Verzaubert in Florenz
überzog. Wieso hatte dieser unbekannte Italiener sie derart böse angesehen? Vielleicht war er ja allergisch gegen Blondinen. Aber entsprach sie mit ihrem hellen Haar nicht sogar dem florentinischen Schönheitsideal der Renaissance? Allerdings hatte sie keine haselnussbraunen, sondern fast schwarze Augen, ein Erbe ihrer spanischen Urgroßmutter. Bisher hatten Männer den Kontrast zwischen ihrem hellen Haar und den dunklen Augen immer bewundert. Der Italiener von vorhin schien da anderer Meinung zu sein. Nicht dass es ihr etwas ausmachte, denn sie würde ihn wohl kaum noch einmal wiedersehen.
Georgia wartete, bis der Mond aus ihrem Blickfeld verschwunden war, und ging dann widerstrebend ins Bett, wo sie eine unruhige Nacht verbrachte, in der ein blauäugiges Monster durch ihre Träume geisterte.
2. KAPITEL
A m nächsten Morgen wurde Georgia sehr früh von der Sonne geweckt und war schon lange reisefertig, ehe Tom an ihre Tür klopfte und meldete, dass auf dem Balkon nebenan ein Frühstück für drei Personen auf sie warte.
Zu Georgias Erleichterung fühlte sich ihre Schwester wieder völlig gesund und machte sich mit einem wahren Heißhunger über das reichhaltige Frühstück her. Nachdem sie zwei Kannen Kaffee geleert hatten, stand Georgia schließlich auf.
“Ihr wisst ja, unter welcher Nummer ich in der Villa Toscana zu erreichen bin. Ruft mich bitte an, bevor ihr zurückfliegt”, sagte sie und küsste die beiden zum Abschied.
“Wir werden dich schon morgen anrufen”, versprach Charlotte. “Ich möchte mich vergewissern, dass es dir dort gut geht.”
Georgia umarmte ihre Schwester noch einmal und ging dann nach unten zur Rezeption, wohin einer der Pagen bereits ihr Gepäck gebracht hatte. Man teilte ihr mit, dass noch niemand nach ihr gefragt habe, und sie setzte sich in einen der tiefen, mit weinrotem Brokat bezogenen Polstersessel des Foyers, holte eine große Sonnenbrille aus der Handtasche und vertiefte sich in eine der herumliegenden Zeitschriften. Während sie darin blätterte und sich mit den neuesten Kreationen italienischer Modeschöpfer vertraut machte, warf sie hin und wieder einen Blick zur Rezeption, doch niemand schien auf sie zu warten.
Über einige besonders ausgefallene Modelle musste sie lächeln und hoffte, dass ihre legere Reisekleidung Signor Sardis Geschmack entsprechen würde. Sie trug eine sandfarbene Leinenhose, die ihre langen Beine wirkungsvoll zur Geltung brachte, eine weiße ärmellose Seidenbluse, flache braune Ledersandaletten und eine Handtasche in der gleichen Farbe. Das lange blonde Haar hatte sie mit einem goldbraun gestreiften Seidenschal im Nacken zusammengebunden.
Georgia sah erneut zur Rezeption und versteifte sich, als sie dort eine wohlbekannte Gestalt im Gespräch mit einer der Empfangsdamen entdeckte. Schon wieder dieser arrogante Italiener, dachte sie verärgert und versteckte ihr Gesicht hinter einer Zeitschrift in der Hoffnung, er würde weg sein, wenn sie an die Rezeption gerufen wurde.
“Signorina Fleming?”, vernahm sie plötzlich eine ihr seltsam vertraute Stimme. Georgia sah überrascht hoch. Direkt vor ihr stand der Mann aus dem Flugzeug, bekleidet mit einer weißen Leinenhose von edelstem Schnitt und einem Hemd, so blau wie seine Augen, deren Blick sie in der vergangenen Nacht bis in ihre Träume verfolgt hatte.
Sie nickte hoheitsvoll.
“Erlauben Sie bitte, dass ich mich Ihnen vorstelle”, sagte er auf Italienisch. “Ich bin Gianluca Valori.”
Der Name kam ihr irgendwie bekannt vor. Etwa ein Fußballer? Seinem Tonfall nach schien er jedenfalls zu erwarten, dass ihr der Name ein Begriff war. Georgia sah ihn durch ihre dunklen Brillengläser stumm an.
“Ich soll Sie zur Villa Toscana fahren, Miss Fleming”, fuhr er fort, sichtlich irritiert, weil sie so beharrlich schwieg. “Marco Sardi ist mein Schwager. Falls Sie mir nicht glauben, wird der Hotelmanager meine Identität gern bestätigen.”
“Das wird nicht nötig sein, Signor Valori.” Georgia sprach die Landessprache fließend, aber mit leichtem Akzent, den, wie sie aus Erfahrung wusste, die meisten Italiener jedoch besonders charmant fanden. Dass der Mann vor ihr diese Meinung nicht teilte, war klar. Sein arrogantes Benehmen ärgerte Georgia, und sie stand auf, schwang sich die Handtasche über die Schulter und teilte ihm mit, dass ihr Gepäck neben dem Empfangstresen stehe.
Gianluca Valori brauchte dort nur zu erscheinen, und schon umschwirrte ihn ein Heer von Bediensteten, um
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