Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
geworden, als wir die Trümmer der Haustür erreichten. Hirsch und Punk hatten sie förmlich in die Luft gesprengt. Nur noch Splitter waren von ihr vorhanden, aber Kreidepfeifer hatte ein schwerer Sessel geschützt. Wir zogen die Infrarot-Brillen an, als wir nach draußen gingen. Schreie und dumpfe Schläge ertönten vom Strandhaus, aber sie hörten sich nicht sehr nach einer Party an. Wahrscheinlich hatte Soforttod dort mit der Suche nach uns begonnen.
    Ein Querschläger heulte über die Steinplatten vor der Türschwelle. Stechend drang Steinpulver an mein Schienbein. Ich sprang zurück und riß Sanktanna und Moses mit. Die Kugel hatte eine lange Narbe in dem harten Travertin hinterlassen. Sie mußte oben aus den Hügeln gekommen sein, ein Stück weiter im Osten. Die Mauer vor uns stand im Norden, vor dem Meer. Der Verlauf der Narbe im Stein zeigte, daß der Heckenschütze eine Weile laufen mußte, um eine günstige Position zu erreichen, von der aus er in die zerfetzte Tür hineinschießen konnte. Wir drei machten uns daran, aus Möbelstücken eine Barrikade zu errichten. Rasches Aufstampfen von Füßen zeigte an, daß der Heckenschütze näher kam. Wir gingen in Deckung. Aber er schoß nie mehr auf uns. Wir hörten einen dumpfen Schlag und dann das unverwechselbare Geräusch eines Körpers, der auf den Boden aufschlägt. Sofort spähte ich nach draußen.
    Ich entdeckte Armitrage, wie er sich über den Körper des Heckenschützen beugte. »Sieh nur«, sagte er. »Orange.«
    »Gut«, meinte ich, »wie ist dir das gelungen?«
    Armitrage grinste. »Ich lag auf dem Dach«, sagte er. »Und als dieser Bursche an der Wand vorbeigerannt kam, habe ich mich etwas vorgebeugt und ihm ein hübsches Ding auf den Schädel verpaßt.« Zur Verdeutlichung wippte er seinen Vierstab in den Händen.
    Wir zogen Orange ins Haus und schälten die hautenge Maske von seinem Kopf. Er hatte ein nichtssagendes, hübsches Gesicht, ein Produkt kosmetischer Chirurgie. Sein Gewehr war so kompliziert, daß keiner von uns erkannte, wie man es bediente. Wir konnten noch nicht einmal einen Abzug finden. Er trug außerdem ein langes, gefährliches Messer am Gürtel. Leider hatte er keinen Gehirnlöscher dabei, und das war sein Pech. Mein Haar richtete sich auf. »Sieh nicht hin«, sagte ich zu Armitrage. Ich öffnete dem Fremden den Unterkiefer, drückte das Messer gegen seinen Gaumen und stieß mit der Hand gegen den Knauf. Die Klinge fuhr tief hinein, so tief und so leicht, als wäre sein Schädel hohl und nur an den Rändern von schwarzen Fibern durchzogen. Bei dieser Vorstellung fing ich an zu zittern und mir wurde schlecht.
    Armitrage leckte sich über die Lippen. »Wir wollen ihn riffen.«
    »Nein, dafür bleibt uns keine Zeit«, sagte ich. »Außerdem haben wir nichts, mit dem wir ihn beschweren könnten. Komm, nur weg von hier.« Meine Hände wollten gar nicht mehr aufhören zu zittern. Zum ersten Mal hatte ich einen Menschen getötet.
    Wir rannten den Hügel hinunter auf das Dock zu. Zwei Klon-Brüder waren schon vor uns dort angelangt. Sie hatten die Seepeitsche entdeckt und waren nun damit beschäftigt, sie mit ihren Ketten zu zertrümmern. Sie machten eine ganze Menge Lärm, stellten ihre hohen Begeisterungsschreie aber augenblicklich ein, als sie uns am Dock entdeckten.
    Sie bemühten sich, vom Boot aufs Dock zu gelangen. Es wäre besser gewesen, sie gleich an Ort und Stelle zusammenzuschlagen, aber dafür blieb keine Zeit. Ich feuerte ein paar Schüsse auf sie ab, aber entweder war Punks kleine Waffe für größere Entfernungen absolut ungeeignet, oder ich hatte endgültig zuviel Smuff eingenommen. Die beiden Klons sprangen ins Wasser und schwammen unter das Dock in Sicherheit. Ich glaube, einen von ihnen habe ich zumindest getroffen.
    Armitrage, Moses Moses und Sanktanna eilten an Bord der Albatros. Ich hielt Wache, während Armitrage und Moses das Hauptsegel setzten. Sie mußten mehrmals ansetzen und brauchten sehr lange dafür. So lange jedenfalls, daß die beiden Klons etwas Mut wiederfanden und uns aus ihrem Versteck unter dem Dock verhöhnten. Einer von den beiden schickte eine seiner Kameras, um uns bei der Arbeit zu beobachten. Ich bedachte sie mit einer Kugel, schoß aber wiederum daneben.
    »Blutfehde, kleiner Kiddy!« riefen sie. »Blutfehde, SchrottKiddy!« Man hätte annehmen können, sie hätten den Spaß ihres verklonten Lebens. »Rot will dein rotes Blut! Blau will deine blauen Venen! Die Farben werden dich aufschneiden

Weitere Kostenlose Bücher