verwundet (German Edition)
du dich mal wieder verlieben.“
„In wen denn?“
„Also, ich finde den Harald schon schnuckelig, und ihr versteht euch doch anscheinend auch gut.“
„Ach, bei Harald hab ich’s schon öfter mal probiert. Bin abgeblitzt.“
Andrea schüttelte den Kopf. „Das gibt’s doch nicht! Ein Mann, der nicht die Gelegenheit ergreift!“
„Einmal stand ich sogar splitternackt vor ihm, und er hat mich abblitzen lassen.“
„Hm, da ist doch was faul. Ich meine, schwul ist er nicht, eine Freundin hat er auch nicht.“
Lisa war erstaunt. „Ach, daran, dass er schwul sein könnte, habe ich gar nicht gedacht.“
„Ist er auch nicht, da bin ich sicher. Ich erkenne so etwas.“
„Woran?“
Andrea tippte sich vielsagend an die Nase.
„So? Hast du es auch bei mir gerochen?“
Andrea machte ein verdutztes Gesicht: „Du?“ Dann lachte sie schallend und sagte: Du machst Witze.“
„Doch ich. Stell dir vor. Ich bin in eine Frau verknallt und würde am liebsten mit ihr schlafen!“
Andrea lachte: „Ach so, ja das passiert jedem Mal.“
„Was?“
„Wenn du lesbisch bist, heiße ich Egon! Aber okay, meine Liebe. Machen wir den Test. Wir gehen heute Abend in eine Lesbendisco, dann werden wir ja sehen.“
„Aber heute muss ich arbeiten.“
„Gut, wann hast du frei?“ Sie bemerkte Lisas Zögern. „Los, keine faule Ausrede.“
„Ich könnte Heidi fragen, ob sie mit mir den Dienst tauscht. Dann könnte ich heute, sonst erst in drei Tagen.“
„Na also, schwing dich ans Telefon.“
*
Als Lisa mit Andrea die Disco betrat, war ihr mulmig zumute. Sie hielt sich eng an Andrea, die Blicke der Frauen waren ihr unangenehm. Es war komisch, in einer Disco zu sein, in der sich kein einziger Mann aufhielt. Sogar die Bedienung war weiblich. Andrea zog Lisa an einen Tisch in der Nähe der Tanzfläche. Sie bestellten sich Bier. Lisa fühlte sich unwohl. Nachdem sie das dritte Bierglas geleert hatte, begann sie sich zu entspannen. Es war merkwürdig, zu beobachten, wie eng die Frauen miteinander tanzten, und noch merkwürdiger, wenn sie sich küssten. Viele Frauen machten einen sehr herben Eindruck, trugen Lederklamotten, hatten einen herausfordernden Gang und Blick. Lisa fand sie nicht besonders anziehend. Es gab aber auch Frauen, denen man nichts anmerkte, und Lisa konnte nicht erkennen, ob sie nur aus Neugierde hier waren, so wie sie, oder ob sie andersherum waren. Plötzlich kam ein Mannweib auf Lisa zu: „Wollen wir tanzen?“
Andrea grinste ihr zu. Lisa hatte keine Lust, wusste aber auch nicht, wie sie ablehnen sollte, und so folgte sie der Anderen. Vor lauter Aufregung brachte sie kein Wort heraus. Silke heiße sie, stellte sich die Andere vor.
„Lisa.“ Sie stolperte vor sich hin, sie wusste nicht, wohin mit ihren Händen und Füßen. Plötzlich wechselte die Musik zu einem langsamen Song. Silke ergriff ihre Hand, legte den Arm um ihre Taille und führte sie wie ein Mann. Lisa begann zu schwitzen. Sie trat Silke dauernd auf die Füße und entschuldigte sich verlegen.
„Du bist wohl noch ein Frischling?“
Lisa schoss das Blut ins Gesicht.
Silke lachte. „Brauchst nicht rot zu werden. Jeder fängt mal an. Du bist niedlich. Ich wusste es gleich, als du rein kamst. Bei deiner Freundin bin ich mir da nicht so sicher.“
Lisa wusste keine Antwort. Als der Tanz zu Ende war, führte Silke sie an ihren Tisch zurück und flüsterte ihr ins Ohr: „Vielleicht bis nachher, hm?“
Andrea feixte: „Na, wie war’s? Du hast wohl eine Eroberung gemacht?“
„Sie hat gesagt, ich sei ein Frischling, und dass sie sich bei dir da nicht so sicher sei.“
Andrea grinste: „So so.“
Weiter sagte sie nichts, und Lisa betrachtete sie neugierig. Zwei Tänze vergingen, da steuerte die nächste auf ihren Tisch zu. Es war eine hübsche, zierliche Brünette, die allerdings Andrea aufforderte. Lisa betrachtete die Beiden. Auch bei ihnen kam bald ein Schmusesong. Lisa fand, dass sie ganz schön eng tanzten. Ihr blieb der Mund offen stehen, als sie sah, dass die beiden sich küssten. Als sie Silke wieder auf ihren Tisch zukommen sah, tat sie so, als hätte sie das nicht gemerkt, und ging zur Toilette. Sie schloss sich ein und setzte sich auf den Toilettendeckel. Sie war verwirrt. Sie hatte hier nicht eine einzige Frau gesehen, bei der sie sich hätte vorstellen können, sie anzufassen oder gar zu küssen. Nach einer Weile ging sie wieder an ihren Tisch. Andrea unterhielt sich dort mit der Brünetten. Silke war zum Glück
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