Video-Kid
weh.«
»Willst du etwas Smuff?« keuchte ich. Ein paar Meter weiter versank die zerschmetterte Kleiderkiste und spie immer wieder nasse Stoffstücke aus.
»Nein«, sagte Anna etwas zu laut. Die Explosion hatte sie wohl zeitweise taub gemacht. »Wo sind die anderen?« rief sie. »Präsident! Armitrage!«
Keine Antwort. Ich sah nach oben. Soforttod hatte einen neuen Thermalwind gefunden und stieg nach oben, um den Rückflug nach Telset anzutreten und dort von seinem Erfolg zu berichten. »Blutfehde«, murmelte ich, aber dann ekelte mich meine eigene dumme Prahlerei an. Soforttod hatte uns ganz eindeutig fertiggemacht.
Ich schwamm zum Wrack der Albatros und kletterte auf das glitschige Kabinendach, das immer noch gut einen halben Meter aus dem Wasser ragte.
Der Smuff begann bereits zu wirken, und ich untersuchte mich rasch, ob ich mir eine weitere Verletzung zugezogen hatte. Aber ich war nicht schlimmer dran als vorher.
Ich stellte mich aufrecht hin und entdeckte bald den willkommenen Anblick von Armitrage und Moses Moses. Beide hingen an einem splittrigen, aufgerissenen Stück Holz vom Deckboden. Ich gab Sanktanna ein Zeichen und sprang dann ins Wasser, um den beiden entgegenzuschwimmen. Als ich mich von ihr abstieß, entwich unter dem Wasser mit einem schmatzenden, blubbernden Geräusch Luft aus der Albatros.
Langsam und mit dem Bug voran begann sie auf den Grund des Meeres zu sinken.
Ich kam dem treibenden Stück Holz rasch näher. Es hielt die beiden Männer gerade eben über Wasser. Ich schwamm vorsichtig um sie herum. Beide schienen einen Schock erlitten zu haben. Moses Moses zuckte zusammen, als ich ihn berührte. »Ich kann nichts mehr hören!« brüllte er. »Ich bin taub!«
»Sonst alles okay?« brüllte ich zurück. Er las die Worte von meinen Lippen ab und nickte. »Die Explosion hat mir die Luft aus den Lungen gepreßt! Aber jetzt geht es mir schon etwas besser.«
Ich lächelte ihm kurz zu und schwamm dann zu Armitrage. Die grünliche, blutleere Farbe seines Gesichts und die halbgeschlossenen Augen erschreckten mich. Ich packte ihn an der kalten, nassen Schulter. »Armitrage!«
»Ich bin voller Smuff«, sagte er leise, »und hören kann ich auch kaum etwas. Allen Smuff habe ich genommen, aber er war mit Wasser vollgesogen.«
»Wo bist du verletzt?« sagte ich. »Laß mich die Wunde mit Hautspray behandeln.«
Er schüttelte matt den Kopf. Träge tanzten seine nassen schwarzen Locken im Wasser. »Ich habe ihn nicht erwischt, was?«
Ich warf einen Blick auf den davontreibenden Segler. »Nein«, sagte ich, »aber ich glaube, du hast ihn in die Flucht geschlagen, Armi.«
»Ich habe die Pistole verloren«, flüsterte er. »Konnte sie einfach nicht festhalten.«
»Ist ja schon gut«, sagte ich und sah in die Luft. »Wir haben immer noch alle unsere Kameras.« Die harte Verkleidung hatte die Kameras vor der Explosion geschützt, und jetzt trieben sie programmgemäß zu ihren Besitzern zurück. Aus irgendeinem Grund erheiterte mich dieser Anblick. Ich hatte damit die beruhigende Gewißheit, noch nicht bar aller Ausrüstung zu sein.
»Ich wollte nicht, daß es so rasch geht«, murmelte Armitrage. »Eigentlich sollte bis dahin noch etwas Zeit vergehen. Zeit, um dich für mich zu gewinnen.« Er sah mich an. Tränen und Seewasser waren in seinen Augen. »Aber jetzt muß ich es dir wohl sagen. Ich liebe dich, Kid. Ich habe dich immer geliebt. Und irgendwann hättest du meine Liebe erwidert. Ich hatte große Pläne für uns, und ich hätte geduldig auf deine Liebe gewartet. Die Liebe tut gar nicht weh, im Gegenteil, sie ist ein wunderbares Gefühl.« Blut hatte sich in seinem Mund gesammelt, und er spuckte es würgend aus. Voller Trauer und Angst schrie ich: »Nein!« und versuchte, ihn zu umarmen, ihn über Wasser zu halten. Meine Hand, die nach seiner Hüfte griff, stieß bis zum Gelenk in das warme Gewirr seiner Eingeweide. Blutiger Schaum stieg zur Wasseroberfläche auf.
»Du stirbst!« entfuhr es mir.
»Es tut überhaupt nicht weh«, sagte er wieder. »Es ist einfach wunderbar.« Er schloß die Augen. Seine Hände glitten von dem Stück Holz ab, und er versank. Ich fing mit dem Ellenbogen seinen Kopf ab und hielt sein Gesicht über Wasser. Er sagte nichts mehr. Einen Moment später spürte ich, daß der Tod in ihm war. Schluchzend hielt ich ihn: »Armitrage! Nein, du darfst nicht sterben! Bitte nicht!«
Moses Moses schwamm heran, um mir zu helfen. Er sah Armitrage ins Gesicht und entdeckte das
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