Veyron Swift und das Juwel des Feuers
Einbildungen und Spinnereien. Denen konnte ich nicht helfen, das konnten nur Therapeuten. Lediglich ein einziger Fall erwies sich als interessant: Mr. Pete Tweed, der Inhaber eines Schrottplatzes, beklagte sich, dass er seit gut einer Woche von Kobolden heimgesucht würde. Sie klauten alle funktionstüchtigen Apparate und richteten dabei ein heilloses Chaos an. Tweeds Beschreibung der Kobolde deckte sich mit denen Rashtons. Sogar das Verhalten und die Beschreibung der Kobold-Sprache war mit der Rashtons identisch.
»Also legte ich mich auf die Lauer, genau darauf achtend, von den sensiblen Kobold-Sinnen nicht aufgespürt zu werden. Sie können im Dunkeln hervorragend sehen, noch besser riechen und auch ausgezeichnet hören. Die ersten Versuche erwiesen sich als Fehlschläge. Sie hatten mich offenbar ausgemacht und die Flucht ergriffen. Doch ich wurde vorsichtiger und schließlich sah ich die Kerle mit eigenen Augen.
Kobolde gehören zur Familie der Schrate, boshaften, menschenartigen Kreaturen, zu denen auch die Orks gehören. Kurzgewachsen, krummbeinig, mit hässlichen Gesichtern und gespenstischen Katzenaugen. Ich konnte allerdings gegen diese Kreaturen nicht viel ausrichten. Ich musste tatenlos zusehen, wie sie eine Menge Schrott zusammenrafften und spurlos mit Ihrer Beute verschwanden - zurück zu einem geheimen Durchgang nach Elderwelt, jenem Ort, den Rashton einst mit so schönen Worten beschrieb, und zu dem Floyd Ramer gegangen war. Dieses Erlebnis ließ mich weitere Spuren ungewöhnlicher Wesen suchen. Ich stieß auf die Vampire von Surrey, drei Brüder, die vor drei Jahren einige abscheuliche Morde begangen hatten. Inspektor Gregson hielt mich für einen Verrückten, genau wie Willkins und die anderen vom Revier. Inzwischen tun sie das nicht mehr. Wahrscheinlich wegen der Vampire und ihrem unschönen Abgang im Sonnenlicht; oder vielleicht doch eher wegen des Trolls, den ich vor zwei Jahren aufspürte? Er hatte die Nachbarschaft von Woking terrorisiert und dort mit Vorliebe Bäume ausgerissen und Scheiben eingeschlagen, ganz zu schweigen von den drei Opfern, die er aufgefressen hat. Oder wegen der Kobolde, die in Notting Hill Autos anzündeten – wahrscheinlich dieselbe Bande, die schon Tweeds Schrottplatz plünderte. Dieses Abenteuer endete in einer üblen Schießerei, es floss eine Menge Koboldblut. Es ist übrigens schwarz, falls dich mal jemand danach fragen sollte.«
Tom starrte Veyron an. Er suchte nach einem Anzeichen, dass er erneut veralbert wurde oder das Veyron irgendwie anderweitig verrückt wäre. Jane hatte gestern Nacht jedoch nicht gelacht, ebenso wenig Dr. Strangley. Einen dermaßen Verrückten würde die Polizei sicherlich nicht frei herumlaufen lassen. Also blieb nur ein einziger Schluss übrig: Alles, was Veyron Swift erzählte, musste die Wahrheit sein. Toms Aufregung kehrte zurück. Für einen Moment suchte er nach den richtigen Worten.
»Wow. Cool«, war alles, was er herausbrachte. Das rang Veyron ein Lächeln ab.
»Ja, das war damals auch meine erste Reaktion«, meinte er. Sein Lächeln wuchs noch einmal in die Breite, nicht wegen der Anerkennung, die er von Tom erfuhr, sondern wegen der Textnachricht, die soeben auf seinem Smartphone erschien.
„Ich hab was Interessantes für Sie. Dury Manor, Library Street, Brentford. Gregson.“
Er zeigte die Nachricht Tom, der nun noch nervöser und unruhiger wurde. Das Geschirr klapperte, als Tom die Tischkante umfasste, so sehr stand er unter Anspannung.
»Bist du also für ein weiteres Abenteuer bereit, Tom«, fragte Veyron. Tom sprang sofort vom Stuhl, so heftig, dass Teller und Tassen beinahe fliegen lernten.
»Jederzeit, Sir!«
Sie riefen ein Taxi; ein klassisches Black Cab, da Veyron kein Auto besaß, und im Nu befanden sich auf dem Weg nach Brentford. Es war ein großes Anwesen mit einem sehr üppigen, gepflegten Garten voller uralter Bäume und mittendrin Dury Manor, ein sakral anmutendes Gutsherrenhaus aus rotem Backstein, alt und verwittert.
Am Eingang wurden sie von Jane empfangen, die sie sofort hineinführte. Das Innere des Hauses war auf sehr altmodische Weise eingerichtet, aber Tom fand es dennoch recht gemütlich. Überall große Plüschmöbel und Ohrensessel, orientalische Teppichböden und mit Holz vertäfelte Wände. An den Decken hingen eiserne Kronleuchter. Nirgendwo ein Schimmer der Moderne. Wer auch immer hier wohnte, er mochte die heutige Welt nicht und schwelgte in der Vergangenheit des frühen 20.
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