Verwunschen
von so undurchdringlich tiefschwarzer Dunkelheit umgeben, als habe ihnen jemand Kapuzen übergestülpt. Für einen Moment schwiegen sie alle drei. Dann stöhnte Patrick.
»Was sind wir nur für Idioten. Wie konnten wir ohne Ersatzbatterien hier heruntersteigen!«
»Tja, zu spät«, meinte Kylah trocken.
Wie konnte sie in dieser Lage nur so ruhig bleiben?
Mona versuchte, sich die in ihr aufsteigende Panik nicht anhören zu lassen.
»Was können wir tun? So finden wir niemals wieder heraus, und hier unten wird uns keiner suchen, oder hast du jemandem gesagt, wohin wir gehen?«
Kylah machte den letzten Hoffnungsschimmer zunichte. Mona ahnte, dass sie den Kopf schüttelte. »Nein, davon weiß keiner, aber das heißt nicht, wir werden in dieser Höhle elend zugrunde gehen.«
Sie griff tröstend nach Monas Hand. »Kommt, ich führe euch. Könnt ihr das Wasser plätschern hören? Es ist nicht mehr weit bis zur Quelle.«
Verwirrt und voller Angst folgte Mona ihrer neuen Freundin. Sie hörte Patricks Schritte auf Kylahs anderer Seite. Langsam, aber mit sicherem Tritt ging diese weiter. Mona wusste nicht, wohin sie das führen mochte, doch war jeder Schritt nach vorn besser, als sich hier auf dem Boden zusammenzukauern und der Verzweiflung zu überlassen. Und so tappten sie unsicher voran und lauschten auf den gurgelnden Klang des Wassers, der immer deutlicher wurde.
»Wir sind gleich da«, sagte Kylah bereits zum dritten Mal. Mona blieb stumm und konzentrierte sich darauf, nicht zu stolpern. Sie lauschte dem leisen Plätschern des Wassers. Kamen sie dem Geräusch wirklich näher? Sie war sich nicht sicher und konnte sich nur wundern, wie es Kylah gelang, trotz der undurchdringlichen Finsternis den Weg zu finden. Das war eigentlich unmöglich!
Nun, möglich oder nicht, jedenfalls war Mona über die Zuversicht in ihrer Stimme dankbar. Ob Patrick ebensolche Angst hatte? Auch er schwieg und stolperte an Kylahs anderer Hand durch die Dunkelheit voran.
Dann blieb Kylah stehen. Für einen Moment ergriff Mona die Furcht, die Irin wüsste nun auch nicht mehr weiter, doch dann erklang Kylahs fröhliche Stimme:
»Wir sind am Ziel! Kniet euch hin und taucht die Hände ins Wasser. Ihr müsst davon trinken und euer Gesicht darin baden. Öffnet die Augen unter Wasser!«
Mona spürte Patrick an ihrer Seite. Sie tastete den Boden vor sich ab und spürte glatten, nassen Stein unter den Fingern. Vorsichtig rutschte sie weiter vor, bis ihre Hände die Kante ertasteten und ihre Finger ins Wasser glitten. Es war sehr kalt! Doch es fühlte sich rein und klar an, sodass Mona ihre Brille abnahm, sich vorbeugte und ihr Gesicht mit weit aufgerissenen Augen ins Wasser tauchte. Gierig trank sie einige Schlucke. Das eisige Wasser traf wie mit Tausenden spitzer Nadeln ihre Haut, doch als sie sich wieder aufrichtete und ihr Gesicht mit dem Ärmel abtrocknete, durchrieselte ein angenehm warmes Gefühl ihren Körper. Plötzlich war die drohende Panik vergessen, und sie fühlte sich ruhig, ja, beinahe glücklich und geborgen, so als sei sie in diesem Moment daheim in ihrem sicheren Bett, statt in tiefster Finsternis irgendwo in einem Höhlenlabyrinth verloren.
»Und?«, erkundigte sich Kylah.
Was wollte sie hören, fragte sich Mona ein wenig verwirrt. Da keuchte Patrick neben ihr auf.
»Das gibt es doch nicht!«
Mona setzte ihre Brille wieder auf. Was?, wollte sie sich gerade erkundigen, doch sie öffnete nur tonlos den Mund. Erst war es nur ein Schimmern, das sie für eine Täuschung hielt. In völliger Dunkelheit kann man sich leicht etwas einbilden. Doch dann wurde der Schimmer zu einem grünlichen Glühen, und sie konnte die Konturen der Felsen ausmachen und das Wasser vor ihr, dessen schwarze Oberfläche sich leicht kräuselte. Nun erkannte Mona auch, woher das Plätschern kam. Das Wasser drang aus einem Spalt in der Felswand und floss über eine kleine Stufe herab, um sich dann in dem Becken, vor dem sie knieten, zu sammeln.
»Und?«, fragte Kylah noch einmal.
Mona wandte sich ihr zu und konnte nun auch ihre Gestalt als rötliche Kontur, die immer deutlicher wurde, vor einer steinernen Säule ausmachen.
»Das ist unglaublich!«, stieß Mona hervor. »Ich kann dich sehen! Dich und alles andere auch. Wie ist das möglich?«
Sie sah, wie Kylah die Schultern hob. »Es ist die Quelle der Sehenden. Ihr Wasser macht Magie sichtbar. Es gibt nicht nur ein paar magische Wesen auf der Welt. Das ganze Land ist von Magie durchdrungen: die Bäume,
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