verwundet (German Edition)
Stirn. „Außerdem hätten Sie sie ja nicht zwingen können und wie ich Lisa einschätze, wäre sie nie und nimmer zu einem Psychoklempner gegangen.“
„Wahrscheinlich haben Sie Recht.“
„Sie steht im Moment eben irgendwie neben sich. Vielleicht einfach ein typisches Selbstfindungsproblem, wie es heute so schön heißt, erschwert durch den Verlust der Mutter.“
„Das alles kann ich verstehen, aber nicht, warum sie mich auf diese Art berühren muss.“
Ihre Antwort verwirrte ihn. „Äh…, vielleicht sollten Sie jetzt einfach mal abwarten und versuchen, ein wenig ruhiger zu werden. Immerhin ist sie nicht Ihre Tochter und selbst, wenn Sie sie gern haben, können Sie sie nicht vor Fehlern bewahren. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, und ich habe in meiner Jugend nicht wenige Fehler gemacht. Das dürfen Sie mir glauben.“
„Sie sprachen davon, dass Sie zu Hause unglücklich waren. Denken Sie, dass es Lisa bei mir nicht gut ging?“
„Jetzt fangen Sie bloß nicht an, die Schuld bei sich zu suchen. Sie haben mir doch selbst erzählt, wie wenig Geborgenheit Lisa zu Hause hatte. Glauben Sie wirklich noch immer, Sie könnten in wenigen Monaten das ausmerzen, was Lisas Eltern über viele Jahre kaputt gemacht haben? Ich bitte Sie, Lydia! Das müsste selbst Ihnen klar sein.“
„Selbst mir?“
„Ich habe selten einen Menschen getroffen, der so warmherzig und so voller Idealismus war wie Sie.“ Ruckartig stand sie auf: „Sie sollten mich nicht idealisieren, nur weil Sie mich begehren, Harald. Es ist richtig, dass ich Lisa gern habe und wollte, dass sie einen guten neuen Start bekommt. Aber glauben Sie wirklich, dass das völlig uneigennützig geschah? Ich habe keine eigenen Kinder und habe es mir einfach schön vorgestellt, mit ihr zu leben. Ich fühlte mich auch oft allein, und es war schön, dass sie da war und ich für sie sorgen konnte.“
Auch Harald fuhr jetzt hoch: „Na und? Niemand handelt völlig uneigennützig. Trotzdem sind Sie warmherzig und idealistisch. Das habe ich Ihnen im Mirabella schon einmal gesagt, und das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass ich Sie begehre und in Sie verliebt bin.“ Sie starrten sich an. Harald machte eine wegwerfende Handbewegung: „Wie dem auch sei. Sie müssen versuchen, Lisa loszulassen. Sie reiben sich sonst auf! Sehen Sie das nicht? Zum Donnerwetter!“ Er bemühte sich, ruhiger zu werden. „Sie haben alles für Lisa getan. Sie haben sie bei sich aufgenommen, sie konnte ohne irgendeinen Druck bei Ihnen leben, musste sich um nichts kümmern. Sie haben sich um sie bemüht, sich die Nächte um die Ohren geschlagen, sich gesorgt und gesorgt und gesorgt. Wollen Sie wirklich Ihr weiteres Leben damit zubringen?“
„Das klingt sehr hart!“
„Mag sein. Für mich ist es auch hart, mit ansehen zu müssen, wie Sie leiden und wie wenig ich Ihnen helfen kann.“
Lydia legte ihre Hand auf seinen Arm: „Aber Harald, Sie helfen mir doch. Es tut gut, mit Ihnen zu reden. Außerdem klingt es ja leider sehr vernünftig, was Sie sagen. Im Grunde weiß ich sehr genau, dass Sie Recht haben. Nur Gefühl und Verstand arbeiten eben nicht immer Hand in Hand.“
„Wem sagen Sie das? Ich bin ein Experte darin, meinen Verstand über den Haufen zu rennen.“ Lydia schmunzelte. „Ja, Sie haben sehr viel Temperament.“
„So kann man es natürlich auch nennen, wenn man gutwillig ist.“ Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ein lautes Knurren ertönte.
„Haben Sie Hunger?“
„Nein.“
Lydia lachte. „Sie lügen nicht besonders gut. Haben Sie heute Abend schon etwas gegessen?“
„Nein.“
„Ich habe noch einen Rest Auflauf von gestern, den könnte ich aufwärmen.“
„Lassen Sie nur.“
„Das ist kein Problem. Außerdem würde ich mich freuen, wenn Sie noch etwas blieben.“ Unsicher sah sie ihn an: „Was aber nicht heißt, dass wir jetzt die ganze Zeit über Lisa reden müssen, keine Sorge.“
Harald folgte ihr in die Küche. „Ich mach mir keine Sorgen.“
Lydia lächelte.
Während das Essen auf dem Herd köchelte, schwiegen sie, jeder in seine Gedanken vertieft. Schließlich stellte sie ihm den gefüllten Teller hin. „Guten Appetit, lassen Sie es sich schmecken.“
„Danke.“
„Essen Sie nichts?“
„Nein, ich habe keinen Appetit. Ich bin es sowieso gewöhnt, ab und zu eine Mahlzeit auszulassen.“
„Doch hoffentlich nicht wegen der sogenannten Linie? Sie habe eine tolle...“
„Wie gefällt Ihnen Ihre neue Arbeit?“ unterbrach
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