Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
und mit Hingabe verkörperten, aber trotzdem den Bezug zur Realität nicht verloren hatten. Der Sheriff und Friedensrichter war für ihn eine Mischung aus Rolle und Bestimmung, aber er war sich völlig darüber im Klaren, dass er keine echten Verhaftungen und Verurteilungen ausüben durfte.
Auch keine Lynchmobs.
Auch keine Lynchmobs.
Wenn ich so drüber nachdenke, hatten wir eigentlich doch mehrere Mitarbeiter, die das Ganze eher professionell sahen. Mehmet Aralli zum Beispiel war ein hundertprozentiger Showprofi und zudem kleinwüchsig. Bei uns trug er den passenden Namen Rattlesnake Joe, und zusammen mit Sheriff Willie Roy Bean war er ein Gespann, wie man es nur aus den Lucky-Luke-Comics kennt. Der kleine Mehmet neben dem gigantischen Willi war natürlich eins der beliebtesten Fotomotive in No Name City.
Das hat super ausgesehen. Auf die beiden war ich echt stolz.
Zu Recht. Gibt’s da nicht so eine Geschichte mit einem Holster …
Ach, hör doch auf.
Ein Holster für Willi in der Größe von Mehmet, damit er da seinen Kopf rausstrecken kann und …
Das erzählen wir jetzt bitte nicht.
Aber wir erzählen es noch.
Aber nicht jetzt.
Na gut.
Ein anderer richtiger Profi war der Peter »Pierre« Bento. Auch er ist leider 2008 verstorben. Er entstammte einer berühmten Zirkusfamilie und konnte schon damals auf ein sehr bewegtes Leben zurückschauen. Sein Vater Peter Bento senior und dessen Familie wurden während der Nazizeit von Adolf Althoff, dem berühmten Zirkusmann, gerettet, indem er sie bei sich im Zirkus versteckte. Althoff wurde dafür vom Staat Israel in den sogenannten Kreis der Gerechten aufgenommen. Wer mehr drüber wissen will, dem empfehle ich das berühmte Buch Der Clown und die Zirkusreiterin nach den Erinnerungen von Bentos Frau Irene.
Peter Bento junior war Teil der berühmten Clownformation »Bento und Co.«, allerdings war er angeblich nie so glücklich als Weißclown. Er hat oft erzählt, dass er aus Krankheitsgründen ein paar Mal den August spielen musste – oder durfte – und dass die Leute dabei viel, viel mehr gelacht hätten als sonst, ohne wirklich den Unterschied zu bemerken. Allerdings war Peter auch ein Allrounder. Er konnte reiten, schießen, Lasso werfen und jonglieren, hatte am Hochseil gearbeitet und andere athletische Nummern gemacht. Drum hatte er eine Figur wie ein »V« – mit schmaler Hüfte und einem breiten, durchtrainierten Kreuz. Außerdem achtete er sehr auf sein Äußeres.
Das ist bei allem Respekt sehr vorsichtig ausgedrückt.
Ja, er hat sich immer sein Haar onduliert.
Also Locken reingedreht?
Genau, und er war der Einzige, dem ich erlaubt habe, dass sein Outfit nicht hundertprozentig authentisch ist.
Aha?
Das war Bedingung für ihn, und irgendwie war er dadurch halt dann doch wieder sehr authentisch.
Ich geb’s ja zu: Genau genommen war sein Kostüm schon ziemlich weit weg vom historischen Wilden Westen. Er hatte eine Rüschenbluse an, die bis knapp über dem Bauchnabel aufgeknöpft war, eine enge Röhrenhose, in der man sein Gemächt nicht gerade erahnen musste, und er hat vor allem sein Schlangenleder-Revolverholster so unauthentisch tief getragen, wie sonst nur die schlimmsten Hollywood-Cowboys.
Aber er war als »Marshall« eine eindrucksvolle Gesamterscheinung und in sich total stimmig.
Da kann ich nicht widersprechen.
Ein Vollprofi und sehr zuverlässig außerdem.
Das stimmt. Ich glaub, der war auch keinen Tag krank.
Und wenn, wäre er trotzdem da gewesen, und man hätte ihm nichts angesehen.
Peter Bento arbeitete als alter Hase natürlich mit allen Tricks, um als County Marshall immer und überall die Oberhand zu behalten. Zum Beispiel zog er wirklich verdammt schnell seinen Colt und schoss in einer fließenden Bewegung, wenn er im Finale der Stuntshow im Duell gegen Long John und dich antrat. Allerdings hatte er auch immer bereits den Hahn seines Revolvers gespannt.
Alle anderen taten das nicht, und das aus gutem Grund, denn auch wenn es sich um Platzpatronen handelte, wollte man auf keinen Fall, dass der Schuss direkt im Holster an der Wade losging. Erstens sah es saudumm aus, wenn der Schuss offensichtlich in den Boden ging und zehn Meter weiter ein Bankräuber umfiel. Zweitens tat das unter Umständen saumäßig weh, denn der Feuerstrahl aus dem Lauf war aus nächster Nähe auch verdammt gefährlich. An die Schläfe oder ans Ohr gehalten, konnte man sich damit lebensgefährlich verletzen.
Außerdem war Peter Bentos Waffe so
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