Viel Laerm um Stratfield
wir das geklärt hätten?"
„Nun, wie kann ich da schon ablehnen?", murmelte sie.
Trotz dieser Worte zögerte sie immer noch und blickte sein Gesicht durch den Vorhang aus kalten Regentropfen genauer an. Er schien sie kaum richtig wahrzunehmen und wirkte sehr von sich selbst eingenommen, sein Haar war kurz, schwarz und nach hinten gekämmt. Aus seinen eisengrauen Augen betrachtete er sie mit gleichgültigem Spott, der langsam Ungeduld wich. Sie blickte zu der Steinmauer hinüber, die das Feld umgrenzte. Ihr Lakai war noch nirgends zu sehen.
„Ja oder nein?", fragte er knapp.
„Ja, aber geben Sie mir eine Chance ..."
... den Schlamm von den Stiefeletten zu schütteln, wollte sie sagen, aber offensichtlich störte der ihn gar nicht. Ungeduldig zog er sie mit einem Arm hinter sich auf sein gut ausgebildetes Pferd. Chloe nahm den Duft von Galahads nassem Wollmantel und eine angenehme Spur von holzigem Parfum wahr, dazu die unleugbare Wärme seines Ellbogens unter ihrer Brust. Ihr fiel auch auf, wie sein Körper sich versteifte und er sich dann mit einer lässigen Arroganz zurücklehnte, die ihr Herz schneller schlagen ließ. Alles in allem war er ein ziemlich überwältigendes Exemplar der Gattung Mann. Sie musste das Verlangen unterdrücken, sich gegen seinen harten, muskulösen Körper zu pressen.
Mit ziemlich hoffnungsvoller Beklommenheit starrte sie seinen Hinterkopf an. Hatte sie wie schon unzählige Male zuvor einen Fehler begangen? Ihre impulsive Art war von Anfang an daran schuld gewesen, dass sie in diese ereignislose gesellschaftliche Einöde verbannt worden war. Aber Galahad war ein Nachbar. Zudem ein Aristokrat, wenn sie sich richtig an das erinnerte, was ihre Tante beiläufig über Viscount Stratfield erzählt hatte.
Oder war es eine Warnung gewesen? Chloe hatte seinen Namen bereits gehört, bevor sie nach Sussex geschickt worden war. Sein jüngerer Bruder Samuel war im vergangenen Jahr zusammen mit Chloes Bruder Brandon in die Dienste der East India Company getreten - auf der Suche nach Abenteuer und verführt von der Aussicht auf den Gewinn, der ihnen auf den Rekrutierungsplakaten versprochen worden war.
Doch stattdessen waren sie Seite an Seite bei einer Erkundungstour in Nepal von rebellischen Gurkhas getötet worden. Sie erinnerte sich daran, wie ihre beiden älteren Brüder mit einer Bewunderung von Viscount Stratfield gesprochen hatten, die sie Männern ihres eigenen Standes nur selten entgegenbrachten. Allem Anschein nach hatte der Viscount eine entscheidende Rolle dabei gespielt, den Gedenkgottesdienst für die beiden jungen Freunde zu arrangieren.
Auf jeden Fall hatte Chloe keine Angst, dass ihr Retter irgendetwas Unverschämtes tun könnte - so wie beispielsweise auf dem Pferd über sie herzufallen oder sie in die Sklaverei zu verschleppen -, bis er sein Pferd zum Galopp antrieb und es in die entgegengesetzte Richtung des ihr bekannten Reitwegs lenkte.
„Entschuldigung begann sie zu protestieren, bevor ihr die Luft aus den Lungen gedrückt wurde.
Der Wald raste wie ein graubrauner Fleck an ihr vorüber. Unter den donnernden Hufen des Pferdes lockerten sich Stücke aus dem feuchten Torfboden und schleuderten durch den Regen. Es ging über eine aufgeweichte Wiese und durch einen dunklen, feuchten Tunnel aus nassem Geißblatt, der gegen sie peitschte, als sie vorbeipreschten. Sie konnte ihre Umgebung nicht einordnen, aber diese Route ähnelte dem Weg nach Hause nicht im Geringsten.
Sie schlang ihre Arme um Galahads Taille und schrie ihn an, während ihr Körper gegen seinen gedrückt wurde, sodass sie spürte, wie sich die Muskeln in seinem Oberkörper anspannten. Bildete sie sich das nur ein, oder gefiel es ihm, wie sie sich in Todesangst an ihn klammerte? „Entschuldigen Sie! Ich glaube, Sie reiten in die falsche Richtung!"
Er grunzte oder machte einen ähnlich abschätzigen Laut, der andeutete, dass sie ein schwachköpfiges Weib war, weil sie es wagte, seinen Orientierungssinn in Frage zu stellen. Chloe wurde schwindelig, als sie sich vorstellte, von diesem dunklen, grüblerischen Fremden entführt zu werden. In die tiefsten Verstecke einer verborgenen Burg geschleppt zu werden, um dort als seine Gefangene seinen perversen Gelüsten zu dienen.
Würde er sie nackt in seinem Bett halten und mit grausamer Fürsorglichkeit des Nachts mit russischen Luchsfellen zudecken, nachdem er sie bis zur Bewusstlosigkeit geschändet hatte? Würde er sie mit Perlen und Süßigkeiten und starkem
Weitere Kostenlose Bücher