Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)
nicht?“
„Nichts!“, sagte er, und ich wusste Bescheid. Chris. „Gibt es nichts, was man diesem Gelton geben kann?“, fragte Pilburg.
„Was ist los?“, fragte ich entspannt. Noch war Chris nicht zurück und meine Gelassenheit vollkommen.
„Chris hat ein Spiel erfunden ...“
Er brauchte nicht weiter zu reden. Ich fragte nur: „Wann kommt er heim?“
„Wir kommen alle heim, morgen! Sagen Sie Bescheid!“ Damit war die Verbindung beendet.
Ich saß da und sah zu Jenny hinüber. In meinem Kopf lief ein Männchen herum, das fragte: alle? Was hatte Chris mit allen angestellt?
Na ja, dachte ich, immerhin zwei Tage.
Ich wandte mich wieder geistesgegenwärtig an Jenny und sagte: „Die Jungs kommen morgen alle wieder heim.“
„Morgen?“, fragte sie kauend. „Warum? Der Ausflug sollte doch sieben Tage dauern.“
„Wie lange kennen Sie Chris Gelton schon?“ Ich sah sie abschätzend an.
„Einen Tag.“ Sie sah fragend zurück.
„Das dachte ich mir.“
„Wieso?“
„Das reicht nicht. Zwei Tage hätten gereicht.“ Ich wandte mich wieder meiner Pizza zu und schnitt einen Teil davon ab. Jetzt musste ich jede weitere freie Minute ohne Chris genießen.
„Was ist los mit Chris?“, fragte Jenny.
Ich reichte ihr meine Aufzeichnungen und mein vorläufiges psychiatrisches Gutachten dazu über den Tisch und bat sie, beides gut durchzulesen und mich dann noch mal zu fragen. Ich wollte einfach nicht den ganzen, so schönen ruhigen Mittag mit ihr über Chris reden. Wenn sie die Unterlagen gelesen hat, würde sie mich verstehen.
Wir aßen unser Mittagessen und redeten über lustige Vorfälle auf dieser Station. Wie unscheinbar sie doch gegen Chris' Aktionen erschienen.
Es war eine schöne Stunde mit Jenny. Sie gefiel mir. Es war ihre erste Stelle hier. Mit Chris. Ich dachte mit Wehmut an meine erste Stelle – das Heim mit Chris. Hoffentlich hielt es Jenny länger aus als ich damals. Sie gefiel mir sehr.
Ich schlief in der kommenden Nacht wie ein Murmeltier. Hatte ich doch die letzte Nacht mit Lesen und den ganzen Tag mit Schreiben verbracht.
Die Matrix lief noch abends im Fernsehen. Ich schaute kurz rein und dachte an Chris. Waren wir in der Matrix oder außerhalb der Matrix? Ich war kurze Zeit später im Bett, das stand fest.
Der nächste Tag brach an. Irgendwie überkam mich an dem Morgen schon das Grauen. Ich überlegte, wann die Gruppe heute wohl ankommen würde. Der Weg von Utah nach Colorado war doch einige Kilometer lang. Also schätzte ich die Ankunft gegen Abend ein.
Es war der letzte ruhige Tag auf dieser Station, dann brach die Hölle aus.
Ich stand gerade im ersten Stock am Fenster und sah den Bus im Gelände ankommen. Irgendetwas erschien mir komisch daran. Die Kinder, die durch die Scheiben sahen, sahen irgendwie merkwürdig aus. Als sie ausstiegen sah ich, was los war. Jedes Kind hatte ein vollkommen bemaltes Gesicht. Nicht bunt, sondern ganz rot, ganz schwarz oder ganz gelb. Gütiger Himmel!, dachte ich, was ist denn da passiert?
Einige Kinder weinten, einige kratzten sich unablässig im Gesicht herum, und einige wirkten vollkommen apathisch.
Das sechsköpfige Pflegepersonal und der Arzt waren nicht angemalt. Dafür hatten sie arg erboste Minen.
Dann sah ich Chris, der als letzter aussteigen musste und von Dr. Pilburg persönlich an der Hand geführt wurde. Bei näherem Hinsehen entdeckte ich, dass Chris beide Hände zusammengebunden hatte. Ich vermutete, dass es sicherlich die einzige Handhabe für ihn gewesen war, um ihn still zu halten. Und Dr. Pilbug hatte Recht. Es waren Chris' Hände, die ständig Unsinn anzettelten. Das wollte ich mir merken.
Mein Chef, Dr. Brisco, kam zu mir gerannt und sagte: „Holen Sie sofort mindestens fünf Hautärzte hierher! Mindestens! Sofort! Danach sperren Sie diesen Gelton ein!“
Ich wollte nicht fragen, was los war. Ich sah ja selbst, dass viele Kinder in ihren Gesichtern herumkratzten und dabei weinten. Was mochte das für eine Farbe sein, und warum waren ihre Gesichter nicht gewaschen worden?
Bevor ich mich diesen Fragen widmen konnte, rief ich alle Hautärzte in der Umgebung an. Drei Ärzte konnte ich dazu bewegen, sofort zu kommen.
„Was ist geschehen?“, fragte ich Dr. Pilburg, als er mit Chris im Schlepptau auf die Station kam. Chris' Gesicht war schwarz.
„Ein Super-Gau von Chris“, sagte Pilburg nur und hielt mir Chris' gefesselten Hände wie ein Sklavenhändler hin, der seinen Sklaven gerade übergab. „Er gehört Ihnen“, sagte er auch noch. Dann
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