Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
Vom Netzwerk:
ins Zimmer. „Hier meine Telefonnummer.“ Sie setzte sich neben ihn und drückte ihm einen Zettel in die Hand. Verdammt, das macht sie doch mit Absicht, dachte er und legte den Zettel achtlos auf den Tisch. Nun kamen auch die anderen Gäste wieder lärmend ins Zimmer. Herberts Blick flog zwischen Harald und Angelika prüfend hin und her. Dann sagte er. „Leute, es war schön mit euch, aber ich werde jetzt noch meine Kinder besuchen. Die Enkel warten sicher auch schon auf ihren Opa.“
    „Sie haben schon Enkel“, entfuhr es Harald.
    „Sind wir jetzt wieder beim Sie angelangt“, polterte Herbert los. Alles lachte. Harald entschuldigte sich. „Du bist schon Großvater? Wie alt bist du denn?“
    „Zweiundsiebzig.“
    „Donnerwetter!“
    Herbert lachte. „Ja, da staunst du. Ich war früher mal genauso ein fescher Bursche wie du. Frag mal Angelika. Die kennt mich schon seit fast dreißig Jahren. Da war sie noch eine Schülerin mit vielen Flausen im Kopf.“ Er zwinkerte ihm zu. „Mit den Aborigines wollte sie leben. Dann wieder wollte sie nach Israel auswandern, um in einen Kibbuz zu ziehen. Zwei Monate dort mitzuarbeiten war ja eine schöne Sache, aber gleich auswandern? Später hat sie während des Studiums einfach ein Semester geschwänzt, um Gandhis Reiseweg durch Indien nachzuwandern. Ich dachte, sie kommt gar nicht erst wieder. Als sie dann allerdings noch für ein Jahr zu den Eskimos wollte, habe ich gestreikt. Das war vielleicht eine Verrückte.“ Er lächelte Angelika an, die sein Lächeln erwiderte. Zuneigung sprach aus beider Blick. Harald starrte Angelika überrascht an. Für einen kurzen Moment verflochten sich ihre Blicke, bis sie sich abwandte.
    Herbert streckte sich. „Ach, mein alter Rücken.“ Schließlich reichte er Harald die Hand. „Mach´s gut. Pass auf dich auf. Und sieh zu, dass du sesshaft wirst. Man kann nicht ewig durch die Welt stromern.“
    Petra umarmte Katja, verabschiedete sich ziemlich kühl von Angelika und warf Harald einen auffordernden Blick zu. „Wir sehen uns dann.“
    Auch die anderen wollten jetzt gehen, und Katja brachte sie nach allgemeiner Verabschiedung zur Tür. Dann steckte sie ihren Kopf durch die Wohnzimmertür und sagte: „Aber ihr bleibt doch hoffentlich noch. Ja? Bin gleich wieder da.“ Schon war sie wieder verschwunden. Harald setzte sich wieder und sah Angelika an. „Wie geht es dir?“
    „Gut, danke.“
    „Waren deine Kinder mal wieder bei dir?“
    „Ich war in Marburg.“
    „Und, war es schön?“
    „Ja.“
    „Ihr hattet euch sicher eine Menge zu erzählen.“
    „Svenja hat vor allem viel erzählt. Sie ist eine kleine Plaudertasche.“
    „Sie hat dir sicher viel über ihr Studium berichtet, nehme ich an.“
    „Das stimmt.“
    Plötzlich erklangen ein lautes Rumsen und Scheppern und ein Schrei aus der Küche. Mit drei Sätzen war Harald im Flur und stürmte in die Küche. Angelika folgte ihm. Katja stand dort mit fassungslosem Gesicht. Ein Hängeschrank hing nur noch an einer Schraube. Die Türen waren offen, und es war einiges Geschirr herausgefallen und zerbrochen. Harald ging zu dem Schrank und stützte ihn von unten. „Räumt Ihr mal das Geschirr raus.“
    Nachdem Teller und Tassen herausgeräumt waren, verlangte er nach einer Leiter und Werkzeug. Während Angelika vorsichtig die Scherben zusammenfegte, holte Katja die benötigten Sachen „Und das am Sonntag. Die Leute werden sich beschweren.“
    „Na und? Du kannst das nicht so lassen. Wenn ich das jetzt nicht repariere, kommt er wahrscheinlich heute Nacht herunter, und das dürfte deinen Nachbarn auch nicht recht sein.“ Er bat um Spachtelmasse und machte sich dann an die Arbeit. Die Frauen sahen ihm dabei zu, was ihn so störte, dass er schließlich sagte: „Ihr könnt ruhig ins Wohnzimmer gehen. Ich mach das hier schon.“ Während er bohrte und hämmerte, dachte er darüber nach, was Fließ über Angelika gesagt hatte. War er vielleicht ihr Vater? Aber nein, er sagte ja, das sie sich seit dreißig Jahren kannten. Da musste sie dann ja schon um die zehn gewesen sein. Adoptivvater? Andererseits hatte sie immer nur ihre Mutter erwähnt. Im Geist ging er alle Gespräche mit ihr durch. Er ging wieder ins Wohnzimmer und sagte: „Also, die Wohnung ist ja schön, aber deine Wände sind eine Katastrophe. Ich musste noch zwei Löcher in die Rückwand des Schrankes bohren, so dass er jetzt an vier Dübeln hängen wird. Aber es muss erst trocken werden. Wenn du willst, komme ich morgen

Weitere Kostenlose Bücher