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Viel Laerm um Stratfield

Titel: Viel Laerm um Stratfield Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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versetzt, um seine Schulden zu bezahlen. Aber sicherlich war er nicht so weit gesunken, ihre Unterwäsche zu stehlen ...
    Ein amüsanterer Gedanke ließ sie hochfahren. War es vielleicht möglich, dass Devon als Frau verkleidet durch die Landschaft zog? Oder hatte er eine weibliche Verbündete gefunden, die ihm Unterschlupf gewährte? Eigentlich sollte er sich bei einem älteren Verwandten im Nachbardorf verstecken. Chloe wurde klar, dass ihr Bruder, der aufgrund einer bloßen Dummheit über Nacht zu einer Art heldenhaftem Gesetzlosen geworden war, ein wenig verzweifelt sein musste. Sie war selbst eine Boscastle und somit sehr liberal eingestellt, aber es gab dennoch Grenzen, was sich schickte und was nicht. Devon schien jenen Grenzen gefährlich nahe zu kommen, näher, als selbst ein verantwortungsloser Boscastle sich für gewöhnlich wagte.
    Sie wandte sich vom Fenster ab, als das antike Gefährt sich mühsam durch die rostigen Eisentore des bescheidenen Anwesens quälte, wobei es genügend Lärm machte, um Tote zu wecken. Ein vorsichtiger Blick auf die erfreulich nichtssagenden Gesichter ihrer Tante und ihres Onkels, die in ihren Augen ebenfalls als Antiquitäten galten, beruhigte sie. Offensichtlich hatten sie den verruchten Gegenstand im Schlafzimmerfenster ihrer verruchten Nichte nicht bemerkt.
    „Wie ich eben sagte", fuhr Onkel Humphrey zu ihrer Tante gewandt fort, „der Kater benahm sich lediglich wie ein Kater, Gwennie. Er hat die tote Maus nicht mit der Absicht zum Stuhl des Pastors gezerrt, dich in eine peinliche Situation zu bringen. Sie sollte ein Geschenk sein."
    Tante Gwendolyn schauderte damenhaft. Ihr Busen hob und senkte sich wogend. „Ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich mich geschämt habe. Es geschah genau in dem Augenblick, als der arme Pastor von den neuesten Streichen des Geistes von Stratfield erzählte."
    „Nicht schon wieder dieser verteufelte Geist, Gwennie. Nicht vor Chloe."
    Dabei hörte ihre Nichte ohnehin nur mit einem Ohr zu. Sie war mehr an ihrem eigenen Schicksal interessiert als an den imaginären Taten eines Toten. Ihr entfuhr ein Seufzer der Erleichterung, als die Kutsche die Auffahrt entlangfuhr und holpernd zum Stehen kam. Niemand würde ihr glauben, dass sie die Chemise zum Trocknen aus dem Fenster gehängt hatte - ihr unschickliches Benehmen war in diesem langweiligen Provinznest eine Quelle lüsternen Interesses und freundlicher Besorgnis zugleich. Zu allem Überfluss hatten Chloes Verwandte vom Lande die gesamte Gemeinde dazu ermutigt, sie zu reformieren, anstatt sie zu meiden. Sie war ständig von übereifrigen Moralisten umgeben, Menschen mit guten Absichten, die über die Sünde, die sie begangen hatte, Bescheid wussten.
    Als sie in einem Park dabei erwischt worden war, wie sie Lord Brentford geküsst hatte, war sie von ihrem Bruder, dem Marquess of Sedgecroft, umgehend in das Haus ihres Onkels, Sir Humphrey Dewhurst, verbannt worden. Es war für eine gesellige junge Frau die schlimmste Strafe, die man sich nur vorstellen konnte. Chloe hätte den Rest des Jahres möglicherweise bereits abgeschrieben, wenn sie nicht am heutigen Abend den charmantesten Mann von ganz Chistlebury auf dem Ball kennengelernt hätte. Ihre Taille war immer noch warm an der Stelle, wo er sie gehalten hatte - viel länger, als es sich ziemte, aber doch nicht lange genug, dass die Leute, die sie beobachtet hatten, es als Annäherungsversuch hätten verstehen können. Es schien also, als gäbe es doch noch Hoffnung für sie. Möglicherweise würde ihr Exil sogar ein wenig Aufregung mit sich bringen. Die Kuppler des Dorfes hatten ermutigend zugesehen, als sie und Lord St. John auf der Tanzfläche miteinander kokettiert hatten.
    Sie sprang geradezu aus der Kutsche, ignorierte das verärgerte Zischen ihrer Tante und stürzte schnurstracks auf das Haus zu. Schon auf den Steinstufen vor dem Haus schlüpfte sie aus ihren hochhackigen, bestickten Tanzschuhen. Im Grunde war es kein echtes Herrenhaus, sondern eher ein ausgebautes steinernes Bauernhaus mit einem Teich voller lärmender Enten unter ihrem Fenster. Sie vermisste den Gestank, das Gedränge und die Gefahren Londons ebenso wie den Klatsch und die täglichen amüsanten Zusammenkünfte. Auch ihre Freunde fehlten ihr sehr, obwohl die meisten sie bereits vergessen hatten, so beschäftigt waren sie mit all den Vergnügungen, Festen und prunkvollen gesellschaftlichen Anlässen.
    „Chloe!" Ihre winzige Tante stürzte sich auf sie wie Attila der

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