Video-Kid
Kräfte.«
Armitrage lachte. »Du meinst, das alles geschieht, bloß weil wir uns für einige Zeit unsichtbar machen? Ohne überhaupt einmal irgendwo zugeschlagen zu haben?«
»Ja«, sagte Moses Moses. »Ich halte es für den gerissensten Plan, den wir gegen sie zum Einsatz bringen können.«
»Ha!« rief Armitrage und grinste schelmisch. »Das haut mich wirklich um! Der Plan ist so simpel, nachdem du ihn erklärt hast! Herr Präsident, das ist genial! Einfach genial!«
Moses Moses schüttelte den Kopf. »Nein, nichts anderes als Elementarstrategie.«
»Und wie lange bleiben wir in dem Versteck?« fragte ich.
»Nicht sehr lang«, sagte Moses Moses. »Ungefähr drei, vielleicht auch vier Jahre.«
»Vier Jahre!« keuchte ich. »Tod und Schmerzen, das ist ja meine halbe Karriere! Danach bin ich vergessen, ein Nichts; ein alter Sack von früher! In der Kampfkunst geht es viel zu schnell zu, da wird nicht nach Jahren gerechnet.«
»Vier Jahre sind ein ganz schönes Stück aus meinem Leben«, wandte auch Armitrage ein.
Moses Moses lächelte nachsichtig. »Wenn ihr einmal mein Alter erreicht habt, seht ihr vier Jahre als das an, was sie wirklich sind. Ein Augenzwinkern, nicht mehr. Ein kurzer Moment. Ein winziges Zwischenspiel. Ihr dürft nicht vergessen, daß wir uns auf den Zeitplan der Kabale einstellen müssen. Die Kabalisten sind uralt, oder?«
Armitrage und ich tauschten entsetzte Blicke aus. Natürlich waren die Kabalisten uralt, das lag doch auf der Hand. Nur uralte Leute hatten überhaupt genügend Zeit gehabt, so eine langandauernde und so ausgetüftelte Scharade aufzusetzen. Wahrscheinlich waren die Ur-Kabalisten inzwischen gestorben, aber wir durften durchaus davon ausgehen, daß auch ihre Nachfolger bereits ein beachtliches Alter erreicht hatten.
»Tja, Armitrage«, sagte ich, »wieder einmal stehen uns die Saurier im Weg.«
Armitrage nickte düster. Plötzlich kam ihm eine Idee, und ein Zug von Schadenfreude trat auf sein Gesicht. Mit naiver Falschheit unterdrückte er den Einfall. »Vier Jahre sind eigentlich gar nicht so schlecht«, sagte er mit einer Miene von Einsicht in die Notwendigkeit, die niemanden täuschen konnte. »Die Zeit vergeht rasch in einer so angenehmen Gesellschaft. Zumindest bewahrt es uns vor dem Tod.«
»Da hast du nicht ganz unrecht«, sagte ich und gähnte, »aber was wird aus meinem Haus, meinen Freunden, meinen Mobiles?« Die Worte hörten sich selbst in meinen Ohren hohl und kleinlich an. Hier saßen wir nun und hielten das Schicksal von Millionen in den Händen, und mir fiel nichts Besseres ein, als die Wichtigkeit meiner engen, persönlichen Welt in den Vordergrund zu stellen. Ich schämte mich plötzlich und gab vor, müder zu sein, als ich in Wirklichkeit war. »Seit vielen Stunden habe ich nicht mehr geschlafen«, sagte ich. »Wir wollen die Entscheidung aufschieben, bis ich mich etwas frischer fühle. Ist das auch in deinem Sinn, Herr Präsident?«
»Aber selbstverständlich«, sagte Moses Moses freundlich. »Ich stelle nur Vorschläge zur Diskussion und habe nicht vor, jemandem etwas aufzuzwingen. Das Leben eines jeden von uns ist im gleichen Maße bedroht, also sollte auch jedem das gleiche Recht zugestanden werden, sich dazu zu äußern. Was mich betrifft, so bleibe ich bis zum Einsetzen der Dämmerung auf. Ich habe einen so langen Schlaf hinter mir, daß es mir widerstrebt, in der nächsten Zeit ein Bett aufzusuchen.«
Ich begab mich in die Kabine und zog die frischen, duftenden Laken von einer der unteren Kojen zurück. Dunkel war es hier, aber ich konnte mit meiner Infrarot-Brille genügend sehen und brauchte das Licht nicht anzumachen. Während ich mich auszog, überkam mich eine unglaubliche Mattigkeit. Mein zerschundener Körper verlangte endgültig sein Recht. Ich nahm ein wenig Smuff ein, um meine Träume zu versüßen, schlüpfte ins Bett und machte die Augen zu. Das angenehme Summen meiner Kameras und das gleichmäßige Klatschen der Wellen gegen die Schiffshülle waren mir ein sanftes Schlaflied.
»Kid! Präsident! Wacht auf!« Ich schwang die Beine aus der Koje, bemühte mich, die schlaftrunkenen Augen auf das Gesicht vor mir (Armitrage) zu konzentrieren, und spürte sofort einen starken Schmerz, der durch meinen ganzen Körper lief. Endlich fand ich die Kampfjacke und holte etwas Smuff aus der Tasche. »Wie spät ist es denn?«
»Vier Stunden nach Sonnenaufgang«, sagte Armitrage. Er war bereits in Kampfkleidung und hielt Punks kleine
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