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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Minuten, wohl eine Entscheidung fiel, die einzig in der Welt sein würde. Er sah von Arzt zu Arzt, als könne er sie damit ansprechen, und sagte dann erregt: »Herr Professor, wagen Sie es …«
    »Ich werde vorher erst mit Franco sprechen«, sagte Dalias leise. »Und zwar sofort. Über seine Privatleitung. Darf ich Ihren Apparat benutzen, Moratalla?«
    »Aber bitte, Herr Kollege …«

Dalias ging an den Schreibtisch und setzte sich in den Ledersessel. Er wählte eine kurze Nummer, nannte seinen Namen und bat um ein Gespräch mit General Franco. Dann war es still in dem großen Zimmer. Die Blicke der Männer hingen an den Lippen Dalias', der, den Kopf auf die linke Hand gestützt, schwitzend und bleich am Tisch saß und mit einem Rotstift auf die Unterlage aus Löschpapier sinnlos Kreise und Winkel malte. Dann zuckte er kurz auf, und seine Stimme war knapp und klar. Moratalla stand hinter ihm, die Hände auf dem Rücken, die Augen zusammengekniffen, als ziele er auf irgend etwas. Sein massiger Körper wirkte im Zwielicht des Abends noch unförmiger, wuchtiger und doch beruhigend. Man hatte keine Lampen angeknipst – im Dämmern, eingehüllt in die blauen Wolken des Tabaks, saß man und starrte auf Prof. Dalias, der den ›Fall Torrico‹ eingehend berichtete und die Theorie Moratallas vortrug. Er sparte nicht mit Erklärungen, er wurde in dieses Problem hineingerissen und sprach zum Staunen aller für die Operation und die Bereitstellung eines zum Tode Verurteilten. Als er dann schwieg und die Stimme im Apparat schnarrend antwortete, sprang Fredo Campillo auf und rannte an das Fenster, riß es auf und beugte sich hinaus in die kühlende Abendluft. »Ich halte das nicht aus«, flüsterte er vor sich hin. »Mein Gott, wenn er doch bloß ja sagt …«
    Mit ernster Miene legte Dalias nach einigen Minuten den Hörer auf und erhob sich. Stumm ging er zum Rauchtisch, setzte sich und sah zu Boden. Moratalla stürzte aus der Dämmerung hervor und baute sich vor ihm auf.
    »Nun?« fragte er laut.
    »General Franco sagte ein klares Nein!«
    »Ich fahre sofort zu ihm«, schrie Campillo. »Dieses Nein ist ja auch ein Mord!«
    »Es hat keinen Zweck, meine Herren.« Prof. Dalias zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich habe es ja gewußt. Der General verbietet in seiner Eigenschaft als Staatschef Professor Moratalla auch jegliches Experiment in dieser Hinsicht an Menschen!«
    Dr. Osura warf seine Zigarre in den großen Aschenbecher und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wenn das wahr ist, werde ich in Spanien herumfahren und Unterschriften aller Ärzte sammeln! Wie kann man vom grünen Tisch aus solch einen Befehl geben?! Einen Befehl gegen das ärztliche Gewissen?!«
    Dalias sah Moratalla an, der stumm vor ihm stand und bis jetzt noch nichts gesprochen hatte. Nur seine Augen waren groß, und man sah, daß in ihm ein Gedanke war, den ein Befehl nicht zu hemmen schien.
    »Was wollen Sie tun, Moratalla?« fragte Dalias erschreckt.
    »Operieren.«
    »Gegen den Befehl?«
    »Ja.«
    »Moratalla!« Dalias sprang auf. »Das sagen Sie mir als Vertreter des Staates?!« Er ergriff Moratalla an den Aufschlägen des weißen Arztkittels. »Ich könnte Sie jetzt in Schutzhaft nehmen lassen oder Ihnen die ärztliche Approbation entziehen, um dieses Unheil zu verhüten!« Campillo stürzte vom Fenster in das Zimmer und stieß Dalias zur Seite. »Das werden Sie nicht!« schrie er wild. »Den größten Chirurgen Spaniens kann nicht ein sinnloser Befehl hindern, das zu tun, wozu ihm Gott seine Gabe, zu heilen und zu retten, schenkte! Sie selbst wollen ja, daß er operiert!«
    »Als Mensch! Aber nicht als Beamter!«
    »Sind Beamte keine Menschen?!« sagte Dr. Tolax laut.
    »Ich verbitte mir diesen Ton!« Prof. Dalias schüttelte Campillo ab, der ihn noch immer am Rock festhielt. »Von mir aus machen Sie, was Sie wollen! Ich habe das, was heute hier gesprochen wurde, nicht gehört!« Er ergriff seinen Hut, der auf einem kleinen Ablagetisch neben der Tür lag, und setzte ihn auf. »Ich gehe! Und ich weiß von nichts, meine Herren! Wenn Moratalla operiert und es geht schief, werde ich ihn ohne Rücksicht auf unsere persönliche Freundschaft unter Anklage stellen lassen müssen. Ich muß das ganz klar sagen! Die Entscheidung liegt jetzt allein bei Ihnen – ich muß mich gegen mein persönliches Gefühl – von Ihnen distanzieren. Guten Abend …«
    Die große Tür klappte zu. Dann war es einen Augenblick still im Zimmer – der fade Nachthimmel schien

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