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Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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vertrauen kann.«
    »Wieviel soll ich ihm erzählen?« fragte Armitrage.
    Ich zuckte die Achseln. »Das überlasse ich ganz dir. Ich bringe Sanktanna und Moses zu Münz-Scheinberg. Er fällt mir als einziger ein, der der Kabale auf ihrem Boden begegnen kann.« Ich sah kurz zu Sanktanna hinüber. »Er ist unsere einzige Hoffnung. Jetzt, wo man uns zusammen mit Moses Moses gesehen hat, ist über uns das Todesurteil gesprochen, ganz gleich, was wir tun.«
    »Aber Professor Angelhecht hat doch gesagt, MünzScheinberg sei selbst ein Kabalist«, wandte Anna ein. »Warum gehen wir nicht einfach auf die Straße und verkünden, daß der Gründer Moses Moses zurückgekehrt ist? Binnen kurzem haben wir eine große Schar loyaler Anhänger um uns versammelt und können sie ohne größere Mühe dazu bringen, für uns zu kämpfen. Davon abgesehen steht das Recht auf unserer Seite. Die Kabale ist der Usurpator. Wir brauchen uns nicht wie sie im Dunkeln herumzudrücken. Wir können uns in aller Offenheit zeigen.«
    »Sicher, aber das können wir nicht mitten in der Entkriminalisierten Zone«, antwortete ich. »Die Gegenseite ist sehr gut bewaffnet und verfügt womöglich über Gewehre und noch Schlimmeres. Ich meine auch, wir sollten Moses' Rückkehr nicht nur einer zufälligen Zuhörerschaft auf der Straße verkünden, sondern es der ganzen Welt mitteilen. Andernfalls könnten die Kabale und ihre Helfershelfer uns zu leicht ausschalten und dann der Öffentlichkeit mitteilen, es habe sich bei der angeblichen Rückkehr nur um die Hirngespinste einiger Geistesverwirrter gehandelt. Nein, wir müssen die Menschen über Band erreichen. Eine Übertragung, die alle sechs Millionen Bewohner des Planeten gleichzeitig sehen können. Auf diese Weise dürfte es der anderen Seite schwerfallen, uns aufzuhalten. Ganz zu schweigen davon, daß die Kabale uns nicht mehr gesondert verfolgen kann, wenn jedermann Bescheid weiß; außer, wir kommen ihnen gerade in die Quere, wenn sie dabei sind, Moses Moses zu töten. Münz-Scheinberg kann uns helfen. Er hat Zugang zu so vielen Sendekanälen wie niemand sonst auf Telset. Wir sind auf seine Hilfe angewiesen; sonst rettet uns nichts mehr. Armitrage, lauf doch bitte nach oben in den Vorratsraum und hol uns allen Infrarotbrillen. Ich kümmere mich solange um Quadra. Und bring meinen ganzen Smuff mit; du weißt ja, wo ich ihn aufbewahre.«
    Ich hätte gern das Gewehr mitgenommen, aber damit hätte ich außerhalb des Hauses zuviel unerwünschte Aufmerksamkeit erregt. Und für alle Fälle hatte ich ja immer noch die Schußwaffe im Nunchuck. Meine Arme und Beine wurden immer steifer. Sie waren blau und rot angelaufen, und ungezählte Milben krabbelten darüber. Meine Glieder fühlten sich unnatürlich heiß an. Sie schmerzten nicht, aber ein Körper läßt sich nicht betrügen. Er hatte nur einen Wunsch, er wollte flach und ungestört auf dem Rücken liegen. Leider hatte ich nicht die Zeit, seinem Wunsch nachzugeben.
    Während ich Quadra versorgte, erzählten Sanktanna und Armitrage Moses Moses von dem, was sich in den letzten 425 Jahren getan hatte. Mir wurde bald klar, wieviel Zeit ihr ausführlicher Bericht beanspruchen mußte. Sie gestikulierten heftig, schlugen sich hin und wieder auf die Stirn, fuhren dort fort, wo der andere schon vor Minuten gewesen war, und unterbrachen sich gegenseitig immer wieder lautstark. Mittlerweile trugen wir alle Infrarotbrillen. Für Anna und Moses waren nur Nachtparty-Brillen übrig gewesen, frivol verzierte Gestelle, die schlecht saßen und an ihnen absolut lächerlich wirkten. Armitrage hatte Quadra hochgehoben. Er war sehr groß, und sein Kopf reichte ihr immerhin bis an den Ellbogen. Ich setzte meine Infrarotbrille auf, und alles um mich herum verwandelte sich in Schwarz und Weiß und Glanz. »Alles bereit?« fragte ich. Wir brachen auf.

5
     
    Armitrage und Quadra verließen uns an der Haustür. Er wollte so rasch wie möglich zu Münz-Scheinberg nachkommen und sich dort mit uns treffen. Sanktanna, Moses und ich eilten in östlicher Richtung davon. Wir erreichten den Strand, ohne auf jemanden zu stoßen, der uns besonderes Interesse entgegengebracht hätte, und bogen dann nach Süden zu den Docks ab, wo mein kleines Boot, die Seepeitsche, dümpelte. Ich hatte schon halb befürchtet, dort Bewaffnete anzutreffen, aber offensichtlich hatte die Kabale noch nicht die nötige Zeit gefunden, auch dort Männer zu postieren. Ihr mußte der Schreck ganz schön in die Glieder

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