Vic Daniel 1 - Down in the Valley
»Sorgen, Sorgen, Sorgen. Von wem ist >Wäre ich Kerzenhändler, würde die Sonne nie mehr untergehen<«?
»Mussolini?« riet ich.
»Kommen Sie her, setzen Sie sich hin, in Gottes Namen«, sagte er, »und hören Sie auf, sich an meinem Jammer zu weiden, falls Sie das gerade tun.«
»Ja, Herr Lehrer«, sagte ich und setzte mich brav.
»Evonne sagt, Sie wollen nachsitzen.«
»Sie hat nicht gesagt, warum.«
Ich zuckte die Achseln.
»Warum?«
Wieder zuckte ich die Achseln.
»Sie glaubt, Sie werden Schaden anrichten.«
»Na, Sie wissen doch, wie Mädchen sind«, sagte ich.
»Was werden Sie tun?«
»Die Malpinsel auswaschen«, sagte ich.
»Schon gut, schon gut«, sagte er gereizt. »Es ist nur zu meinem Besten, ich weiß. Fahren Sie zur Hölle, mein Freund. Da fallt mir ein: Wie geht es Ihnen?«
Ich sagte, gut, danke.
»Mir nicht. Ich bin alt. Ich bin müde. Ich habe es jetzt satt. Ich fahr nach Hause. Die Kaffeemaschine funktioniert. Im Eiswasserbehälter ist Eiswasser. Bücher sind in der Ecke. Vergessen Sie nicht abzuschließen, wenn noch was übrig ist, was man abschließen kann.«
Ich sagte, ich vergesse es nicht.
Mr. Lowenstein knipste seine Schreibtischlampe aus und ging matt davon. Ich überprüfte, ob die »i« auf dem Telefon gedrückt war; sie war gedrückt. Ich überprüfte, ob es ein Freizeichen gab; es gab eins.
Ich mußte noch ein paar Stunden totschlagen, machte es mir gemütlich, warf die Kaffeemaschine an, rollte den Drehstuhl zum Fenster hinüber und machte mich daran, seine Bibliothek zu überprüfen. Nichts war so richtig nach meinem Geschmack, also gab ich mich mit dem Wälzer eines gewissen Maeterlinck über Hummeln zufrieden. Wußten Sie, daß die männlichen Hummeln hin und wieder auf die Hummelkönigin springen und sie totquetschen? Auch eine Art abzutreten.
Nach und nach trollten sich die letzten Fußballfanatiker und Tennisspieler; nach und nach leerte sich der Parkplatz. Gegen sechs beobachtete ich, wie Dev das Stück beweglichen Zaunes vom Eingang wegräumte und für die Nacht verstaute. Ich trank noch eine Tasse Kaffee und begab mich wieder in die Bibliothek. Diesmal wählte ich ein äußerst unangenehmes Paperback von einem gewissen J. H. Fabre und erfuhr etwas äußerst Unangenehmes über das Liebesleben der Gottesanbeterin. Ich würde auch fromm, wenn meine Frau sich plötzlich in eine Kannibalin verwandelte, besonders mit mir als 1. Gang.
Um 19:35h klingelte das Telefon. Es war Sara.
»Okay, Boss«, sagte sie. »Er ist weg.«
»Danke, Kleines.« Ich hatte ihr befohlen, einen Freund mit Auto aufzutun und gegenüber von Dev zu parken; ich wußte nicht, ob er seinen Wagen auf dem Parkplatz oder, für ihn bequemer, vor seiner Tür abstellte. Außerdem wollte ich ihm, egal, wo er die Karre parkte, ein paar Gnadenminuten gewähren, damit er, wenn er etwas vergessen hat, nochmal nach Hause kann, um es zu holen.
»Er ist vor etwa zehn Minuten abgehauen und hatte eine komische Mütze auf«, fuhr sie fort.
»Was habt ihr getrieben, während ich wartete, gefummelt?«
»Igitt. Du bist ein altes Ferkel; hast du das gewußt?« sagte sie plumpvertraulich.
»Schon seit Jahren«, sagte ich und fuhr ebenso plumpvertraulich fort: »Okay, Sara, das war’s. Zisch ab. Wo bist du überhaupt?«
»Beim allernächsten funktionierenden Telefon«, sagte sie. »Etwa drei Straßen weiter in östlicher Richtung. Wir haben das vorher ausprobiert.«
»Vielleicht bist du doch nicht ganz so dämlich«, sagte ich. »Vielleicht. Bis später.«
»Du fiese Sau«, sagte sie. »Willst du mir gar nicht sagen, was du da drin machst?«
»Nein«, sagte ich und legte auf. Ich stellte das Buch zurück ins Regal, den Stuhl hinter den Schreibtisch und machte mich davon.
Zuerst strebte ich dem Umkleideraum der Knaben zu, mit einem Schwitzehändchen die Liste umklammernd, mit dem anderen ein kleines Brecheisen oder Stemmeisen oder meinetwegen auch Brech- und Stemmeisen. Radkappenrunterwuchter? Warum nicht. Es war immer noch mehr als hell genug, aber vorsichtshalber hatte ich die kleine Taschenlampe vom Micky-Maus-Schlüsselring dabei.
Ein sensiblerer Mensch hätte die leeren Gänge als gruselig empfunden, wozu große, leere Gebäude nachts zu neigen pflegen, aber ich schaffte es zu den Spinden, ohne daß mein Haar schlohweiß geworden wäre. Als ich dort war, brauchte ich etwa alles in allem zehn Minuten, um die sechs Spinde, die mich interessierten, aufzubrechen, sie zu durchsuchen, ein paar Bücher zu
Weitere Kostenlose Bücher