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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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Geht mit Männern und Frauen ins Bett. Ansonsten weiß ich nichts Näheres über sie. Ich halte sie jedoch für sehr intelligent. Sie manipuliert Menschen. Auf mich machte sie einen ziemlich selbstzerstörerischen Eindruck. Sie geht bis an ihre Grenzen und darüber hinaus. Eines Tages wird sie zweifelsohne zu weit gehen. Sie, Andrea und Lisa waren“, er hob die Hände, „nach Lisas Worten, ein unzertrennliches Gespann.“
    „Woher weißt du das mit dem Gruppensex?“
    Seine Stimme wurde eisig. „Ich war nicht dabei, falls du das vermutest. Ich war auf einer Geburtstagsparty und habe da so meine Beobachtungen gemacht. Als Lydia sie wieder bei sich aufgenommen hat, musste sie ihr versprechen, den Kontakt abzubrechen. Ich weiß nicht, warum sie sich ausgerechnet nach der Grotte und nach Maja sehnt.“
    „Es ist normal, dass sie nach dem fragt, was sie aus ihrem Alleinsein holen könnte.“
    „Wir sind alle allein!“
    „Hat sie dir gegenüber je von ihrem Elternhaus gesprochen?“
    Haralds Miene verfinsterte sich. „Sie wurde verprügelt. Der Vater hatte Glück, dass ich nicht wusste, wer oder wo er war. Ich hätte ihm sonst gerne einen Besuch abgestattet. Kannst du dir das vorstellen? Sein Kind zu verprügeln, ein kleines wehrloses Mädchen.“ Er fasste sich an den Kopf, seine Stimme wurde leise. „Das erste, was mir bei Lisa neben ihrem aufgesetzten Gehabe aufgefallen ist, war diese Zartgliedrigkeit. Wie muss sie erst als kleines Mädchen gewesen sein. Eine kleine Elfe wahrscheinlich. Wie kaputt muss ein Mensch sein, um auf ein so zartes Geschöpf einzuschlagen?“
    „Ihr Schicksal geht dir sehr nahe.“
    Sein Gesicht wurde wieder abweisend. „Ich bin nicht so ein Unmensch wie du glaubst.“ Er erhob sich. „War es das?“ Er war schon fast bei der Tür, als sie ihn zurückhielt. „Einen Augenblick noch.“ Sie zögerte kurz: „Harald. Ich wollte dir noch etwas sagen. Ich habe sehr schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht. Bei manchen Männern endete ihre Liebe oder ihr Begehren schlagartig, wenn sie von meinem Beruf erfuhren. Andere hingegen wollten gerade deshalb mit mir ins Bett, um die vermeintlich überlegene Psychiaterin, ich drücke es jetzt mal absichtlich so aus, flachzulegen. Es ging ihnen nur um Macht.
    „Was?“ Ungläubig starrte er sie an.
    „Doch, doch, das gibt es. Es gibt Männer, die das Gefühl nicht ertragen, dass eine Frau ihnen überlegen sein könnte. Sie dachten, wenn sie mich demütigen würden, gäbe ihnen das ihre Überlegenheit zurück.“
    „Tut mir leid, das zu hören.“ Er nickte. „Und nun hast du natürlich angenommen, dass meine unselige Bemerkung über die tolle Nummer als Erniedrigung gedacht war.“ Er schüttelte den Kopf. „Wie gesagt, ich war wütend und suchte nach einem Weg, die Distanz, die du aufgebaut hattest, zu durchbrechen. Meine Bemerkung war absolut blöde. Als eine Herabwürdigung war sie jedoch nicht gedacht. Ich...“ In diesem Moment klopfte es und ein Oberkörper in Weiß schob sich halb zur Tür herein. „Entschuldige die Störung, Angelika, aber wir warten auf dich.“
    „Ich komme.“
    Der Kollege wollte die Tür schließen, doch Harald griff nach der Klinke. Er drehte sich noch einmal zu ihr um. „Ich kann dir nur sagen, dass es mir sehr leid tut. Sei gewiss, dass ich dich immer respektiert und geschätzt habe. Das musst du doch gemerkt haben.“ Sein Gesicht verdunkelte sich. „Außerdem, wenn du nur eine Bettgeschichte für mich gewesen wärst, hätte mich dein Verdacht wohl kaum so schwer treffen können.“
    *
    Guten Tag. Frau Kaufmann. Ich hatte Sie gar nicht erwartet“, sagte Frau Dr. Dunkelmann und bat Lydia, die seit einer halben Stunde auf die Ärztin gewartet hatte, in ihr Büro.
    „Guten Tag. Ich wollte mich nach Lisa erkundigen. Als ich Sie telefonisch nicht erreicht habe, kam ich lieber hierher.“ Sie setzte sich. „Wie geht es ihr?“
    „Sie hat täglich Therapiestunden.“
    „Sie spricht?“ Über Lydias Gesicht glitt ein freudiges Lächeln.
    „Ja. Sie hat leider ziemlich traumatische Erinnerungen. Wissen Sie vielleicht, ob Lisa als Kind viel in Krankenhäusern war?“
    „Ja. Soweit ich weiß, hatte Lisa als kleines Kind erhebliche Darmprobleme, ständige Entzündungen. Und meines Wissens musste sie auch nach der Geburt länger im Krankenhaus bleiben, weil irgendwelche Blutwerte nicht in Ordnung waren. Außerdem hatte sie gleich nach der Geburt eine Lungenentzündung.“ Sie überlegte. „Wenn ich mich recht

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