    „Er wird sich darüber freuen.“
    Katja kam ins Zimmer, Herbert Fließ folgte ihr. Während Katja und Harald sich mit einer Umarmung begrüßten, öffnete er das Geschenk. Er wirkte neugierig, und als er das Buch in der Hand hielt, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Junge, das freut mich jetzt aber mächtig.“ Normalerweise mochte Harald die Bezeichnung Junge nicht, aber aus Herberts Mund klang es so herzlich, dass er angenehm berührt war. Verlegen betrachtete er den älteren Herrn, der ihm so gewogen zu sein schien. Dieser besah sich das Buch näher und blätterte darin. „Das ist wirklich schön.“ Er klappte es zusammen. „Danke, Harald. Das werde ich mir nachher noch in Ruhe anschauen. Jetzt darf ich euch zu Tisch bitten.“ Er wies auf einen Platz, der Harald bisher nicht aufgefallen war. Es war eine Essecke in einem Erker, die halb von einem Raumteiler verdeckt war. Während Herbert Richtung Küche ging, setzten sich die anderen an den bereits gedeckten Tisch.
    Katja sprang gleich wieder auf. „Ich schau mal, ob ich ihm helfen kann“ rief sie und verschwand ebenfalls.
    Harald betrachtete Angelika. „Ist Herbert eine Art Ersatzvater für dich?“
    „Das könnte man so sagen.“
    „Er sagte, Ihr kennt euch schon seit dreißig Jahren. Da musst du ja noch sehr jung gewesen sein.“
    „Sechzehn, um genau zu sein.“
    Er war erstaunt. „Du wirkst jünger. Das macht wohl das Tanzen. Man sagt ja, dass Sport den Körper...“ Was rede ich da bloß für einen Müll, dachte er. „Ähm, ich wollte...“
    „Ich habe dich schon verstanden. Danke für das Kompliment.“
    Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten. Schnell fuhr er fort. „Also, wenn Fließ jetzt zweiundsiebzig ist, dann war er damals zweiundvierzig. Kein Wunder, wenn du in ihm eine Art Vater gesehen hast. Wie hast du ihn kennengelernt?“
    „Ich hatte eine Freundin. Wir waren Nachbarn und sind zusammen aufgewachsen. Sie...“ Sie wurde von Herbert unterbrochen, der mit einer Platte und einer Soßenschüssel herein kam. Katja folgte ihm

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