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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwei Lichterbögen.
    Diese Bilder werde ich verkaufen, dachte er während des Zeichnens. Und ich werde der Mutter und Elvira ein Kleid mitbringen und Pedro ein Paar hohe, gute, feste Stiefel, wie er sie sich immer wünschte. Ja, das werde ich tun … wozu kann ich denn so zeichnen …?
    Als er im Zimmer das Licht anknipsen mußte, waren die drei Zeichnungen vollendet. Er legte sie nebeneinander auf den Tisch und wog sie gegenseitig ab. Sie waren gut, bestimmt, und sie würden ihre Käufer finden. Vielleicht wußte Tortosa einen, der schnell zugriff?
    Da packte er die Blätter in seine Mappe und beschloß, heute nach dem Abendessen noch zu Tortosa zu gehen und ihm die Zeichnungen zu zeigen. Er wollte auch sagen, wozu er das Geld brauchte, nicht, damit er dachte, er wolle es für Jacquina, um deretwegen er ihn ins Gesicht schlug …
    Jacquina, was mochte sie jetzt wohl machen? Wo wohnte sie überhaupt? Warum kam sie ihn nicht besuchen, wo sie doch seine Anschrift kannte?
    Liebte sie ihn wirklich nicht? War sie wirklich nur eine Hure, wie Tortosa so hart sagte? Aber kann sie dann so küssen, so heiß, so hingegeben, so willenlos, wenn sie nur ein Spiel mit ihm treiben wollte?
    Und wieder dachte er an ihre Nähe und spürte die Natur in sich mit der Ohnmacht, ihr entgegentreten zu können. Und dieser Gedanke wurde plötzlich so stark, daß er Tortosa vergaß und sich danach sehnte, in ihren Armen zu liegen und ihren Körper zu fühlen.
    Denn die Nacht war warm, und sie wehte durch das offene Fenster hinein um seine Haare wie ein zartes Streicheln.
    An dem Morgen nach dem Besuch Dr. Osuras war Anita wieder die erste, die am Herd stand und das Wasser kochte für den Kaffee und den Schweinetrog. Als Pedro und Elvira die Stiege herunterkamen , war es ein Morgen wie seit Jahren – man aß schnell das Brot mit Butter und Schafkäse, man trank den Kaffee und aß eine Apfelsine hinterher. Und dann gingen Pedro und Elvira in die Ställe und ver sorgten das Vieh, während Anita das Haus fegte und das Mittages sen vorbereitete.
    Pedro, der von Dr. Osura alles erfahren hatte, der wußte, daß es Juan gut ging und seine Krankheit fast geheilt war, pfiff und war lustig, und auch Elvira sang mit ihrer hellen Stimme im Hühnerstall beim Füttern und freute sich über die Sonne, die nun innerhalb der Hütte der Torricos schien.
    Anita ertrug diese Fröhlichkeit mit Stille und dumpfem Schmerz. Jedes Lachen, jedes laute, lustige Wort schnitt ihr in das Herz, aber sie biß die dünnen Lippen zusammen und rührte in der Kleie oder schabte das Gemüse für den Mittag und dachte nur daran, daß es Juan schlecht ging und er nur noch drei Jahre zu leben hatte.
    Drei Jahre … Dann würde Juanito zweiundzwanzig Jahre sein, ein junger Mann, der sich nach einem Mädchen umsehen darf, das auf den Hof kommt. Er aber sollte sterben, und keiner war da, der ihn retten konnte – vielleicht nur der Professor in Madrid.
    Ungeduldig wartete sie, bis Pedro und Elvira in die Gärten gingen. Ein Gedanke, der sich in ihr festsetzte, ließ sie keine Ruhe mehr finden, und als Pedro endlich mit den Harken und Schaufeln auf dem breiten Rücken zwischen den Bergen verschwand, legte Anita ihr Küchenmesser hin und ging in Juans Kammer. Dort setzte sie sich an den Tisch, nahm ein Blatt vergilbtes Papier aus einer Schublade, einen kleinen Bleistiftstumpf, beleckte den Graphit, damit es besser und klarer, deutlicher aussehe und begann, seit Jahren wieder zu schreiben … einen kleinen, kurzen Brief, voll von Fehlern und ungelenk in der Sprache – aber ein Brief, den man verstand, weil er klar war und offen wie das Herz, das ihn schreiben ließ.
    »Herrn Professor Doktor Moratalla in Madrid. Ich weiß nicht, ob Sie noch eine Mutter haben. Ich habe einen Sohn, und das ist der Juan Torrico, der in den nächsten Tagen zu Ihnen kommt. Er hat ein Geschwür im Herzen , sagt Doktor Osura, und er müßt sterben, weil ihn keiner retten kann. Bitte, retten Sie meinen Juan. Ich bin nur eine Mutter, eine arme Bauersfrau … aber ich will alles tun, wenn Sie Juan retten. Bitte, bitte … lassen Sie Juan nicht gehen und in drei Jahren sterben. Ich liebe meinen Juan so sehr, und Sie müssen ihn gesund machen …«
    Dann wurde ihre Handschrift unleserlich vor Zittern und Erregung , und sie schrieb nur noch darunter:
    »Beten auch Sie zu Gott! Anita Torrico.«
    Als sie den Brief geschrieben und zusammengefaltet hatte, das alte Kuvert beschrieben hatte und mit dem Finger drückend die

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