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Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Rübsam war nett, aber von Klamotten hatte er keine Ahnung. Leander meinte, man würde Augenkrebs bekommen, wenn man sich Herrn Rübsam genauer ansehe. Er solle sich dringend mal für die Sendung Extrem schön! bei RTL 2 bewerben, die Leander neuerdings montagabends mit Mama zu schauen pflegte. (Mama wusste das natürlich nicht, schwärmte aber davon, dass sie sich immer so entspannt und behütet fühle, wenn sie die Sendung anguckte – was sicherlich auch daran lag, dass dort viel getuscht und gekämmt und geschminkt wurde.)
    Sein Lächeln machte Herrn Rübsam auch nicht schöner. Er hatte schiefe Zähne, denen man deutlich ansah, dass er fast alle Pausen im Raucherlehrerzimmer verbrachte. Trotzdem war er der einzige Lehrer, der es schaffte, uns eine oder manchmal auch zwei Stunden lang ruhig zu halten. Er schrie nie herum. Er redete immer leise und wir hörten ihm automatisch zu.
    Es gab nur eine Sache an ihm auszusetzen – er hatte fürchterliche Angst vor meiner Mutter. Wenn meine Mutter ihm befohlen hätte, in einem Strandkleid und mit einem Topf auf dem Kopf durchs Schulhaus zu laufen, hätte er es getan. Nachdem Giuseppe meine Eltern darauf gebracht hatte, dass ich Parkour machte, hatte Mama sich bei Herrn Rübsam ausgeheult und ihn darum gebeten, »ein Auge auf mich zu werfen«. Und oh ja, das hatte er. Nicht nur eins, sondern gleich alle beide. Auch jetzt fielen seine Blicke als Erstes auf mich. Er musterte mich von oben bis unten, als wolle er checken, ob ich neue Verletzungen trug. Tat ich aber nicht. Von Sit-ups bekam man keine Verletzungen. Nur Bauchmuskelkater.
    »Also gut«, sagte Herr Rübsam sanft und der Tumult in der Klasse legte sich. »Guten Morgen, Mädchen und Jungen.« Sofie verkniff sich ein Kichern und auch ich verdrehte die Augen. Mädchen und Jungen. Kein anderer Lehrer sagte das zu uns. Herr Rübsam kratzte sich kurz am Kopf und ein paar Schuppen rieselten auf sein kariertes Sakko.
    »Uuuh«, machte Leander. Ich drückte ihm meine Sneakers in den Rücken, damit er seinen Mund hielt.
    »Ich kann es ja kaum glauben, aber ich habe eure Tests immer und immer wieder durchgesehen und – na, was soll ich sagen. Ihr habt es tatsächlich geschafft und euren Klassendurchschnitt von 3,3 auf 2,9 gehoben. Gratulation.«
    Ein paar Sekunden lang konnten wir es selbst nicht fassen und starrten Herrn Rübsam stumm an. Dann brach der Jubel los.
    »Es gibt eine Überraschung«, rief Sofie aufgeregt. Sogar Serdan ließ sich zu einem knappen Lächeln herab. Herr Rübsam hob beschwichtigend die Hände.
    »Nur ruhig. Ihr wisst ja noch gar nicht, was für eine Überraschung ich für euch ausgesucht habe. Vorab möchte ich sagen, dass ihr diese Überraschung vor allem einer Schülerin zu verdanken habt, deren Leistungen mich –« Herr Rübsam räusperte sich. Wir schauten zu Alina hinüber. Sie musste es gewesen sein. Sie hatte uns die Überraschung ermöglicht! Alina war die Beste von uns Mädchen. Aber Herr Rübsam schaute nicht zu Alina. Nein, er schaute mich an.
    »Es geschehen wohl noch Zeichen und Wunder«, verkündete er und hielt seine Augen weiter auf mich gerichtet. »Unsere wilde Luzie hat eine erstklassige Französischarbeit abgeliefert und dazu freiwillig einen Deutschaufsatz geschrieben.«
    Wie bitte? Einen Aufsatz? Ich hatte keinen Aufsatz geschrieben. Doch Herr Rübsam zog drei aneinandergeheftete, eng beschriebene DIN-A4-Blätter aus seiner schmuddeligen Aktentasche.
    »Mein Leben mit Johnny Depp. « Er schmunzelte und hinter mir begannen ein paar Mädchen zu tuscheln. Mein Leben mit Johnny Depp!?
    »Na ja«, fuhr Herr Rübsam erheitert fort. »Ich habe kein Thema vorgegeben und bei Aufsätzen dürft ihr eure Fantasie frei walten lassen – warum nicht über einen Filmstar schreiben? Offensichtlich hast du sehr genau recherchiert, Luzie.«
    »Ich – ich …«, stammelte ich verlegen. »Ich habe doch gar nicht …« Doch Herr Rübsam hatte schon die zweite Seite aufgeschlagen und begann vorzulesen.
    »›Johnny Depp gehört zu den wenigen Männern, die ihre Körperpflege ein oder zwei Tage vernachlässigen können, ohne zu stinken. Vermutlich beruht diese Besonderheit darauf, dass er kaum Behaarung an Brust, Armen und Beinen aufweist. Er hat seine Haare dort, wo sie hingehören – auf dem Kopf. Wellig und weich und für sein Alter immer noch sehr füllig.‹«
    Das Tuscheln hatte sich in ein lautstarkes Lachen verwandelt. Serdan stierte mich fassungslos an und Billy rutschte japsend vom

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