Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
bemerken, dass der Tex eine imposante Erscheinung bot: Als fleischgewordenes Ebenbild eines Bikers, den man perfekter nicht karikieren konnte, mit einem scharf abrasierten Bart, der wie ein Rammsporn vorstand, tätowiert wie eine Litfaßsäule und auch figürlich nicht unähnlich, war der Tex für mich der Inbegriff eines absolut furchtlosen Rocker-Riesen. Da er das Herz am richtigen Fleck hatte und zudem über Humor verfügte, hatte man nur dann Angst vor ihm, wenn er das wirklich wollte. Dann aber richtig.
Und dieser Baum von einem Rocker stand nun bewegungslos an dem Wall, der No Name City vom Rest der Realität abgrenzte, und blickte auf etwas, das einen halben Meter vor ihm im Boden steckte, gemütlich vor sich hin qualmte und ein bisschen das umliegende Gras versengte.
Nur wenige Sekunden zuvor hatte sich dieses etwa sechzig Zentimeter lange Stück Metall zwischen den zwei Läufen von Willis Schrotflinte befunden, um diese zusammenzuhalten. Stattdessen hielt Willi nun ein rauchendes Objekt in der Hand, das aussah wie die Hörner eines Ziegenbocks, denn die beiden Läufe lagen nun nicht mehr traut nebeneinander, sondern verhielten sich wie ein Ehepaar vor dem Scheidungsrichter: Sie blickten in entgegengesetzte Himmelsrichtungen.
Wer glaubt, dass es solchermaßen verbogene Schrotflinten nur im Comic gebe, der sei hier eines Besseren belehrt. Die Läufe standen auseinander, wie man es in einem Laurel & Hardy-Film erwartet hätte. Und Willis heiß rauchendes Flintenmittelstück hatte um ein Haar einen vermeintlichen Bankräuber am Ende der Mainstreet durchschlagen. Das ist keine Übertreibung, denn das scharfkantige Ding hatte sich schließlich eine ganze Handbreit tief in den steinigen Boden gebohrt.
Die Zuschauer jedoch lachten und applaudierten wie wild. Mutmaßlich auch deswegen, weil sie wie alle anderen Lebewesen im Umkreis von einem Kilometer an vorübergehender Schwerhörigkeit litten. Frankie hatte noch tagelang ein gleichbleibendes Fiepen in beiden Ohren, aber er trug es mit Fassung, da es Juan Tabascos Jodeln in der Saloonshow etwas erträglicher machte.
Ich hab dann verboten, dass die Schrotflinten so brutal gestopft werden.
Immerhin hat es Monate gedauert, bis wir die gleiche Lautstärke wieder erreicht hatten.
Ja, aber es hat keine Flinte mehr zerrissen.
Das stimmt.
Dafür sind die einfach zu sauteuer, die Dinger.
Und zu saugefährlich für deine Mitarbeiter.
Jaja, das auch.
Kapitel 23: Crocotex Dundee
oder: A Katz! A Katz!
Von Heinz Bründl & Tommy Krappweis
W art einmal, Tommy, zum Tex fällt mir noch etwas ein. Er war ja nicht nur ein richtiges Viech von einem Biker und tätowiert, sondern auch damals schon gepierct. Aber das war ihm alles nicht genug. Eine Zeitlang hat er dazu noch einen Mäusehut getragen.
Einen … Mäuse…hut …?
Genau.
Damals lief gerade der Film Crocodile Dundee im Kino, und der trug ja Krokodilzähne im Hutband. Da Krokodile in Deutschland recht selten sind, wenn man nicht gerade beim Klaus Ortner durch die falsche Tür läuft, hatte der Tex eben Mäuse in sein Hutband gesteckt. Also natürlich tote Mäuse, aber eben echte tote Viecher. Mäuse gab’s bei uns ja mehr als genug, und er trug die eben eine Zeitlang am Hut. Allerdings hatten wir uns irgendwann dran gewöhnt, und keiner starrte ihn mehr fassungslos an.
Das war dem Tex aber irgendwie wichtig?
Es war für ihn Normalzustand.
Ach so, und da hat ihm dann also was gefehlt?
Vielleicht, ja.
Er hat’s dann auf jeden Fall kurzzeitig getoppt, indem er sich aus den Zutaten für unsere No-Name-City-Cheeseburger einen »Mausburger« zusammenstellte und dann recht erfolgreich so tat, als würde er immer wieder davon abbeißen. Das war dann aber auch irgendwann durch, und so hat er sich dann eben immer wieder was Neues überlegt.
Recht schnell kam er drauf, dass tote Tiere eher langweilig sind. Außerdem war der Tex ja ein lieber Kerl, und drum hat er sich dann auf lebendige Tiere kapriziert. Ich erinnere mich besonders gut an seine zahmen Ratten. Dummerweise sind ihm die dann abgehauen, und so hatten wir bald eine Rattenplage in No Name City. Denen ging es sogar richtig gut, denn es gab ja wirklich genug zu fressen überall. Wir engagierten einen Kammerjäger und taten auch selbst unser Bestes, um der Lage möglichst schnell wieder Herr zu werden.
Nur geht das ja nicht so schnell, und diese Dinger wurden bei uns riesengroß! Und wenn es dunkel wurde, trauten sich die elendigen Viecher sogar raus
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