Vic Daniel 1 - Down in the Valley
die leichten hatte sie alle schon gelöst. Ich war noch nie gut in sowas, was mich immer erstaunte, wenn man das Niveau der Leserschaft bedenkt, welche die Zielgruppe für Kreuzworträtsel darstellte.
Evonne war nach ein paar Minuten mit einer Xerokopie des Gewünschten wieder da. Die Namen waren nicht nach dem Alphabet geordnet, und ich brauchte etwas Zeit, bis ich die richtigen fand, nämlich die, welche mir Jung-Robert am Abend zuvor benannt hatte, aber dann hatte ich sie und schrieb mir die Spindnummern auf. Dies tat ich auf dem Rand eines freien Schreibtischs in einer Ecke des Büros sitzend, aber ich konnte trotzdem keinen Blick auf das erhaschen, was Art’s gewesen war. Aus dem Büro des Stellvertretenden Schulleiters müßte mir das jedoch gelingen, dachte ich; ich hörte, wie er hinter der Tür etwas diktierte.
Dann sah Evonne auf die Uhr und sagte: »So. Dieses Mädchen hat jetzt Feierabend.«
Sie stand auf, warf mir ein Schlüsselbund zu, öffnete die Tür zu Mr. Lowensteins Zimmer und sagte ihm, sie geht jetzt.
»Dann leben Sie wohl«, sagte er. »War das eben Wie-heißt-er-noch, den ich da draußen gehört habe?«
»Wer sonst«, sagte sie. »Dann bis Montag, Boss.«
Ich sah mir die Schlüssel an; es waren vier. Auf dem größten war eine Prägung, »Val-Alarm«, und das überraschte mich nicht, weil ich schon mehrere dieser blauweißen »Valley Alarm Security Armed Patrols«-Schilder ums Schulgelände herum gesehen hatte. Mit dem großen Schlüssel konnte man das gesamte Alarmsystem abschalten; es befand sich in einem Kasten gleich innen neben dem Vordereingang, und wenn man abgeschlossen hatte, blieben einem noch dreißig Sekunden, um hinauszugehen und die Tür mit einem der anderen Schlüssel abzusperren. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß die Tür zu Devs Dienstwohnung mit dem System verbunden sein sollte, weil das bereits alle anderen Türen waren, die dorthin führten, und außerdem: Warum sollte er die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Aber wenn es doch der Fall war, mußte ich ein andermal etwas anderes probieren.
»Der Kasten ist in einem Schrank links, wenn man hinausgeht«, sagte Evonne und überprüfte ihr Gesicht rasch im Spiegel ihrer Puderdose. »Der kleine ist für den Schrank. Der Boss hat ein Schnappschloß; ziehen Sie also einfach die Tür hinter sich zu. Er hat den einzigen Schlüssel; vielleicht versucht Dev reinzukommen, er kann aber nicht rein; zumindest sollte er nicht reinkönnen können.«
»Das fehlte noch«, sagte ich, »daß er mich da drin findet.«
Sie steckte die Puderdose weg. Ich hatte eine Idee.
»Das Telefon vom Boss wird doch nicht automatisch nach Dienstschluß von der Zentrale abgeschaltet, oder?«
»Doch, aber drücken Sie einfach die >i<«, sagte sie.
»Ich glaub, das schaffe ich«, sagte ich.
»Na, dann explodieren Sie mal schön, oder was Sie sonst vorhaben«, sagte sie und ging.
Ich klopfte beim Vize an die Tür, und als er sagte »Verdammtnochmal, nun kommen Sie schon rein«, ging ich hinein und ging schnurstracks an das Fenster mit Blick auf den Parkplatz. Ohne von außen gesehen werden zu können, starrte ich erwartungsfroh hinunter, und da war es, ein wunderschönes, zutiefst befriedigendes Nichts. Da war nicht einmal ein Loch im Erdreich, aber immerhin doch ein verkohlter Flecken; die ganze Wucht der Explosion muß hinauf und weg gewirkt haben. Da war nichts, nicht einmal ein Häufchen Schutt, kein Zahnstocher. Art’s, vormals B&B’s, war so total verschwunden wie, wenn ich zum zweiten- und letztenmal poetisch werden darf, die verblühten Träume vergangner Jahre. Ich fragte mich, ob jenes arabische Genie an den Ufern des Nils, das einst die Null (o) erfand, genauso froh über sein Nichts war wie ich über meins. Ich hoffte es. Ich habe den Mann immer bewundert.
»Gleich bin ich für Sie da«, maulte der Vize. Er hatte aufgehört zu diktieren und tippte nun wütend vor sich hin.
»Gibt es irgend etwas, was so ausdauernd dumm ist wie die kalifornische Schulbehörde?« knurrte er etwas später.
»Ich wüßte was«, sagte ich, »aber vielleicht mögen Sie keine Polackenwitze.«
Er beendete das, was er gerade tat, stellte die Maschine ab und raufte sich die bereits gesträubten Haare.
»Was suchen Sie hier draußen, mein Freund, Ihre vertane Jugend? Ich bezweifle, daß Sie die hier finden werden.«
»Nein, ich suche etwas anderes, was nicht hier ist«, sagte ich. Er starrte mich säuerlich an.
»Ich mache mir Sorgen«, sagte er.
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