Viele Mütter heißen Anita
war es ein Segen – Fredo Campillo bedeutete er schlechte Laune, denn nichts konnte ihn mehr erregen, als wenn sein blitzender amerikanischer Wagen durch tiefe Pfützen fuhr und der Dreck bis an die Seitenscheiben hochspritzte. Denn die Straßen im Hochland waren sehr schlecht und glichen einem ausgedehnten Morast. Er schimpfte auch weidlich und verlor die Lust, den Wunderknaben, wie er Juan nannte, zu betrachten. In Puertollano, wo er rastete, begoß er seinen Ärger mit einigen Gläsern Wein, die seine Laune zwar besserten, aber sein Interesse an Kunstgegenständen noch mehr zum Erlöschen brachten.
Dr. Osura erwartete ihn in seinem klapprigen Ford in Mestanza. Er ahnte, in welcher Verfassung sein Freund war, denn er kannte ihn und seine Abneigung gegen Regenwetter. Jeder Mensch hat so seine Eigenheiten – der eine sammelt Bierdeckel, der andere ärgert sich über rote Kleider. Fredo Campillo verfluchte jeden Regen.
Als der amerikanische Wagen in Mestanza einfuhr, winkte ihm Dr. Osura zu und setzte sich vor ihn. Fredo Campillo, der wohl den alten Ford, aber nicht seinen Freund gesehen hatte, riß an den Bremsen, denn der Wagen des Arztes war alt und nicht mehr der schnellste. Gemütlich zuckelte er durch die Gegend, denn Eile kannte man nicht im Hochland von Castilla.
»Was will die alte Mühle da?!« schrie Fredo Campillo und drückte auf seine dreistimmige Hupe. »Aus dem Weg, du Kamel!« brüllte er, als er sah, daß der Ford ruhig mitten auf der Straße vor ihm blieb. Aber Dr. Osura hielt das laute Hupen für eine Freudenkundgebung seines Freundes und einen begeisterten Salut. Scheint doch nicht schlechter Laune zu sein, dachte er. Welch ein Glück für Juan.
Unterdessen tobte Campillo hinter seinem Steuerrad und erfand immer neue Ausdrücke für den Fahrer des alten Fords. Er entwickelte eine unbekannte Phantasie und gebrauchte sie weidlich. Als aber der Ford in einer engen Straße sogar anhielt, riß er die Tür auf und schrie aus voller Lunge: »Sie Affe am Steuer! Aus dem Weg!«
Und dann klappte die Tür des alten Ford auf, und Dr. Osuras lachendes Gesicht erschien. »Willkommen bei uns!« schrie er zurück.
»Auch das noch!« sagte Campillo, warf die Tür zu und setzte sich erschüttert wieder ans Steuer. Dr. Osura war ausgestiegen und kam zu ihm heran.
»Warum so böse, Fredo?« sagte er und reichte ihm die Hand hin. »Wieder, weil es regnet?«
»Auch. – Sag einmal, wie lange fährst du eigentlich Auto?«
»Vierzehn Jahre.«
»Allerhand.« Campillo nickte.
»Wieso?«
»Dann hat die Polizei vierzehn Jahre lang geschlafen!«
Da erst merkte Dr. Osura seinen Irrtum, und er brach in ein schallendes Gelächter aus. Er stieß den Freund in die Seite, rief unter Lachen: »Mir nach, Fredo!« warf die Tür wieder zu, kletterte in seinen Ford und fuhr, noch immer lachend, hinein in die Berge, schön langsam, denn die Federung des alten Wagens war nur dürftig, und die Achsen schienen auch nicht mehr allzu fest zu sein. Brummend folgte ihm der blitzende Amerikaner.
Wenn es im Hochland von Castilla regnet, hängen die Wolken bis fast auf die Erde. Man meint sie greifen zu können – wie gräulicher Nebel wallt es über die Hügelkuppen, ein schwerer, nasser Nebel, der Wasser in der Hand zurückläßt, wenn man durch ihn hindurchschlägt. Er überzieht alles mit einer blanken Wasserhaut und ertränkt das Land, das Stunden vorher unter der erbarmungslosen Sonne zerstaubte.
Fredo Campillo, der zum erstenmal diesen Teil Spaniens sah, war nicht sehr begeistert davon. Er liebte den Süden und Südosten an des Mittelmeeres Küste mehr, wo der Wein in den Mund wuchs und der Mistral, der vom Süden Frankreichs übers Meer fegte, die Palmen bei Tarragona bis zur Erde bog. Wildheit und Schönheit waren hier auf einem Fleck … aber dieses Land hier, dieses Plateau an der Sierra Morena, war keines von beiden – es war nur trostlos, grau, grün, felsig, als hätten die Vulkane vor Millionen Jahren alles Leben ausgebrannt.
Undenkbar, daß hier ein großer Künstler wachsen kann, grübelte er, während er dem klapprigen Ford nachfuhr. Vielleicht hat dieser Junge Juan nur abgezeichnet, geschickt kopiert von Bildern, die ich nicht kenne. Aber wie könnte er dann das Bildnis dieser Concha Granja geschaffen haben? Wo kamen die Skizzen her, die im Strich das Genie verrieten?
Auf einer Wiese stand die Wagenburg einer Zigeunerhorde. Die Pferde drückten sich unter die Pinien – sie standen mit hängenden Köpfen,
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