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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schande, die daraus erwachsen mußte.
    Oben, an der hellen Glastür, erschien ein dunkler Schatten. Ein Mann trat auf den kleinen Balkon und blickte hinaus in die Nacht. Und ohne die Gestalt gegen das Licht erkennen zu können, wußte Concha, daß es Juan war, und sie preßte die Hand an ihr Herz und starrte durch das Dunkel zu dem Schatten auf dem Balkon empor.
    Juan lehnte sich gegen das Eisengitter des Balkons und reckte sich. Er war müde – eine schöne Zeichnung lag auf der Decke seines Bettes, und er wollte sie morgen mit Wasserfarben kolorieren, weil es ein bunter Entwurf zu einem Wandbild werden sollte. Er wollte sich gerade abwenden und die Tür schließen, als er einen Schatten unter den Zypressen sah. Es war eigentlich auch kein Schatten, sondern nur ein dunkler Fleck, der gestern noch nicht dagewesen war, denn sein Auge, das jede Form aufnahm, erinnerte sich nicht daran. Erstaunt kehrte er um und beugte sich über das Geländer vor, und so sah er, daß es eine menschliche Gestalt war, die aus der Dunkelheit zu ihm hinaufstarrte. »Wer ist dort?« fragte er halblaut, damit der Diener unter ihm es nicht hörte. »Ist da jemand?«
    Und eine Mädchenstimme sagte – es war wie ein leises Zirpen von Grillen im Gras: »Ja … Juan …«
    Juan zuckte zurück. Er konnte es nicht glauben, es war eine Täuschung, bestimmt war sie es, sein Kopf war so angespannt von der Arbeit, daß er Stimmen hörte, die nur in seiner Seele sprachen, und er wollte sich abwenden und schnell das Fenster schließen, als die Stimme ihn wieder rief.
    »Juan … ich bin hier …«
    »Concha …«, sagte er zitternd. »Concha, bist du es wirklich …?«
    Er beugte sich weit über das Geländer und versuchte, sie im Dunkeln zu erkennen. Da bewegte sich der Schatten, sie trat in den Dämmerschein, den sein Licht auf die Erde warf, und da erkannte er sie … die langen, schwarzen Locken und die zierliche, zerbrechliche Gestalt. Ein heißer Strom durchlief seinen Körper, seine Hände zuckten vor und griffen in die dunkle Leere.
    »Concha …«, sagte er innig. »Du bist gekommen … Warte, Liebes … ich hole dich …«
    Er rannte in das Zimmer und riß sein Bett auseinander. Aus dem Bettlaken und dem Bettzeug knüpfte er ein Seil, rannte zurück und knotete es an dem Gitter fest. Dann schwang er sich über die Brüstung, während Concha die Hände auf den Mund legte, um nicht vor Angst zu schreien. Aber gewandt glitt Juan an der Hauswand hinab, und er lachte dabei, denn wer in den Bergen aufgewachsen ist und auf den Rebollero klettert, den schreckt nicht eine Wand von wenigen Metern. Der Kies knirschte, als er sich losließ und hinabsprang. Und dann breitete er die Arme aus, und Concha lief in sie hinein, umschlang seinen Hals und fühlte seine Küsse wie Feuer auf ihren Lippen.
    So standen sie lange und vergaßen, wo sie waren. Sie hielten sich umschlungen und sprachen kein Wort, weil es keine Worte gab, ihr Glück einzufangen. Fredo Campillo war von seiner Sitzung zurückgekommen, und da er nicht in den Garten sah, bemerkte er nicht die Liebenden, sondern er fragte nur den Diener, ob Señor Torrico das Haus verlassen habe. Als dieser es verneinte, war Campillo sehr zufrieden, rauchte noch eine Zigarre und trank zwei Gläser süßen Malaga und ging dann in sein Schlafzimmer, wo er, im Bett liegend, noch in einem Roman las, ehe er einschlief.
    Juan streichelte Concha über die langen Haare und küßte ihre schwarzen, mandelförmigen Augen.
    »Es ist wie ein Märchen«, sagte er leise. »Du bist gekommen … und ich habe es mir immer gewünscht. Frau Sabinar schrieb mir, daß du in Toledo warst, ein paar Stunden nach meiner Abreise. Da habe ich bald vor Wut geweint und war einen ganzen Tag krank vor Sehnsucht und Trauer.«
    »Mein lieber, lieber Juan«, sagte Concha leise und schmiegte sich an ihn.
    »Auch Vaters Ring von der Mutter habe ich bekommen. Sieh ihn dir an … er paßt mir. Ich habe ihn enger machen lassen. Ist er nicht schön …?« Er hielt seine rechte Hand in den Schein seines Fensterlichtes und ließ den Stein schwach funkeln. Concha nickte und strich mit ihren langen, zarten Fingern leise über seine Hand.
    »Er soll dir Glück bringen, Juan«, flüsterte sie. »Dir und mir Glück … sagte die Mutter.«
    »Bist du allein in Madrid?« fragte er besorgt.
    »Nein. Mein Vater ist mit hier. Er hat hier ein Geschäft abzuwickeln. Als er vorhin wegfuhr, habe ich mich mit einem Auto zu dir bringen lassen, bin über den Zaun

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