verwundet (German Edition)
Gleichgültigkeit darin nicht ertrug. Herberts Augen hingegen wirkten forschend, als er ihm die Hand gab. Er stellte ihm ein paar Fragen zur Vogelstation, wirkte ansonsten aber auch eher zugeknöpft. Katja versuchte das Schweigen mit munterer Plauderei zu füllen. Als Haralds Blick dann doch einmal auf Angelika Gesicht fiel, konnte er nicht erkennen, was sie dachte. Ein Therapeutengesicht, dachte er und sah im Geiste plötzlich Sieglinde Donner vor sich. Er kannte ihren Vornamen von dem Antrag auf Psychotherapie an die Krankenkasse, den er hatte unterschreiben müssen. Nein, das stimmt nicht, dachte er. Seit er ehrlich über seine Gefühle sprach, spiegelte das Gesicht Frau Donners ihm vieles wider. Neutral war ihr Gesicht niemals mehr, seit er aufgehört hatte, ihr sexuelle Anträge zu machen. Die Gedanken an ihre blauen Augen gaben seinem Blick etwas nach innen Gewandtes. Er bemerkte nicht, dass Angelika ihn musterte.
„Wollen wir uns nicht langsam setzen?“ holte Katja ihn in die Gegenwart zurück.
„Ja, natürlich“, sagte er etwas zerstreut und bemerkte erst jetzt, dass ihn die Drei beobachteten. Sie betraten den Vorführsaal. Er war nicht sehr groß und besaß keine Sitzreihen. Stattdessen standen etwa dreißig kleinere runde Tische in lockerer Formation vor der erhöhten Bühne. Auf den runden Tischen standen Nummern. „Wir haben Tisch sieben“, sagte Angelika.
Sie fanden den Tisch, den sie für sich alleine hatten und setzten sich. Harald konnte sehen, dass jemand von hinten durch den roten samtenen Bühnenvorhang lugte. Als er sich wieder seinen Tischgenossen zuwandte, traf er erneut auf Angelikas Blick, und wieder stellte er bei sich fest, dass ihr Gesicht für ihn wie ein Buch mit sieben Siegeln war.
„Wie wäre es mit einer Flasche Sekt zur Feier des Tages?“, fragte Herbert. Alle nickten und er winkte dem Kellner, um die Bestellung aufzugeben. Katja und Herbert begannen, sich über das vor ihnen liegende Theaterstück zu unterhalten. Haralds Gedanken wanderten wieder zu Frau Dr. Donner.
„Harald? Wo bist du?“
Er sah Frau Donners Gesicht vor sich: „Was?“
Aber es war Katjas Stimme, die nun sagte: „Ich habe dich gefragt, ob du den Sommernachtstraum schon mal auf der Bühne gesehen hast?“
„Ja.“ Ich hätte nicht herkommen sollen, dachte er und war froh, als der Kellner kam und den Sekt brachte. Kaum hatte dieser den Sektkübel auf den Tisch gestellt, die Flasche geöffnet und ihnen eingegossen, erklang ein Gong. Der Kellner versenkte die Flasche in den Sektkübel, der mit Eiswürfeln gefüllt war, und verließ den Tisch. Als sich der Saal langsam verdunkelte, die Scheinwerfer die Bühne beleuchteten, auf der sich nun der Vorhang öffnete, wusste Harald, dass er den ersten Gong wohl verpasst hatte. Er war froh, dass die Aufführung begann und er den Blicken der anderen entkommen konnte. Er konzentrierte sich nun auf das Stück und war angenehm überrascht, wie gut Kai spielte. Er stellte den Puck sehr überzeugend dar, spielte mit Schabernack, Witz und Esprit.
In der Pause gingen sie ins Foyer, um sich die Füße zu vertreten. Herbert sprach mit Angelika, während Harald an ein offenes Fenster trat und sich eine Zigarette anzündete. Sieglinde. Leise sprach er den Namen vor sich hin.
„Harald?“
Er wandte sich Katja zu, die neben ihn getreten war. „Du bist gar nicht richtig anwesend“, sagte sie in bedauerndem Ton. „Denkst du an deine neue Flamme?“
„Ja.“
„Na ja, Sie scheint ja einen guten Einfluss auf dich zu haben. Jedenfalls wirkst du viel ruhiger und ausgeglichener. Sogar dein Gesicht scheint sich verändert zu haben, es wirkt weicher.“ Sie musterte ihn. „Du wirkst zufrieden.“
„Tatsächlich? Du scheint dich aber nicht sehr darüber zu freuen.“
„Natürlich freue ich mich für dich, Harald. Nur...“
„Nur?“
„Ehrlich gesagt, ich hatte gehofft, dass du und Angelika...“ Sie sprach nicht weiter.
Er schüttelte den Kopf. „Das wäre eine Illusion, Katja.“
„Ich finde, dass Ihr gut zusammengepasst habt.“
„Ich hab´s versaut, Katja, und daran ist nun nichts mehr zu ändern.“
Bevor sie antworten konnte, trat Herbert zu ihnen.
„Wo ist Angelika?“ fragte ihn Katja.
„Zur Toilette.“
„Ach, da wollte ich ja auch noch hin. Dann gehe ich mal, bevor die Vorstellung wieder beginnt.“
Herbert sah Harald mit gerunzelter Stirn an: „Fällt es dir so schwer, dich zu entschuldigen?“
„Entschuldige bitte. Ich wollte dir deinen
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