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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wenn du jeden Monat einmal kommst.«
    »Dann werde ich es tun.«
    Wie sie gekommen war, durch die Hintertür, verließ sie wieder das Haus und rannte durch die Felder um das Dorf herum nach Hause. Dort wartete schon der Vater auf sie und sah ihr vom Balkon entgegen. Er war stolz auf seine schöne Tochter, und er dachte oft daran, daß sie eigentlich hinaus müßte aus Solana del Pino in die großen Städte, um einen reichen und vornehmen Mann zu bekommen, denn die jungen Burschen der Sierra Morena lehnte Ricardo Granja ohne Ausnahme ab. Er war der reichste Mann der Gegend, und er stellte Ansprüche, die Pilar nicht stellte, als sie den kleinen Krämer mit dem Bauchladen heiratete. Aber man vergißt so leicht, was man war, und vielleicht ist es gut so, denn der Hang zum Hohen ist der Motor des menschlichen Willens.
    »Wo warst du?« rief Ricardo Granja schon von weitem durch den Garten.
    »Im Dorf, Vater.« Concha lachte und pustete die Haare von den Augen. »Der Brunnen ist wieder versiegt, Vater.«
    »Ich weiß.« Ricardo Granja rieb sich die Hände. »Unser Lagerhaus ist voll. Noch eine kleine Dürre am Schluß des Jahres, und wir bauen uns ein neues Haus, Conchita mia …«
    Und er riß die Tür der Terrasse auf und umfing seine Tochter, die in seine Arme wirbelte und lachte. Und so sah er nicht, daß ihre Augen rot umrändert waren und traurig voller zurückgehaltener Tränen …
    In Madrid ließ Campillo nach dem Telefonanruf Dr. Osuras Juan nicht mehr aus den Augen. Erst, als er das Schreckliche erfuhr, war er nahe daran, einem Schlaganfall zu erliegen. Aber dann wurde er plötzlich nüchtern und rechnete. Noch zehn Monate, hatte Dr. Moratalla gesagt. Wenn Conchas Kind in dieses feindliche Leben trat, war Juan bereits so geschwächt, daß er dieses Ereignis nicht mehr erfassen konnte und durfte. Wenn er es nicht vorher erfuhr, konnte man ihn in diesen wenigen Monaten noch zu Arbeiten brin gen, die einzig in der modernen Kunst sein würden. Seine Brunnen gruppe, die er vor drei Tagen in Campillos Atelier in Marmor be gonnen hatte, war in der Anlage das Reinste und Schönste, was Campillo und die Herren der staatlichen Kunstkontrolle, denen er den Entwurf des Nachts, als Juan schon schlief, heimlich zeigte, jemals gesehen hatten. Die Mappe mit den Skizzen und Zeichnungen schwoll an … es war, als jage ein Feuer durch den Körper des Jungen und entfache in diesen letzten Monaten des Lebens noch eine Kraft, die nie in einem normalen Menschen wohnen konnte. Ohne Pause, nur unterbrochen durch die Mahlzeiten, arbeitete Juan und war so glücklich wie nie. Noch war in seinen Adern das große Er lebnis der Liebe Conchas, sein erstes und deshalb sein Inneres wan delndes Erlebnis, und aus diesem Taumel heraus wuchsen seine Werke und wurden Hymnen auf eine losgelöste Seele.
    Er sah nicht, daß Campillo ihn wie ein Juwel bewachte. Seine Ausflüge in die Stadt und sogar in die Kunstschule machte er nie mehr allein … Campillo begleitete ihn oder der sprachfaule, aber ungeheuer vornehme Diener, neben dem sich Juan immer vorkam, als fahre der kleine Bauernjunge neben einem Minister. Auch des Nachts wurde Juan beobachtet – der Diener schlief jetzt gleich neben Juans Zimmer, und die Wand war so dünn, daß es keinen Besucher geben würde, der nicht gehört werden könnte. Prof. Moratalla hatte getobt, als ihm Campillo mitteilte, was geschehen war, und er hatte gedroht, nichts mehr zu unternehmen, wenn man so dumm sei – er hatte wirklich dumm gesagt –, nicht einmal einen Jungen beobachten zu können. Zu Oberarzt Dr. Tolax aber hatte er an diesem Abend gesagt:
    »Herr Kollege, jetzt wird der Fall Torrico noch aktueller. Er wird in acht Monaten Vater sein. Ob Professor Dalias jetzt sein Jawort gibt, wo es um eine Familie geht?«
    Dr. Tolax hatte mit den Schultern gezuckt und seinen Chef verneinend angeblickt. »Es geht Dalias um das Prinzip«, antwortete er. »Ob Familie oder nicht – der Eingriff wäre einmalig auf der Welt. Und das lehnt er ab.«
    »Ein dummer, dicker, ekelhafter Feigling!« hatte da Moratalla geschrien und war in den Operationssaal III gestürzt, wo Dr. Albanez Gallensteine herausoperierte. Er stellte sich hinter ihn und schaute über seine Schulter zu. Dr. Albanez wurde ein wenig unsicher, aber als er einen Stoß in seine Rippen bekam, riß er sich zusammen und führte die Operation zu Ende.
    Während er sich hinterher wusch und an dem gewärmten Handtuch abtrocknete, sah er Prof. Moratalla von der

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