Verzaubert fuer die Ewigkeit
stand und zuhörte, und sie betete gleichzeitig darum, dass er es nicht tat. Sie konnte die Erniedrigung kaum ertragen. »Ich bin daran gewöhnt und zu alt für eine Zukunft mit irgendeinem Mann«, erklärte sie mit leiser und bitterer Stimme. »Meine Narben sind so abschreckend, dass ich sie keinem Mann zeigen kann.«
»Tust du dir damit nicht schrecklich unrecht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich verdiene diese Strafe, weil ich einem Mann so leicht vertraut habe. Doch mit jedem Schlag der Peitsche spürte ich damals nur den Schmerz, und ich behielt die Narben als Erinnerung zurück. Doch während mein Vater mich schlug, hat meine Mutter geblutet.«
Sein Gesicht wurde blass. »Oh mein Gott.«
»Sie ist verblutet.« Fionna schluckte. »Und nun bitte mich darum, dir zu vergeben.«
Er konnte es nicht. Ian sah ein Leben voller Schuld vor sich. Er hatte gewusst, dass sie und ihre Mutter eng verbunden
gewesen waren, doch er hatte sich nicht träumen lassen, dass Lady Egrain seiner Selbstsucht wegen gestorben war.
Fionna ging zur Tür und riss sie auf. Die Halle war leer. Sie ging ein paar Schritte und sah Raymond ein Stück weiter unten im Gang stehen, eine einsame Gestalt in der Dunkelheit.
»Ihr habt zugehört.«
»Ein wenig.«
»Habe ich denn überhaupt keine Privatsphäre?«
Raymond wollte sie umarmen, ihren Schmerz mit ihr teilen, doch er konnte spüren, dass sie ihn einfach ausschloss. Ihm war, als hätte er sie nie umarmt und auch nie geküsst. »Es tut mir Leid.«
»Ich habe die Männer satt, die sagen, dass es ihnen Leid tut und die glauben, dass damit all das Unrecht wieder vergessen ist, das uns Frauen angetan wird.« Fionna drehte sich um, und Raymond wusste, dass sie davonlaufen und genauso verschwinden würde, wie sie es in den letzten Tagen schon getan hatte. Doch diesmal würde er sie nicht entkommen lassen. Er eilte zu ihr und ergriff ihre Hand.
Sie wand sieh und versuchte, sich aus seinem Griff zu lösen. »Lasst mich in Ruhe.«
»Nein.« Ihre Brauen hoben sich in dieser hochmütigen Art, die er schon kannte. »Ich habe das jetzt satt, Fionna«, erklärte er und zog sie hinter sich her, als er zur Haupttreppe schritt.
»Das geht euch nichts an.«
»Doch.« Er ging die Treppe hinauf und zog sie mit sich.
»Raymond, hört auf damit!«
Die Menschen unten in der großen Halle lachten und klatschten, und Fionna sah sie irritiert an. Ian stand am Fuß der Treppe, schaute hinauf, hatte die Arme verschränkt, und ein hoffnungsvoller Ausdruck lag auf seinem Gesicht.
»Ihr bringt mich in Verlegenheit«, beschwerte sie sich.
»Zu schade.«
»Raymond DeClare!«
Er hielt inne, wandte sich ihr zu und sah sie mit einem entschlossenen Blick an. »Seid still«, sagte er mit hartem Ton. Dann ging er weiter zu seinem Gemach und zwang sie zu rennen, um mit seinen langen Schritten mithalten zu können.
Vor seiner Kammer stemmte sie sich gegen ihn. »Ich werde dort nicht hineingehen.«
Er schob die Tür auf und schob sie in den Raum. »Nun seid Ihr ja schon drin.«
Sie umkreiste ihn wie eine in die Ecke getriebene Katze. »Mir ist wenig Ansehen erhalten geblieben, und das Wenige zerstört Ihr nun, indem Ihr mich zwingt, hier mit Euch allein in Eurer Kammer zu sein?«
Er schlug die Tür zu und schob den Riegel vor. »Was geht mich Euer Ansehen an? Ihr behauptet, eine Hexe zu sein und dass Ihr Eure Leute hintergangen habt, Fionna O’Donnel. Das ist kein Geheimnis! Was bleibt noch übrig? Eure Tugend?«, spottete er und sah sie eindringlich an. »In Eurem Alter glaube ich kaum, dass sie noch intakt ist.«
Sie schlug ihn. Der Abdruck ihrer Hand breitete sich auf seiner Wange aus, und er überraschte sie mit einem leichten Lächeln. »Jetzt verhaltet Ihr euch wie die Frau, die ich kenne. Und nicht wie die Frau, die in den vergangenen Tagen davongerannt ist und sich vor mir versteckt hat.«
Er hatte sie geküsst, während er eine andere Frau als Eheweib in Betracht gezogen hatte. Was sollte sie tun? Vor Freude springen? »Ich habe mir Erleichterung von Eurer ständigen ... Piesackerei zu verschaffen gesucht.«
Sein Blick verriet ihr, dass er ihr keinen Moment glaubte. Dann wandte er sich ab und ging umher, zündete Kerzen an und bereitete ein Feuer im Kamin vor.
Fionna fühlte sich einen Augenblick lang wie gelähmt, weil ihr klar war, dass diese Kammer ihrer Mutter gehört hatte, und weil sie sich seines Bettes hinter ihr bewusst war. Sie wollte nicht sehen, wohin er seine neue Frau
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