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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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Charme, deiner Schlagfertigkeit. Wir schienen so viele Gemeinsamkeiten zu haben. Ich habe mir extra diesen neuen Job gesucht, um bessere Arbeitszeiten und damit mehr Zeit für dich zu haben. Und dann kommst du daher und verdächtigst mich!“ Er schnippte mit den Fingern. „Einfach so!“ Er tippte sich an die Stirn. „Und ich Trottel habe gedacht, du hättest dich vielleicht in mich verliebt, hättest mich ein wenig besser kennengelernt. Stattdessen hast du eine Mauer zwischen uns errichtet. Meine Bemerkung war mies, dafür entschuldige ich mich hier ausdrücklich. Ich konnte einfach nicht mehr klar denken. Ich wollte dich provozieren, herausfordern, wollte diese Mauer durchstoßen. Allerdings, als mir das gelungen war, fühlte ich mich noch mieser, falls dir das ein Trost ist.“ Langsam ging er zur Tür. „Aber ich weiß gar nicht, warum ich mich noch zu rechtfertigen versuche, da du anscheinend doch schon ein ganz genaues Bild von mir in deinem Kopf hast.“ Ohne sich umzublicken, verließ er ihr Büro.
    *
    Lisa hatte sich wieder in ihr Schneckenhaus zurückgezogen. Die Therapiestunden waren für Frau Dr. Dunkelmann und sie sehr anstrengend. Das einzige, was Lisa jedes Mal fragte, war, wann Harald sie wieder besuchen würde.
    „Aber du hast ihn doch weggeschickt.“
    „Das hab ich doch nicht so gemeint“, heulte Lisa. „Dann darfst du so etwas auch nicht sagen. Du musst immer davon ausgehen, dass Menschen dich beim Wort nehmen.“ Als Lisa nichts erwiderte, fuhr sie fort: „Du hast gesagt, er hätte dir immer geholfen.“
    Lisa schniefte. „Er hat mich immer beschützt.“
    „Wovor?“
    „Vor den anderen Männern, wenn sie zudringlich werden wollten. Als ich mal von so einem Widerling begrabscht wurde und ihm Bier in den Schoß gekippt habe, wollte der mich schlagen, und da ist Harald dazwischen gegangen.“
    „War er dein Liebhaber?“
    Nein. Er hat mich nie angerührt.“
    „Das klingt enttäuscht. Wolltest du mit ihm schlafen?“ Lisa senkte den Kopf. „Ich habe versucht, ihn zu verführen. Ich habe sogar mehrmals nackt neben ihm geschlafen. Aber er wollte nicht. Er hat gesagt, ich hätte den Körper einer Frau, aber die Augen eines Kindes.“
    „Und das hat dich geärgert?“
    „Ja, ich war sauer und wollte gehen. Aber er hat mich festgehalten und mich gefragt, ob ich öfter nachts mit fremden Männern mitgehe, und mich gewarnt, wie gefährlich das sei. Und dann hat er Lydia angerufen und ihr gesagt, dass ich bei ihm bin und dass sie sich keine Sorgen machen solle. Am nächsten Morgen hat er mich dann zu ihr gebracht.“ Bei der Erinnerung begann Lisa wieder zu weinen. „Er war immer für mich da, er war mein Freund, und ich habe ihn verraten.“
    „Er scheint dir doch nicht mehr böse zu sein.“
    „Glauben Sie, dass das stimmt?“ Sie sah die Psychiaterin unsicher an. „Ob er mich wieder besucht?“
    „Du hast ihn sehr gern.“
    Lisa nickte heftig. „Ja, ich vermisse ihn.“ Sie begann wieder zu schniefen, und die Ärztin reichte ihr ein Taschentuch. „Ich habe ihn eher selten gesehen, aber wenn, war es immer lustig. Manchmal habe ich ihm auch von meinen Problemen erzählt.“
    „Was heißt selten?“
    „Na ja, am Anfang öfter. Aber dann, als er beim Tierarzt gearbeitet hat, habe ich ihn so gut wie gar nicht mehr gesehen, und in die Grotte kam er auch nicht mehr. Ich war ein paar Mal bei ihm zu Hause, aber er war nie da. Da war er wahrscheinlich bei Lydia.“
    „Du sprachst neulich von einem Verrat.“
    „Ist doch egal. Es ist überhaupt alles egal. Ich hasse mein Leben, ich hasse das hier, und ich hasse Sie.“ Sie stand auf und rannte aus dem Zimmer.
    *
    Harald wurde von Schwester Ines zum Büro von Angelika geführt. „Frau Dr. Dunkelmann hat noch ein paar Fragen an Sie.“ Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen. Harald hatte gerade einen anstrengenden Besuch bei Lisa hinter sich. Unwillig klopfte er und betrat Angelikas Büro. Sie stand über ihren Schreibtisch gebeugt und notierte etwas. Sie blickte auf und kam auf ihn zu. „Hallo Harald.“
    „Hallo.“ Sein Gesicht war verschlossen.
    Sie wies auf die Sitzecke. „Wie war dein Besuch bei Lisa?“
    „Wenn sie weiter so abnimmt, ist sie bald nicht mehr vorhanden.“
    „Darf ich fragen, worüber Ihr gesprochen habt?“
    Er lehnte sich zurück und starrte an die Decke. „Sie will mit mir mit, wenn ich weggehe, sie fragt ständig nach der Grotte und nach Maja.“
    „Wer ist Maja?“
    „Eine Barsängerin, eine Sirene.

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