Veyron Swift und das Juwel des Feuers
sterben. Sie war für die Korrespondenz des Professors zuständig, vereinbarte Termine und erledigte allen geschäftlichen Schreibkram. Für unseren Täter war es nur logisch anzunehmen, dass sie diese brisanten Nachrichten an Darings Kontakte weitergeben würde. Daring besitzt keinen Computer, nirgendwo im ganzen Haus. Vermutlich wusste der alte Mann nicht einmal, wie diese aus seiner Sicht neumodischen Teufelsdinger funktionierten. Daring tippte noch immer – vollkommen anachronistisch – mit Schreibmaschine. Also war er auch bei der Nachrichtenübermittlung auf die althergebrachten Methoden angewiesen.
Unser Täter wusste das. Deshalb tötete er Miss Burrows, in der Hoffnung die brisante Nachricht abzufangen. Das arme Mädchen war jedoch gar nicht in ihrem Besitz. Also war als nächstes Daring an der Reihe. Offenbar war er für den Mörder die größere Gefahr, weswegen er nicht wieder seine Riesenbestie einsetzte, sondern diesmal selbst Hand anlegen musste. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wen der Professor eigentlich warnen wollte. Eventuell können wir das nächste potentielle Opfer unseres Freundes mit dem Flammenschwert – ich nenne ihn jetzt mal Joe – identifizieren und warnen«, schlussfolgerte Veyron. Er schloss die Schubläden wieder und sah sich weiter um. Gregson und Jane schenkten sich ratlose Blicke. Tom schaute neugierig zu, wie Veyron mit nervös herumzuckenden Händen den Schreibtisch durchsuchte, wie als wären seine Finger Fühler, die – Sensoren gleich – in der Lage wären, von allein das Gesuchte aufzuspüren.
»Woher wissen Sie, dass er jemanden warnen wollte? Vielleicht hat Flammenschwert-Joe die Quelle der Gefahr mit dem Mord an Daring bereits zum Schweigen gebracht«, meinte Gregson. Aber Veyron schüttelte nur den Kopf. Er deutete nacheinander auf das Arbeitszimmer, die Wände, die Vitrinen, die Plüschmöbel und zuletzt auf den toten Professor.
»Sehen Sie sich um. Nichts ist zerstört, nichts aufgebrochen und durchwühlt. Alles wurde feinsäuberlich so belassen, wie vor dem Mord. Ich stelle mir das Ganze so vor: Joe verschafft sich Zugang zum Haus. Wahrscheinlich wusste der Professor bereits, dass er kommen würde. Er hat es aus dem grausamen Tod seiner Sekretärin geschlossen. Joe fürchtet den Professor, darum muss er diese Tat selbst ausführen. Niemand sonst hätte Aussicht auf Erfolg, nicht einmal seine Bestie. Doch der Professor ist gewarnt und erwartet seinen Feind im Arbeitszimmer. Er sitzt hinter dem Schreibtisch, begrüßt Joe, als dieser hereinkommt. Er informiert ihn, dass es zu spät ist. Die brisante Information wurde bereits weitergegeben. Joe packt die Wut, denn seine Machenschaften drohen zu scheitern. Er ist ein böswilliger Kerl, der zu schrecklicher Gewalt neigt. Die arme Miss Burrows könnte das sicher bestätigen; säße ihr der Kopf noch auf den Schultern. Joe zieht sein Schwert, sticht es dem Professor durchs Herz. Daring hat den Tod jedoch erwartet, er leistet keine Gegenwehr. Wahrscheinlich weiß er, dass er Joe nicht gewachsen ist. Er ist allerdings zuversichtlich, dass jemand anderes Joe zur Strecke bringen wird – mit der Information, die er rechtzeitig weitergeben konnte.
Joe dagegen erkennt, dass er einen Fehler begangen hat, einen entscheidenden Fehler. Die Zeit läuft ihm davon. Er ahnt, wen der Professor benachrichtigt hat. Es kann nur ein ausgesprochen kleiner Zirkel von Leuten sein, von Joe längst ausgespäht und beobachtet. Er bricht auf, verlässt unverzüglich das Haus des Professors, ohne die Akten zu durchwühlen oder weitere Zerstörung anzurichten. Er muss schnell handeln, seine Pläne sind in Gefahr.«
Alle waren still, als Veyron mit seinen Ausführungen endete. Gregson rieb sich gestresst die Augen.
»Selbst wenn Sie mit Ihren Annahmen recht haben, fehlt uns noch immer jegliche Spur zum Täter. Darings Mörder hat nirgendwo Finger- oder Fußabdrücke hinterlassen. Wir können nicht einmal seine nächsten potentiellen Opfer warnen. Wir wissen nicht, wem Daring diese brisanten Informationen gegeben haben könnte«, meinte der Inspektor ein wenig vorwurfsvoll. Veyron ließ sich davon jedoch kaum in seiner Begeisterung für den Fall einbremsen. Er nahm einfach eines der Notizbücher des Professors zur Hand und schlug es auf.
»Ein Blick in den Terminkalender verrät uns einiges. Professor Daring traf sich in den letzten zwei Wochen nur mit sehr wenigen Leuten. Das meiste sind ehemalige Professorenkollegen oder
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