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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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und auch Andrea freute sich, ihre Geldprobleme damit gelöst zu haben. Lisa jubilierte. Endlich hatte auch sie einmal Glück. Als sie zu Heidi kam, schlief diese zum Glück noch nicht. Sie schien erleichtert zu sein, dass Lisa ausziehen wollte und sagte: „Meine Schwester zieht gerade mit ihrem Freund in eine größere Wohnung. Sie haben sich einige neue Möbel gekauft. Vielleicht kannst du was von ihnen abstauben.“
    Als Lisa sich müde ins Bett warf, sah sie zum ersten Mal seit langem etwas Licht in ihrem Leben.
    *
    Lisa beobachtete, wie Andrea den Neuen an Land zog, den sie gerade in der Disco kennengelernt hatten. Er hieß Heiko und sah nicht übel aus. Lisa wunderte sich, wie Andrea es immer schaffte, Männer aufzugabeln. Obwohl sie sportlich war, war sie dabei doch etwas mollig. Ihr streichholzkurz geschnittenes Haar war sauerkrautfarben, und ihr Gesicht war zwar nicht ungefällig, doch im Ganzen entsprach sie auf keinen Fall den Mädchen und Frauen, die man überall im Fernsehen, Kino oder auf Plakaten sah und die als begehrenswert und schön galten. Trotzdem gelang es Andrea mühelos, oft sehr gut aussehende Männer anzubaggern und mit ihnen die Nacht zu verbringen. Wenn Lisa nicht arbeitete, gingen sie aus und wachten morgens meistens nicht alleine auf. Aber heute war Lisa erschöpft. Obwohl Heikos Freund Mirko einen recht netten Eindruck machte, wollte sie jetzt eigentlich nur noch nach Hause. Sie stand auf und sagte: „Mir ist nicht so gut. Macht euch noch ´n schönen Abend, ich gehe jetzt schlafen.“ Die anderen waren so überrascht, dass sie gar nicht reagierten, und Lisa machte, dass sie davonkam. Müde schlich sie nach Hause. Als sie an der Grotte vorbei kam, drang lautes Gegröle aus der Tür, durch die gerade ein paar Nachtschwärmer traten. Abfällig verzog sie den Mund. Das war nun ihr Leben. Sie erinnerte sich daran, wie angewidert sie gewesen war, wenn ihre Mutter angetrunken nach Hause gekommen war, und nun war sie selber fast jeden Abend beduselt. Ihr Leben bestand aus ihrer Arbeit, Kneipen, Alkohol, Zigaretten, schlechtem Essen und austauschbaren Männern. Tolles Leben. Es war ihr inzwischen egal, wer morgens neben ihr lag. Zu Hause sah sie in den Spiegel. Ihre Haut war grau, der Blick leer, und sie war viel zu dünn. Sie spuckte in ihr Spiegelbild. Dann griff sie in den Badezimmerschrank und holte sich zwei Schlaftabletten heraus. Eine Tablette reichte schon nicht mehr aus.
    Als sie am nächsten Mittag aufstand, hörte sie schon Geräusche aus der Küche. In Hemd und Slip trat sie ein und blieb verblüfft stehen. Heiko und Mirko saßen am Tisch und feixten. „He, alte Schlafratte, auch mal ausgeschlafen?“
    Lisa rieb sich die Augen und wandte sich zu Andrea um, die gerade Kaffee kochte. Diese zwinkerte ihr vielsagend zu. Andrea ist wirklich ein Luder, dachte sie und setzte sich zu Mirko und Heiko, denen die Haare auch noch ziemlich wirr vom Kopf abstanden. Anscheinend waren sie auch erst gerade dem Bett entstiegen. Die drei alberten ziemlich herum, während Lisa versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. Die Nachwirkungen der Schlaftabletten hielt oft bis zum Mittag an. Mirko grinste sie an. „Schade, dass du gestern Nacht so schnell abgehauen bist. Ich habe versucht, dich später zu wecken, aber du hast geschlafen wie ein Stein. Wirklich sehr schade. Wir dachten, zu viert mache es noch mehr Spaß.“ Bedeutungsvoll sah er sie an.
    „Ich hatte Schlaftabletten genommen.“
    „Mensch Lisa! Das wird ja langsam zur Gewohnheit.“ Andrea schüttelte den Kopf.
    Lisa winkte ab. „Ach was!“
    Die drei unterhielten sich noch witzelnd über den gestrigen Abend, doch Lisa hörte gar nicht richtig zu. Sie war eigentlich froh, als Mirko und Heiko sich verabschiedeten. Sie half Andrea beim Aufräumen. Diese beobachtete sie. „Sag mal, du warst auch schon fröhlicher. Was ist los mit dir?“
    „Ach, nichts besonderes. Meine Mutter hätte heute Geburtstag gehabt.“
    „Vermisst du sie?“
    „Ich weiß es nicht. Ich überlege manchmal, ob sie nicht Recht hatte.“
    „Recht womit?“
    „Sich das Leben zu nehmen?“
    „Bist du verrückt?“
    „Na ja, ist doch nichts Besonderes, das Leben, oder? Man arbeitet, säuft, vögelt ein bisschen herum und das soll es gewesen sein?“
    „Warum änderst du dann dein Leben nicht, wenn du es so beschissen findest?“
    Lisa zog eine Grimasse. „Hast du eine bessere Idee?“ Andrea hob die Schultern hoch und ließ sie wieder fallen. „Vielleicht solltest

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