Video-Kid
magnetische Schlösser einrasteten. Annabella war eine schlanke, dunkelhaarige Frau mit großen grünen Augen. Früher einmal war sie Scheinbergs Top-Pornostar gewesen, obwohl sie nie eine Sprechrolle gehabt hatte. Aber das lag daran, daß sie niemals sprach. Sie wies eine unerhörte Geschmeidigkeit auf, doch das war schon alles, was ich von ihr wußte. Scheinberg plumpste in einen mit Teppichstoff bezogenen Sessel. Annabella setzte sich neben ihn auf den Boden und legte ihre Arme um eines seiner Beine. Schweigend sah sie uns eindringlich an.
Scheinbergs Gesicht war gerötet. Unentwegt nickte er und klopfte im Rhythmus dazu auf die Lehne. Sanktanna, Moses und ich wagten nicht, uns hinzusetzen. »Nimm die Brille ab«, erklärte ich Moses Moses. »Scheinberg, erkennst du diesen Mann?«
Scheinberg wandte sein Gesicht Moses zu, aber seine herausstehenden Augen sahen ihn leer an. »Mein lieber Kid«, sagte er mühsam, »wenn du nicht dieses entzückende Haar hättest, würde ich nicht einmal dich erkennen. Und ist das dort etwa Sanktanna, deine Frau? Habt ihr beide endlich die wunderbaren Freuden des Körpers, der Vereinigung erfahren? Ich beglückwünsche euch, ich beneide euch darum.«
Mein Herz war voller Verzweiflung. Zu schmerzhaft war deutlich, daß Scheinberg sich ausgerechnet diese Nacht dazu ausgesucht hatte, ein starkes Halluzinogen einzunehmen. Mit ihm war im Augenblick nichts anzufangen. Ich wandte mich daher an seine Frau. »Annabella-Baby«, sagte ich, »ich weiß zwar, daß du niemals sprichst, und ich erwarte ganz gewiß nicht, daß du jetzt und hier eine Ausnahme machst, obwohl die politische Zukunft dieses Planeten auf dem Spiel steht, aber dieser Mann hier ist Moses Moses, der Gründer der Korporation. Er ist nicht tot, nur die Kabale hat ein Interesse daran, ihn auszuschalten. Und jetzt ist sie soweit, uns alle drei töten zu wollen. Wir benötigen daher ganz dringend die Hilfe deines Mannes.« Annabella sah uns mit steinerner Miene an. »Kannst du denn nicht einmal nicken oder sonstwas tun?« Sie bedachte uns mit dem überschwenglichen Nicken einer alternden Seekuh.
Nun versuchte Sanktanna ihr Glück. »Scheinberg«, sagte sie, »wir sind doch deine Freunde. Unser Leben ist in schrecklicher Gefahr. Kannst du uns denn nicht helfen?«
Scheinberg blinzelte. Er zappelte unruhig in seinem Sessel und rieb sich die Nase. »Meine liebe Sanktanna, wie kann ich dir helfen, wenn du dir selbst nicht einmal helfen kannst? Am besten gehst du zu meinen Pornostars, die verstehen dein Problem. Ich bestehe darauf, daß du dir etwas Spaß gönnst.«
»Dieser Mann hat eine starke Droge eingenommen«, sagte Moses. »Seht nur, wie erweitert seine Augen sind.«
Ich nickte. »Tut mir ehrlich leid, Gründer. Aber das konnte ich ja nicht wissen und er auch nicht. Es ist leider ein unglücklicher Zufall. Scheinberg ist ein guter Mensch, und er würde uns sofort helfen, wenn er dazu in der Lage wäre, da bin ich mir ganz sicher.«
»Im Augenblick ist er nicht mehr dazu in der Lage«, bemerkte Moses. »Wir sollten uns lieber einen neuen Plan ausdenken.«
Scheinberg nickte einmal und hörte dann mit dem Nicken gar nicht mehr auf. Offensichtlich war ihm das auch nicht mehr möglich. »Da habt ihr also mein kleines Geheimnis durchschaut! Meine außerordentlich entschuldigenden Entschuldigungen. Ich habe leider euren Besuch nicht erwartet.«
»Das macht nichts, Scheinberg«, erklärte ich ihm und zwang mich zu einem Lächeln. »Ich hinterlasse dir eine Nachricht. Die kannst du dann später lesen, wenn du den größten Spaß hinter dir hast.« Ich trat an seinen Schreibtisch, öffnete eine Schublade und nahm ein Blatt Marke Cremefarben Deluxe heraus. Wie viele von den Alten gab Scheinberg manchmal einer Marotte nach und schrieb Briefe, statt dem Betreffenden über den Bildschirm das direkt mitzuteilen, was er ihm zu sagen hatte. Ich schrieb rasch ein paar Zeilen nieder, in denen ich ihm alle wichtigen Einzelheiten mitteilte. Dann faltete ich das Blatt zusammen und reichte es Scheinberg. Beim dritten Versuch gelang es ihm, das Blatt in die Brusttasche seiner roten Steppjacke zu stecken.
»Du bist also der berühmte Moses Moses«, sagte Scheinberg freundlich. »Weißt du, du bist gestorben, als ich gerade dreiundzwanzig Jahre alt war. Und das ist schon sehr, sehr lange her. Liest du immer noch Riley?«
»Ja, Scheinberg«, sagte Moses. Ich mußte anerkennen, wie klar sein Kopf war. Nicht nur, daß er sich an den Dichter
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