Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
Fälle so präzise auf meinen Bewegungen, dass ich mich manchmal fragte, ob er Gedanken lesen konnte.
Volker sorgte auch für die Soundkulisse während der Stuntshow. Denn man hatte recht schnell festgestellt, dass eine Schlägerei ohne die entsprechenden Sounds recht armselig wirkte. Zwar benutzten wir eine recht effektive Technik, die wir von unserem tschechischen Stuntman und Schmied Frankie gelernt hatten und mit der man täuschend echt klingende Schlaggeräusche verdeckt am Körper hervorrufen konnte, aber das genügte nur in Innenräumen und nicht für eine Show auf der Mainstreet mit bis zu 800 Zuschauern.
Heutzutage ist so was ja nun wirklich kein Problem mehr. Jedes Smartphone verfügt über einen Sampler, mit dem man Sounds aufnehmen und abspielen oder über entsprechende Anbieter im Internet Hunderttausende qualitativ hochwertige Geräusche runterladen und synchron per Fingertipp auslösen kann.
Damals hatte man nur die Möglichkeit, ein verhältnismäßig teures Keyboard über Midi so zu programmieren, dass es einen sündhaft teuren Sampler von der Größe eines Küchenschranks ansteuerte. Der glich seine Sperrigkeit damit aus, dass er über die Speicherkapazität eines löchrigen Fingerhuts verfügte und in etwa so schnell Daten verarbeitete wie ein Grundschulkind mit dem Rechenschieber. Gut, ich übertreibe …
Ausnahmsweise.
Ja, ausnahmsweise, Heinz.
Aber teuer waren diese Geräte in der Tat und auch nicht gerade geeignet, bei Wind und Wetter immer tadellos und zuverlässig zu funktionieren. Volker saß nämlich während der Show hinter der Deko-Fassade des Hotels, von wo aus er die ganze Mainstreet überblicken konnte. Die zugige Bretterwand reichte nicht aus, um ein empfindliches elektronisches Gerät vor Temperatur und Witterung zu schützen und somit störungsfrei zu betreiben. Da brauchte es eine deutlich robustere Lösung …
Diese hatte die ersten Jahre darin bestanden, dass unser Sprecher Klaus Ortner die Geräusche einfach mit dem Mund ins Mikro schmatzte. Er selbst fand sich gar nicht so schlecht, aber irgendwie war den Zuschauern auch Anfang der Neunziger schon recht schnell klar, dass hier jemand etwas aus Kostengründen in Personalunion erledigte. Und wir waren auch nicht soooo arg begeistert davon, zu Ortners »pfuschhhh«-Geräuschen den Kopf zur Seite zu reißen, als hätte uns der Marshall gerade mächtig eine eingeschenkt, wenn es über die Lautsprecher eher so klang, als hätte man uns mit Magerquark beworfen.
So schlimm war das gar nicht.
Ganz ehrlich, ich fand schon.
Ja, du wolltest immer alles anders machen und perfekter.
Was ist daran falsch?
Nix, außer dass es Geld kostet.
Die brillante Lösung des Problems war ein »typischer Volker«, und sie präsentierte sich ihm eines Morgens beim Einkaufen im Supermarkt in Form eines: »Dingdangdong … Heute im Angebot an der Wursttheke: Putensalami Meditterano Classico, nur heute für 50 Pfennig à 100 Gramm … Dingdangdong …«
Sofort war Volker klar, dass dieser Gong weder von CD, Kassette oder Schallplatte kam noch von dem Sprecher selbst gesungen wurde.
Es gab da bestimmt ein Gerät mit einem Knopf und wenn man draufdrückte, machte es »Dingdangdong«. Und wer sagte denn, dass das nicht auch »Knuffpuffbonk« machen konnte?
Ob Volker noch im Supermarkt mit der Tüte in der Hand ins Hinterzimmer stürmte und fieberhaft nach dem Dingdangdong-Knopf suchte, weiß ich nicht. Fakt ist: Seine Erwartungen wurden noch übertroffen, denn dieses Gerät hatte nicht nur einen Knopf, sondern acht Tasten. Und jede Taste konnte mit einem Sound belegt werden. Vivat und Hurra!
Programmiert mit den Prügelgeräuschen von »Street Fighter«, einem Beat-’em-up-Game für die Spielekonsole Super Nintendo, kamen wir nun alle in den Genuss synchron getakteter Geräusche für die Stuntshow. Der ein oder andere Hardcore-Gamer fragte sich vielleicht, wie es dazu kommen konnte, dass die rechte Gerade des Marshalls klang wie der Fußtritt von Chun-Li.
Mag sein, dass die Geräusche mal ein bisschen zu früh oder etwas zu spät hinter dem eigentlich Schlag ertönten, aber insgesamt hatte unser Volker wirklich ein gutes Bauchgefühl, und ich kann mich nicht erinnern, dass er in all den Jahren mal voll danebenlag. Man konnte sich wirklich hundertprozentig auf ihn verlassen, und das ist bei einem Techniker schon ein verdammt gutes Gefühl.
Es war wirklich schwer, Volker aus der Ruhe zu bringen. Zwar sah man ihn gelegentlich mit
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