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Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
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gesehen.
    Eigentlich mehr zufällig. Ich ging gerade an der Durchreiche vorbei, als plötzlich eine Hand rauskam und ein leeres Glas neben einen Gast stellte, als der seine Nuggets zusammenrollte, um sie einzustecken. Der bemerkte nichts davon, nahm sein leeres Glas und schwankte zurück an seinen Platz.
    Ich blieb erst einmal stehen und schaute mir das eine Zeitlang an. Immer wieder das gleiche Spiel: Gast kommt, stellt Bier ab, wühlt in seinen Taschen, Hand kommt aus der Durchreiche, Glas verschwindet, Glas erscheint. Meistens fehlte nur ein Viertel, ab und zu die Hälfte, und gelegentlich hat’s der Xylamon sogar ganz gepackt.
    Respekt.
    Als die Geisterhand dann recht bald nicht mehr ganz so zielsicher war und öfter mal ins Leere griff, weil da wohl nur der Xylamon ein Glas gesehen hat, bin ich hin und hab ihn zur Rede gestellt. Viel hab ich nicht verstanden, aber er vermutlich auch nicht. Das war mehr oder weniger der Anfang vom Ende mit dem Xylamon, und ich hab dann bald einen neuen Banker eingestellt. Der war sehr zuverlässig und professionell – außer wenn man wollte, dass er seine Pumps auszog.
    Ich erinnere mich. Er hatte auch ab und zu ein Röckchen an.
    Ja, aber immer alles unterhalb der Theke, obenrum brav im weißen Hemd mit Ärmelhaltern, Kragenbinder, darüber eine ordentliche schwarze Weste …
    Und nüchtern.
    Nüchtern, höflich und korrekt. Alles andere war mir wurscht.

Kapitel 27: Socken im Ofen
oder: Der perfekte Undertaker
    Von Heinz Bründl
    M ein erster Undertaker war eigentlich auch der perfekteste. Obwohl man das so nicht sagen kann, weil auch seine Nachfolger ihre Rolle wirklich gut verkörperten. Aber der erste Undertaker war mal wieder einer dieser Typen, wie man sie nicht besser casten könnte. Und er ist mir förmlich zugelaufen. Eines Tages stand er plötzlich vor mir und fragte, ob ich Arbeit für ihn hätte. Ich starrte ihn erst einmal nur an. Das war der vielleicht greisligste Kerl, den ich bis dahin live vor mir gesehen hatte.
    Liebe Leser außerhalb Bayerns: »Greislig« ist bayerisch und bedeutet »hässlich«.
    Ja, aber »hässlich« klingt so hart, so unhöflich.
    Aus deinem Mund klingt es eh wie ein Lob.
    Ich hab mich ja auch so gefreut über den.
    Der Mann war unglaublich dürr, dazu ausgestattet mit einem vorspringenden, tiefgelben Pferdegebiss mitten im Gesicht und dann auch noch einen Buckel am Rücken. Ich drückte ihm einfach einen Frack, einen Zylinder und einen Gehstock mit Totenkopfknauf in die knochigen Hände. Damit war er eingestellt als »Zebulon Pike, Undertaker«. Den Namen hatte ich mir von einem historischen Offizier und Entdecker aus dem 18. Jahrhundert ausgeliehen, irgendwie passte der so gut, dass auch alle anderen Undertaker in No Name City den behielten. Aber nur der erste Undertaker war auch wirklich einer.
    Wieso? Der hat doch nicht wirklich Leichen in No Name City verbuddelt!
    Nein, aber beim »Denk«.
    Bei wem?
    Na, bei dem Bestattungsunternehmen »Denk«. Da war er als Friedhofsgärtner angestellt.
    Ich brech’ zusammen.
    Wenn ich’s dir sag.
    Wir hatten ja einige Kollegen, die sich nicht so arg verstellen mussten. Aber dieser Typ, der stand in der Früh als Undertaker auf und legte sich am Abend auch als Undertaker wieder hin.
    Der hat in seinem Frack geschlafen?
    Im Frack und im Sarg.
    … was?
    Neben dem Gunstore hatten wir eine Sargtischlerei dekoriert, in der ein offener Sarg stand, als wäre jemand aufgebahrt. Und als sie den armen Kerl aus seiner Wohnung in München geworfen hatten, zog er da eben ein. Ein bisschen übertrieben hat er es dann allerdings schon mit der Originaltreue. Seine Klamotten hat er so gut wie nie gewechselt, und drum umschwirrten ihn immer jede Menge Fliegen. Das sah zwar toll aus, wenn er dir entgegenkam: wie ein Vampir – nur eben nicht mit Fledermäusen, sondern mit einem Fliegenschwarm. Aber leider ließen ihn die Fliegen nicht mehr schlafen, weil sie immer auf ihm landeten, sobald er sich nicht mehr rührte. Also machte er dann irgendwann den Deckel von seinem Sarg zu. Das war allerdings auch nicht wirklich gut, weil ihm der bestialische Gestank der eigenen Socken die Luft zum Atmen nahm. Also hat er sie vor dem Zubettgehen …
    … Zusargsteigen …
    … oder so, also auf jeden Fall hat er seine Socken dann ausgezogen und in den Ofen gestellt.
    … gelegt.
    Nein, gestellt.
    Um Gottes willen.
    Ja. Aber dafür haben ihn dann die Fliegen in Ruhe gelassen.
    Einen der denkwürdigsten Momente während

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