Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ging an das Waschfaß zurück und schrubbte die Hemden mit der Kraft einer inneren Wut, mit der Enttäuschung einer Mutter, die man übersah und die ihr Letztes gab für ihre Kinder.
    Concha und Juan standen noch lange am Zaun des Gartens und erzählten sich viel. Es war nichts Wichtiges – es war ein Gespräch von Liebe und Treue, wie es Millionen junger Menschen führen, wenn sie ein volles Herz spüren.
    Erst als der Abend dämmerte, ging Concha zurück nach Solana del Pino. Pedro kam vom Feld, begleitet von Elvira, aber sie sahen Concha nicht, weil die Felder auf der Rückseite des Hauses lagen.
    Im Hause erwartete sie ein gedeckter Tisch. Es gab heißes, eingesalzenes Hammelfleisch mit kleingeschnittenem Salat. Der Teller Juans war schon gefüllt – er erhielt zwei Scheiben Weißbrot dazu und ein wenig Schafbutter.
    »Damit du stark wirst«, sagte Anita, während sie aßen und sie Juans fragenden Blick sah. »Es kann ja sein, daß du einmal nach Madrid kommst – dann mußt du viel Kraft haben, mein Junge.«
    Und während Pedro über diesen Witz lachte und Elvira schmunzelte, errötete Juan jäh und beugte sich tief über seinen Teller.
    Er hatte die Mutter verstanden und schämte sich …
    Zwei Tage später kam unverhofft Dr. Osura auf den Hof der Tor ricos. Anita sah ihn den Weg heraufkommen, und sie freute sich, daß sie allein zu Hause war. Pedro und Elvira waren wieder in den Gärten. Juan hütete die Herden. Sie fuhr sich rasch durch ihr ver filztes Haar mit der angeborenen Eitelkeit des Weibes, die auch im Alter nicht verblaßt, und trat dann in die Tür, den Arzt gebührend zu empfangen. Sein Kommen ersparte ihr den Weg zu ihm, denn sie hatte immer in den letzten Tagen darüber nachgedacht, welchen Grund sie sagen könne, um in die Stadt zu kommen.
    Dr. Osura war blendender Laune und pfiff vor sich hin. Daß Fredo Campillo von den Zeichnungen begeistert war, hatte er aus seiner Bereitschaft entnommen, früher zu kommen, als es vereinbart war. Nun wollte er Juan sprechen und ihm sagen, daß er sich auf den ersten Tag der neuen Woche richten solle.
    Anita gab dem Arzt beide Hände und versuchte einen kleinen Knicks. »Sie kommen wieder nach mir sehen, Doktor Osura?« fragte sie, obwohl sie wußte, daß ihn ein anderer Grund hergetrieben hatte.
    »Auch, schönes Mädchen, auch!« Dr. Osura klopfte ihr auf die runzeligen Wangen und sah sie kurz an. »Was macht dein Wasserreservoir, Täubchen?«
    »Es füllt sich wieder«, meinte Anita sauer. »Sie könnten es mal wieder abzapfen, Herr Doktor.«
    »Na, wollen einmal sehen.« Er blickte sich um. »Allein?« fragte er.
    »Ja.«
    »Und wo ist Juan?«
    »Bei den Herden.« Anita kniff die Augen ein wenig zusammen. Sie sah jetzt aus wie eine Eule, die in das Licht blinzelt. »Was wollen Sie von ihm, Doktor Osura?«
    »Er hat ein krankes Herz, Mütterchen. Das hat er dir doch gesagt, der Schlingel, was?«
    »Ja.«
    »Und ich wollte einmal sehen, ob es noch richtig tickt.«
    »Heute wieder. Er lag eine Woche im Bett.«
    »Was?!« Dr. Osura fuhr herum. Sein Gesicht war plötzlich ernst und voll Sorge. »Wieder ein Anfall?«
    »Ja.«
    »Wieder mit Erstickungszeichen?«
    »Ja.«
    »Ja! Ja!« Dr. Osuras Stimme war wütend. »Und keiner hat mich gerufen? Konnte der lange Lulatsch von Pedro nicht kommen?! Ich finde das merkwürdig, Anita Torrico!«
    »Es ist so manches merkwürdig auf der Welt, Doktor.« Anita spielte mit ihrer Schürze. Ihre Stimme war brüchig und hohl. »Man kennt manchmal seine eigenen Kinder nicht mehr.«
    »Was soll diese Dummheit?!« Dr. Osura steckte die Hände zornig in die Tasche. »Warum hat man mich nicht gerufen?!«
    »Juan wollte es nicht!«
    »Juan?« Verblüffung spiegelte sich in des Arztes Augen. »Das glaube ich nicht!«
    »So? Kennen Sie ihn besser als seine Mutter?«
    »Natürlich nicht. Aber warum wollte er es nicht?«
    »Weil es soviel Geld kostet.«
    »So ein dummer Junge! So ein Rindvieh!« Dr. Osura schrie Anita an, aber sie ließ es über sich ergehen. Schreien ist von außen, dachte sie. Doch der Schmerz einer Mutter ist von innen, und der ist stärker. »Damit ihr es wißt, ihr Torricos – ich behandele euch alle zu jeder Zeit umsonst! Ich will kein Geld von euch! Ich habe ein Interesse daran, daß ihr und Juan gesund bleibt!« schrie der Arzt.
    »Vor allem Juan«, sagte Anita hart.
    »Ja, vor allem Juan!«
    »Und Sie treffen sich heimlich mit ihm.«
    »Heimlich?« Dr. Osura zog die Augenbrauen hoch. Er begann den tiefen

Weitere Kostenlose Bücher