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Vier Äpfel

Vier Äpfel

Titel: Vier Äpfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wagner
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oder ob sie es sich nur ausgedacht hat, weil sie etwas über Ravioli und müffelnde Steinpilze sagen wollte. Daß ich Dosenravioli gegessen habe, ist jedenfalls viel länger her. Ich war lange nicht zelten und lange, bestimmt länger als zwanzig Jahre nicht, in dem Keller, in dem außer Äpfeln auch Konserven lagerten, Dosenananas, Pfirsiche, Gulaschsuppen, Eintöpfe und, meist zu kleinen Türmen aus zwei oder drei Dosen gestapelt, Ravioli: die rechteckigen, die wie aufgequollene Briefmarken oder kleine Kopfkissen mit gezacktem Spitzenrand aussehen, und die halbmondförmigen, die ich weniger mochte, obwohl es keinen Grund dafür gab, denn geschmacklich unterscheiden sich diese Varianten nicht. Nicht nur Dosenravioli, Dosen überhaupt sind, so scheint es mir, nicht mehr in Mode. Es gibt sie noch, sie werden wohl weiterhin gekauft, trotzdem sehe ich hier selten jemanden mit Konserven im Einkaufswagen herumfahren. Ich werde nie vergessen, wie oft es samstags, das warder Tag, an dem meine Mutter da war und meist keine Lust zum Kochen hatte, Erbseneintopf, Linsen- oder Gulaschsuppe aus der Dose gab.
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    L. und ich besuchten einmal ein Museum, in dem neben anderen kuriosen Dingen auch alte Konservendosen ausgestellt wurden. Die Exponate durften angefaßt werden, weshalb uns auffiel, daß das Haltbarkeitsdatum des Mexikanischen Feuerzaubers, die Dose sah noch gut aus, im Frühjahr 1988 überschritten worden war und das Serbische Reisfleisch bis Ende 1985 hätte verzehrt werden sollen, statt dessen war es, wir fanden das komisch, in einem Museum gelandet, vor den Jugoslawienkriegen ist es einmal ein populäres Gericht gewesen. Am besten gefiel uns die Indonesische Reistafel, die aus zwölf kleinen Konservendosen bestand, die im Wasserbad zu erhitzen waren. Die Vorstellung, zwölf Dosen öffnen zu müssen, hat allerdings etwas Abschreckendes, aber wahrscheinlich gab es deshalb, meine Großmutter hatte einen, elektrische Dosenöffner.
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    Und ich erinnere mich an die Supermärkte meines Lebens, an Rewe, Edeka, Coop, Metro, Aldi, Spar, Superspar, Reichelt, Franprix, Champion, Tesco, Kaisers, Bio Company, Price Chopper, Wal-Mart, Plus, Extra und an einen in Rumänien mit dem für meine Ohren sonderbaren Namen Angst. Der erste Supermarkt überhaupt hieß Piggly Wiggly Supermarket, ein Amerikaner namens Clarence Saunders hatte ihn im Jahr 1916 in Memphis, Tennessee eröffnet.Mr.   Saunders hatte die simple, damals jedoch revolutionäre Idee, Kunden sich im Laden selbst bedienen zu lassen, was hieß, daß ihnen erlaubt wurde, sich zu nehmen, was ihnen gefiel, und sie diese Dinge selbst zur Kasse trugen. Damit sie das Geschäft nicht ohne zu bezahlen verließen, sicherte er sowohl den Ein- als auch den Ausgang hinter dem Kassenbereich mit einem hölzernen Drehkreuz. Saunders ließ seine Idee patentieren und wurde Multimillionär, später jedoch, während der Weltwirtschaftskrise, verlor er sein gesamtes Vermögen wieder.
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    Ich stütze mich auf die Griffstange des Einkaufswagens, stelle den rechten Fuß auf die Querstrebe vor der unteren Ablagefläche, auf der sich ein Kasten Mineralwasser, eine Palette H-Milch oder ein Karton Wein durch den Supermarkt transportieren ließe, und stoße mich mit dem linken Fuß vom Boden ab. So gleite ich den Gang entlang, der Einkaufswagen ist mein Skateboard. Seit Jahren mache ich das, und genausolange warte ich darauf, daß ich eines Tages in eine riesige, aus Konservendosen aufgestapelte Pyramide fahre und sie umstoße – allerdings habe ich weder in diesem noch in irgendeinem anderen Supermarkt je eine große Dosenpyramide gesehen, vermutlich gibt es sie bloß in Filmen, Comics und im Fernsehen. Ich nehme noch einmal Schwung und gleite weiter den Gang entlang, beschleunige, höre die Sohlen meiner Schuhe quietschen und mache mir bewußt, daß ich vor Jahren, Jahrzehnten, als Kleinkind in den aufklappbaren Sitz eines solchen Wagens hineingepaßt habe, merkwürdig, daß ich mich dort, so die Erzählung meiner Großmutter, in das große Klappmaul,den haischlundähnlichen Einkaufswagenkiefer, habe hineinsetzen lassen. Der Wagen hat sich schon wieder verlangsamt, ich springe ab, und mir fällt ein, daß ein Freund mir von einem Supermarkt erzählt hat, in dem jeder Kunde, der das möchte, sich an bestimmten Abenden der Woche bereitliegende rote Schleifen an seinen Einkaufswagen bindet, um zu signalisieren, daß er oder sie jemanden kennenlernen möchte. Single-Shopping soll es heißen, und ich

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