Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
Vom Netzwerk:
, so wie schon den ganzen Tag und wie immer, wenn ich mit dir zusammen bin.“
    „Ach was! Wenn du nicht Therapeutin wärst, dann würden wir jetzt zusammen im Bett liegen und nicht meine Kindheit analysieren.“
    „Du glaubst also, dass ich nur Mensch sein und dass nur Nähe entstehen kann, wenn ich mit dir schlafe?“ Als er schwieg, sagte sie leise: „Wenn ich mich als deine Therapeutin ansehen würde, dann wärst du jetzt nicht hier, denn meine Patienten pflege ich nicht zu mir nach Hause einzuladen, und ich würde auch nicht eng umschlungen auf der Couch mit ihnen liegen. Aber, wenn dir nie reicht, was ich dir gebe, und wenn ich als Mensch nur für dich zähle, wenn ich mit dir schlafe, dann kann ich dir auch nicht helfen.“
    Harald erschrak. Ihr Gesicht hatte plötzlich müde gewirkt. Er trat auf sie zu und hielt sie an ihren Schultern. „So war es doch nicht gemeint. Es ist nur... ich... ich fühle mich so hilflos, ich weiß einfach nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich sehne mich so nach dir und habe das Gefühl, dass ich dich nicht erreichen kann.“
    „Und du glaubst, wenn wir miteinander schlafen, könntest du das?“ Als er nicht antwortete, fuhr sie fort: „Wir haben viele Wochen zusammen geschlafen, ohne, dass zwischen uns Nähe entstanden wäre. Du solltest also die körperliche Vereinigung nicht überbewerten.“
    „Darum geht es doch gar nicht.“
    „Worum geht es dann?“
    Die Kopfschmerzen kamen plötzlich und unerwartet. Er fasste sich an die Schläfen.
    „Was ist?“
    „Kopfschmerzen.“
    „Du bist auch käseweiß im Gesicht. Willst du dich nicht lieber setzen?“
    Er ging zum Sessel, ließ sich vorsichtig niedersinken und lehnte den Kopf an die Nackenstütze. Als er ihre Hände in seinem Gesicht fühlte, zuckte er zusammen und öffnete die Augen.
    „Entspann dich. Ich werde dich ein wenig massieren.“ Ihre Hände waren kühl, als sie begann, ganz zart die Schläfen und seine Stirn und anschließend seinen Nacken zu massieren. Nach einer Weile ebbte der Schmerz etwas ab, und er wäre am liebsten eingeschlafen. Mühsam öffnete er die Augen, zwang sich, aufzustehen und sah in ihren prüfenden Blick. „Danke! Ich hoffe, du empfindest es nicht als Flucht, wenn ich jetzt gehe, aber ich brauche Bewegung an der frischen Luft, und ich war ja auch lange genug hier.“
    „Bist du sicher, dass du jetzt nicht eher Ruhe gebrauchen könntest?“
    „Ja.“
    Sie brachte ihn in den Flur und beobachtete ihn, wie er seine Schuhe und seine Jacke anzog. Er umarmte sie und küsste sie kurz auf den Mund. „Wir sehen uns nächsten Samstag bei Herbert.“
    „Komm gut nach Hause, Harald.“
    Er nickte und verließ die Wohnung. Als er die Treppe hinunterging, spürte er ihren Blick im Rücken. Er schaffte es jedoch nicht, sich umzudrehen.
    *
    Als Harald am Samstag bei Herbert an der Tür klingelte, hatte er eine Flasche Whisky in der Hand. Bei der Bibliothek, die Herbert sein Eigen nannte, war es einfach zu riskant gewesen, ein Buch zu kaufen.
    Herbert öffnete ihm, sichtlich gut gelaunt. „Hallo Harald. Schön, dich zu sehen.“
    Harald gratulierte ihm und überreichte ihm die Flasche. „Hoho, da hat mich wohl jemand ertappt.“
    „Ich dachte mir, ein Tröpfchen in Ehren...“ Er vollendete den Satz nicht und trat in die Wohnung. Er war aufgeregt und versuchte, dies zu überspielen. „Wie geht es dir?“
    „Kann nicht klagen. Es ist nicht jeder Dreiundsiebzigjährige so mit Gesundheit gesegnet. Komm, du bist der Letzte.“
    Als Harald das Wohnzimmer betrat, fiel sein Blick als erstes auf Kai, der ihm entgegen grinste. Er begrüßte ihn und umarmte dann Katja, die ihm einen Kuss auf die Wange gab, bevor er sich Angelika zuwandte. Unsicher näherte er sich ihr. „Hallo“, sagte er leise.
    „Hallo Harald, was macht dein Kopf?“
    „Dem geht es gut. Wie sieht es bei dir aus?“
    „Danke, alles in Ordnung.“ Ihr Gesichtsausdruck war prüfend.
    Herberts dröhnender Bass erklang in seinem Rücken. „Ihr müsst Euch mit dem Essen noch etwas gedulden. Ich habe ein neues Rezept ausprobiert und habe mich in der Zeit vertan. Es braucht noch etwas im Ofen.“
    Kai ließ sich auf einen Sessel fallen. „Na so was! Dabei habe ich extra drei Tage lang nichts gegessen.“
    Katja lachte und setzte sich neben ihn. „Ich glaube dir kein Wort, mein Lieber. Ich frage mich bloß, wohin du das alles isst.“
    „Das macht sein ständiges Herumzappeln. Dadurch verbraucht er Energie. Außerdem vertragen junge

Weitere Kostenlose Bücher